Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
»eine Magd, die es versteht, Geburtshilfe zu leisten. Nicht als Hebamme! Nun, da der Haushalt aufgelöst ist und sie ihre Anstellung dort verloren hat, betreibt sie es wohl als Gewerbe, und bei Kate leistete sie auch recht gute Arbeit, als sie Guillaume auf die Welt half. Dennoch …« Er leerte sein Glas in einem Zug, dann legte er die Hände flach auf den Tisch. »Sie darf dieses Haus nicht verlassen, bis wir die nötigen Vorkehrungen getroffen haben, es unsererseits zu verlassen.«
»Aber es wäre die reinste Tollheit, mit einem Neugeborenen zu reisen, und solange Eure Frau noch von der Geburt entkräftet ist …«
Mit fester Stimme sagte Alejandro: »Ich werde tun, was getan werden muss, um meine Familie zu schützen.«
»Wir können sie hier nicht festhalten; sie ist ein freier Mensch, und irgendjemand wird sie gewiss vermissen!«
»War ich nicht auch ein freier Mann, als Ihr mich hier festhieltet? Und war Kate keine freie Frau, als Lionel und Elizabeth sie mir wegnahmen?«
Für einen kurzen Augenblick war der Raum erfüllt von bitteren Erinnerungen an jene Zeit.
»Wenn wir die Frau nicht hierbehalten können«, sagte de Chauliac leise, »dann werden wir uns eben ihr Schweigen erkaufen.«
»Für wie lange? Eine wie sie kann ihren Triumph nicht für sich behalten - Ihr müsstet Euch von Guillaumes Geburt her doch an sie erinnern; sie prahlt gern und hat ein loses Mundwerk …«
»… und sie ist gewöhnlich. Ein Beutel Gold wird ihr den Mund verschließen. Lange genug.«
Alejandro schien nicht überzeugt. »Wir wollen es hoffen.«
Alejandro hörte die Verzweiflung in Philomènes Stimme.
»Ich bin erschöpft«, sagte sie. »Ich kann nicht mehr.«
»Was möchtest du, das ich tue?«
»Du musst das Kind aus mir herausholen, indem du mich aufschneidest, so wie ich das Kind aus jener armen Frau herausholte.«
»Nein«, sagte Alejandro, ohne zu zögern. »Dies wird niemals geschehen. Nicht durch meine Hand.«
Sie holte tief Luft und presste mit verzerrtem Gesicht die Lippen aufeinander. Als der Schmerz abebbte, sagte sie: »Willst du, dass ich hier in meinem eigenen Schmutz liege und vor Schmerzen sterbe, in dem Wissen, dir nicht einmal ein Kind zu hinterlassen, um dessentwillen es geschieht? Um der Gnade Gottes willen, Alejandro, tu mit mir, was mit der Mutter Cäsars getan wurde, damit das Kind leben kann.«
Seine Stimme zitterte. »Nein, denn wenn ich das tue, dann stirbst du …«
»Geliebter Narr«, flüsterte sie. »Ich weiß, was geschehen kann. Du musst das Kind aus mir herausschneiden, sonst sterben wir beide.«
Er wandte sich ab, sein Herz schlug so heftig, dass er kaum atmen konnte.
»Bitte, mein Gemahl, ich flehe dich an; wäre ich ein wenig gewissenhafter gewesen, ein besserer Arzt, die Frau und ihr Kind hätten leben können … Und hätte ich über das Wissen verfügt, über das ich jetzt verfüge - das du mithilfe von de Chauliacs Zeichnungen vor Augen haben kannst -, dann wäre es gelungen. Aber ich schnitt zu tief, das weiß ich jetzt, doch dir kann es gelingen …«
Die Hebamme mischte sich ein. »Eine Frau, als Arzt … Das ist verboten, durch Gott und durch das Gesetz!«
Sie wandte sich zur Tür, kam jedoch nur einen Schritt weit, bevor Kate sie am Arm packte.
»Lasst mich los!«, sagte sie und versuchte sich zu befreien.
Kate hielt sie jedoch mit eisernem Griff fest und sagte dicht an ihrem Ohr leise, jedoch mit einem warnenden Unterton: »Wir bedürfen Eurer Hilfe, deshalb müsst Ihr bleiben. Jemand muss das Kind herausziehen, wenn die Schnitte gemacht werden.
Ihr seid Hebamme, diese Aufgabe kommt bei dem großen Geschick, über das Ihr verfügt, also Euch zu.«
Nun traten auch de Chauliac und Alejandro zu der Frau, jeder an eine Seite. Sie schwankte und verlor das Bewusstsein; die beiden Männer ließen ihren scheinbar leblosen Körper vorsichtig zu Boden sinken, sodass sie keinen Schaden nahm.
Kate schlüpfte aus der Kammer, um alles zu besorgen, was nötig war.
Der Gebärstuhl wurde zur Seite gerückt; der Bursche, der ihn für die Hebamme getragen hatte, bekam eine Münze in die Hand gedrückt und wurde weggeschickt, verblüfft über sein unerwartetes Glück. Der Mann an der Eingangstür wurde angewiesen, das Haus verschlossen zu halten und niemanden hinein- oder hinauszulassen. De Chauliacs Zeichnungen wurden aus der Bibliothek geholt und in Philomènes Kammer gebracht. Auf einem Tuch am Fußende des Bettes wurden die sauberen, glänzenden Instrumente
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