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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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und legte einen Beutel Münzen hinein. »Solange
mein Vater lebt, soll es Euch an nichts mangeln, sofern das in meiner Macht steht.«
    Sie blickte weg; er wusste, dass er ihr das Herz brach.
    »Bitte«, flüsterte sie, »können wir nicht mit Euch gehen?«
    Sie schwieg einen Moment, dann fügte sie hinzu. »Um Eures Vaters willen.«
    »Nein«, sagte Alejandro sanft.
    Ihre Miene verhärtete sich. »Dann solltet Ihr Euch jetzt besser von ihm verabschieden. Gott kann ihn jeden Augenblick zu sich nehmen.«
    Alejandro erwiderte nichts. Er wandte sich von ihr ab und ging zu seinem Vater. Er setzte sich auf das Stroh und stopfte die Decke um den alten Mann herum fest.
    »Ich werde zurückkehren, so schnell ich kann, Vater.«
    Die Antwort war kaum zu hören. »So Gott will.«
    »Ja. Rachel wird sich um Euch kümmern, solange wir weg sind.«
    Avram blickte seinem Sohn in die Augen. Er brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Sie ist eine gute Frau. Sie wäre eine gute Ehefrau. Du solltest darüber nachdenken, bevor es zu spät ist. Wenn du zurückkehrst, bist du womöglich so alt, dass sie dich nicht mehr will.«
    Sein Vater brachte diesen Tadel in einem scherzhaften Ton vor, dennoch schmerzte er; sie wussten beide, dass seine Rückkehr keineswegs sicher war.
    Alejandro drückte seinem Vater die Hand und sagte: »Ihr habt mir stets gute Ratschläge erteilt.«
    »Und du hast nie darauf gehört.«
    Das stimmte, er hatte gegen den Willen seiner Eltern Medizin studiert, weit weg von ihrer Heimat Spanien, und er hatte - zum größten Kummer seines Vaters - nie geheiratet.
    »Nun, dafür ist noch Zeit«, sagte er mit einem Lächeln.
    »So Gott will.«
    Alejandro gab seinem Vater einen Kuss auf die Stirn. Als er sich erhob, wandte der alte Mann das Gesicht ab.

2
    Ziegen waren Gold wert - vor allem wegen ihrer Milch, da nur ein paar wenige Kühe überlebt hatten. Jeder träumte schamlos von Cheeseburgern, die, anders als das Fleisch von all den Tieren, die sie aßen, nicht nach Hühnchen schmeckten, auch wenn Hühnchen in der neuen Welt nicht mehr richtig nach Hühnchen schmeckten. Es gab keine dicken, zarten Maishühnchen mehr, sondern nur noch magere, zähe Kampfhennen, die man über den ganzen Hof jagen musste, wenn man ihnen an die Gurgel wollte.
    »Drahtig«, nannte Tom sie. Janie Crow starrte auf ein Musterbeispiel solcher Drahtigkeit, das vor ihr auf dem Teller lag. Es war ein Vogel von annehmbarer Größe, und sie würden alle satt werden, und nach dem Abendessen würden nichts als Knochen von ihm übrig sein. Mit einer großen Schere schnitt sie dem Vogel, der schon keinen Kopf mehr hatte, die Füße ab und warf sie in den Komposteimer, wobei sie das Gesicht verzog, als sie daran dachte, dass in China Leute wussten, wie man sie schmackhaft zubereitete - das hieß, sofern es dort überhaupt noch Menschen gab.
    Aber natürlich gab es dort noch Menschen. Es war schlichtweg nicht vorstellbar, dass alle umgekommen waren, wenn auch keine fahrenden Sänger mehr mit Neuigkeiten von dort über die Berge kamen. Als sie noch gekommen waren, hatten sie Berichte aus Europa und Südamerika mitgebracht, die beide wie Nordamerika mächtig zu kämpfen hatten. Sollten die Länder dieser Welt jemals wieder in Austausch miteinander treten, so würde China wohl wie ein Löwe an der Spitze des Rudels brüllen, denn wer mit einer Überzahl an Menschen antrat, erlitt durch den Verlust von mehr als achtzig Prozent seiner Bevölkerung keinen vernichtenden Schlag.
    Janie blickte aus dem Küchenfenster und sah die gelben Blüten der Forsythie, die am Haupttor des Anwesens stand. Bei
diesem ersten Anzeichen des nahenden Frühlings wurde ihr ganz warm ums Herz. Die Menschen in Neuengland waren bekannt für ihre Zähigkeit, aber selbst die Zähesten unter ihnen waren Mr Sam zum Opfer gefallen, als er die Welt das zweite Mal heimsuchte. Und von den Überlebenden schafften es diejenigen, die unvorbereitet waren, nicht durch den ersten bitterkalten Winter ohne Strom und Nahrung und Schutz vor den marodierenden Horden, die durch die Dörfer und Städte von Middlesex zogen.
    Tom sei Dank, dachte sie. Es war der bis ins letzte Detail ausgearbeiteten Planung ihres Mannes zu verdanken, dass sie in dem Camp in den Bergen keine Not leiden mussten. Ihr bescheidenes Leben bot ihnen allen so viel Reichtum und Schönheit, dass sie oft davon überrascht waren. Aber es gab immer noch Momente - viel zu viele -, da juckte es Janie in den Fingern, auf eine Fernbedienung

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