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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Küche und umarmte sie. Seine braunen Augen flitzten durch den Raum und blieben kurz überall dort hängen, wo etwas zu essen stehen könnte. »Was gibt es zum Abendessen?«, fragte er.
    »Das«, sagte sie und deutete auf das Hühnchen. »Es wird allerdings noch anderthalb Stunden dauern, bis es gar ist. Genug Zeit also, dass du die Rechenaufgaben, die du gestern angefangen hast, fertig machen kannst. Aber du siehst hungrig aus.« Sie drehte sich um und nahm einen Teller mit Apfelschnitzen von der Arbeitsplatte und hielt sie ihm und Sarah hin.
    Er strahlte und nahm sich ein paar Schnitze. »Danke, Mom!«

    Er drehte sich zu seiner Spielkameradin um. »Komm, Sarah, rechnen !«
    Sarah kreischte begeistert und lief hinter ihm her. Manches in dieser neuen Welt war auch gut, dachte Janie.
    Als sie verschwunden waren, machte sich Janie über den Vogel her - ein Abkömmling jener dürren Rasse, die sich als resistent gegenüber der Vogelgrippe erwiesen hatte. Mit einer großen Prise getrocknetem Oregano ließ sich der Geschmack des Fleisches verbessern, wenn es dadurch auch nicht zarter werden würde. Aber es würde auch keinem etwas ausmachen, dass es zäh war. Es war gutes Essen, und sie waren alle froh, dass sie es bekamen.
    Janie wusch sich die Hände, dann ging sie in das Labor, das Tom eingerichtet hatte, bevor sie das Tor vor dem, was von der Welt noch übrig war, geschlossen hatten. Es war klein und stand voll mit Geräten, von denen die meisten vor acht Jahren auf dem neuesten Stand der Technik gewesen waren. Nach allem, was sie in ihrer Abgeschiedenheit in Erfahrung bringen konnten, befanden sie sich immer noch auf dem neuesten Stand der Technik; wahrscheinlich waren seit dem letzten Ausbruch von Mr Sam keine großen Sprünge in der Forschung mehr gemacht worden. In einer Ecke standen drei Klimakisten - die im Grunde wie Terrarien aussahen -, in denen ein Kaffeestrauch, ein Zitronenbaum und ein Kakaobaum wuchsen. Alle drei waren gesund und gediehen prächtig in ihren kleinen Atmosphären, die von kleinen, kostbaren Stromgeneratoren erzeugt wurden. Die Sonne war so weit im Norden zu dieser Jahreszeit einfach nicht stark genug, um die Luft darin zu erwärmen. »Blüht schon endlich!«, zischte sie, als sie die Pflanzen durch das Glas inspizierte. »Ihr habt alles, was ihr braucht; jetzt tut euren Teil.«
    Sie dachte an ihre letzte Zitrone, die sie am Tag vor ihrer Ankunft hier gekauft hatte. Sie hatte die Haut mit den Zähnen eingeritzt und die Frucht über ihr Gesicht und ihre Hände gerieben, damit sie den Geruch im Gedächtnis behielt. Eine
Erinnerung an eine andere Zitrone, die man ihr einst in London überreicht hatte, stahl sich in ihren Kopf; sie drängte sie beiseite.
    Das letzte Mal, als sich Tom und Michael - die beiden offiziell dazu ernannten Späher der kleinen Gemeinschaft - über die Grenzen des Camps hinausgewagt hatten, waren sie mit etwas mehr als einem Dutzend schlichter Wattestäbchen zurückgekehrt, die sie mit liebevoller Boshaftigkeit SAM-Tips nannten und mit denen sie über irgendwelche Flächen gewischt, sie in irgendwelche Flüssigkeiten eingetaucht oder mit irgendetwas beschmiert hatten, das eine Spur des medikamentenresistenten Staphylococcus aureus mexicalis hätte aufweisen können. Zu Beginn war nahezu alles, was sie mit nach Hause brachten, bis zu einem gewissen Grad mit den gefräßigen Bakterien, die die Welt zerstört hatten, kontaminiert gewesen. Im Laufe der Zeit war der Anteil gesunken; das letzte Mal hatte er vierundzwanzig Prozent betragen.
    Sie musste innehalten und überlegen, wann das gewesen war. Durch die Seuche hatten sie ein anderes Verhältnis zur Zeit; sie führten zwar noch einen Kalender, aber niemand achtete darauf, außer wegen der Feiertage, die sie einzuhalten versuchten, damit die Sitten und Gebräuche erhalten blieben, falls irgendwann wieder Normalität eintreten würde. Ihre Tage teilten sie danach ein, wie lange die Sonne ihnen Licht spendete. Die Dunkelheit wurde nicht mehr verschwenderisch erleuchtet, daher war Tageslicht kostbar. Bis zur Frühlingstagundnachtgleiche war es nicht mehr lange hin, und sämtliche Bewohner des Camps schienen mit den länger werdenden Tagen entspannter zu werden.
    Janie blätterte durch die fleckigen und eingerissenen Seiten ihres Notizheftes - ihr Äquivalent zu Alejandros Journal. Sie hatte es seinem Beispiel folgend gewissenhaft über die letzten acht Jahre geführt. Sie ließ ihren Finger über eine Seite des vergangenen

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