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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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hatte. »Ich danke Euch, mein teurer Freund«, sagte er zu dem Häuflein Asche.

    »Vater, wacht auf. Wir müssen unverzüglich aufbrechen.«
    Selbst an guten Tagen brauchte Avram Canches ziemlich lange, bis er richtig wach war. In dieser Nacht war jedoch keine Zeit, um darauf Rücksicht zu nehmen.
    »Wacht auf!«, sagte Alejandro und schüttelte ihn.
    »Was …«, setzte der alte Mann an.
    Alejandro half seinem Vater, sich aufzusetzen. »Ich muss Euch zu Rachel bringen.«
    Als Avram dies hörte, erschien ein furchtsamer Ausdruck auf seinem Gesicht. »Tatsächlich?«, fragte er.
    »Ja, und zwar unverzüglich.«
    Verwirrt, wie er war, fragte Avram Canches: »Hast du wieder jemanden getötet, mein Sohn?«

    »Nein«, sagte Alejandro sanft. »Jedenfalls nicht in jüngster Zeit.« Er wandte sich ab und rief nach Guillaume. Sogleich stand der Knabe in der Kammer. Er war vollständig angezogen und hielt einen kleinen Ranzen in der Hand.
    Alejandro hätte gelächelt, wenn Zeit für derartige Bekundungen seines Stolzes gewesen wäre. Stattdessen nickte er nur beifällig und sagte: »Die Sachen von Grand-grand-père …« Er deutete auf einen ledernen Reisesack in einer Ecke der Kammer.
    Guillaume packte eilig die Habseligkeiten des alten Mannes ein. Der Reisesack war schwer, und er mühte sich damit ab, aber er tat, was getan werden musste. Alejandro stützte seinen Vater, fast trug er ihn. Wenig später traten die drei durch die Hintertür auf die dunkle Gasse, an der nicht weit entfernt Rachels Haus lag. Hinter ihnen vernahm der Arzt die Hufschläge und das unwillige Wiehern der Pferde, als sie in das Haus geführt wurden.
    Alejandro verzichtete darauf, an Rachels Tür zu klopfen; derartiger Förmlichkeiten bedurfte es nicht bei der Witwe, die dem kleinen Guillaume eine bessere Mutter gewesen war, als Alejandro jemals zu hoffen gewagt hätte. Der Knabe ging bei ihr ein und aus, wie es ihm gefiel, so als wäre es sein Zuhause. In der Nacht vor sieben Jahren, als sie in Avignon eingetroffen waren, hatte sie Alejandro den Säugling mit den blonden Haaren aus den Armen genommen und, ohne Fragen zu stellen, an die Brust gelegt. Die Milch, die für ihren eigenen dunkelhaarigen Sohn bestimmt gewesen war, floss noch, nur wenige Tage zuvor hatte ihr die Pest nach dem Gatten auch das Kind geraubt. Seither hatte Alejandros Großzügigkeit dafür gesorgt, dass auf ihrem Tisch stets etwas zu essen stand, wobei Guillaumes Liebe ihr sicher noch mehr bedeutet hatte.
    Jetzt kam sie in die Küche und zog dabei ein Tuch um ihre Schultern. Unter dem weißen Nachtgewand sahen ihre bloßen Beine hervor, und die langen dunklen Haare fielen ihr lose den Rücken hinunter. Einige wenige kostbare Sekunden lang sah
Alejandro sie einfach nur an. Sein Vater hatte recht. Sie war eine schöne Frau.
    Aber es gab jetzt Dringlicheres. »Wir müssen weg«, sagte er.
    Rachel nickte traurig; es bedurfte keiner weiteren Erklärung. Mit bekümmerter Miene streckte sie die Arme nach Alejandros Vater aus. »Kommt, Avram«, sagte sie sanft. »Ich bringe Euch zu Bett.«
    Fürsorglich stützte sie Alejandros gebrechlichen Vater, der mit unsicheren Schritten neben ihr herging. Guillaume folgte mit dem Sack, in dem sich Avrams Besitztümer befanden. Es dauerte eine Weile, bis Rachel den alten Mann auf ihr eigenes Lager gebettet hatte. Alejandro hörte, wie sie ihm versicherte, sie werde am nächsten Morgen sein ihm vertrautes Bett herbringen lassen und diese Nacht neben der Feuerstelle schlafen. Er hörte es leise rascheln, als sie Avram in die Decken hüllte. Alejandro warf einen Blick in die Kammer, und der Ausdruck unendlicher Verwirrung auf dem Gesicht seines Vaters brach ihm schier das Herz.
    Rachel trat aus der Kammer. Alejandro fasste sie am Arm und zog sie zur Seite.
    Für ein paar Sekunden sahen sie einander in die Augen; keiner von ihnen sagte ein Wort. Das Schicksal hatte sie zusammengeführt, und sie hatten mehr als sieben Jahre in einer seltsam trauten Gemeinschaft verbracht, wie sie zwischen Eheleuten bestand, vielleicht sogar noch trauter. Dennoch hatte Alejandro sich niemals gestattet, sich ihr zu nähern, aus Furcht, dass er eines Tages gezwungen sein könnte, sie zu verlassen.
    Nun war dieser Tag gekommen.
    »Ich … ich weiß nicht, wie ich Euch danken soll. Ihr seid meinem Vater wie eine Tochter gewesen.«
    Er sah den stummen Vorwurf auf ihrem Gesicht. Aber keine Schwiegertochter.
    »Ich werde zurückkehren, so schnell ich kann.« Er nahm ihre Hand

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