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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Mitglieder des Haushalts bereits zur Ruhe begeben hatten, setzten die Wehen mit aller Heftigkeit ein. Eine lange, kalte Nacht lang kämpfte und mühte Philomène sich mit Kate an ihrer Seite, während Alejandro draußen vor der Tür besorgt auf und ab schritt.
    Aber das Kind wollte nicht zur Welt kommen.

    Philomène konnte sich einen Moment lang ausruhen. In der kurzen Zeit, die es in der Kammer still blieb, sagte Alejandro zu de Chauliac, der mit ihm Wache hielt: »Findet Ihr es nicht merkwürdig, Kollege, dass Ihr und ich - beide Ärzte - wieder einmal vor einer Tür warten, hinter der eine Frau vor Schmerz stöhnt?«
    De Chauliac hatte ihm kaum zugestimmt, als das Wehklagen von Neuem begann.
    »Wie lange ist es her, seit ihr Wasser abgeflossen ist? Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor.«

    »Da habt Ihr nicht ganz unrecht«, sagte de Chauliac. »Mehr als zwölf Stunden.«
    Alejandro senkte den Kopf. Als er sprach, klang er beschämt. »Wir haben Euch so viele Unannehmlichkeiten bereitet. Ich bedaure es aufrichtig, solltet Ihr einen Teil Eures Einflusses in Avignon eingebüßt haben …«
    »Daran müsst Ihr keinen Gedanken verschwenden«, erwiderte de Chauliac. »Wenn es so wäre, was ich bezweifle, dann würde ich es kaum als großen Verlust empfinden. Dieser Papst ist anderes als Clemens. Clemens, er möge in Frieden ruhen, war sehr viel - gütiger. O ja, er kannte Momente der Heiterkeit, und weltlichen Freuden war er weiß Gott nicht abgeneigt, aber vor allem war er ein frommer Mann, ein Hirte, dem das Wohl seiner Herde am Herzen lag. Dieser sitzt in seinen Gemächern und zählt die Goldstücke Gottes, die Gott selbst, davon bin ich zutiefst überzeugt, nur wenig kümmern.«
    »Deshalb hat Er den Menschen wohl nach Seinem Ebenbild geformt, damit dieser Seine Goldstücke zählt.«
    De Chauliac lächelte. »Das ist eine außergewöhnliche Betrachtungsweise, Kollege.«
    In diesem Moment drang aus der Kammer ein langer, von Pein erfüllter Klagelaut an ihr Ohr. Als die kräftezehrende Wehe vorüber war, stieß Alejandro den Atem aus, den er unwillkürlich angehalten hatte. »Ich kann es nicht ertragen, dass sie solche Schmerzen erleiden muss«, sagte er. »Gibt es denn nichts, was wir ihr verabreichen könnten?«
    »Nicht in meiner Apotheke«, erwiderte de Chauliac.

    Zwei Stunden später, als Philomène erschöpft und schweißüberströmt in ihren Kissen lag, kam Kate heraus, sie war niedergeschlagen und bleich.
    »Ganz gleich, was ich auch tue, ich kann das Kind nicht auf die Welt holen. Mir fehlt die Erfahrung - wir brauchen eine Hebamme, die genug Geburten miterlebt hat, um zu wissen,
was vonnöten ist. Schickt Mathilde - sie kennt sich in solchen Dingen aus.«
    De Chauliac machte sich sofort auf die Suche nach der ältesten seiner Mägde, um ihr diese Aufgabe zu übertragen.
    Weniger als eine Stunde später traf die Hebamme ein. Ihr auf dem Fuß folgte ein kräftiger Bursche, der sich mit dem sperrigen, schweren Gebärstuhl über die schmale Treppe kämpfte. Alejandro stand mit de Chauliac neben der Tür zu Philomènes Kammer und sah der groß gewachsenen Frau entgegen. Vor der Tür blieb sie stehen und nahm ihr Tuch ab, sodass er ihr Gesicht sehen konnte.
    Er unterdrückte den überraschten Ausruf, der ihm um ein Haar entfahren wäre. Einen Moment lang blickte sie ihm in die Augen, und der Ausdruck auf ihrem Gesicht sagte ihm, dass sie ihn ebenfalls erkannt hatte.
    Mit erstaunlicher Selbstbeherrschung gelang es der Hebamme jedoch, ihre Überraschung zu verbergen; sie sagte schlicht: »So treffen wir uns also wieder. Stehe ich auch dieses Mal Eurer Tochter bei?«
    »Nein«, erwiderte er mit ruhiger Stimme. »Meiner Frau.«
    »Ah«, sagte sie. »Mathilde berichtete mir, dass sie bereits seit gestern in den Wehen liegt. Ist das wahr?«
    »Ja. Aber sie wurde gut versorgt, meine Tochter hat …«
    Die Hebamme ließ ihn nicht zu Ende sprechen. »Ihr hättet früher nach mir schicken sollen. Hoffen wir, dass auch dieses Mal alles gut geht.«

    In großer Unruhe stiegen der Jude und der Franzose die Treppe hinunter und suchten die Bibliothek auf. De Chauliac ließ Wein kommen, und sie tranken rasch, um den Schrecken über das, was sich soeben im oberen Stockwerk ereignet hatte, zu betäuben.
    »Wir hätten die Möglichkeit, dass wir auf jemanden aus Lionels Haushalt stoßen, in Betracht ziehen müssen«, sagte de Chauliac. »Was sind wir doch für Narren!«

    »Wir kannten sie dort nur als Magd«, erwiderte Alejandro,

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