Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
machen. Als sie anschließend erneut zu dem widerlichen Zwerg sah, flüsterte er gerade de Coucy etwas zu, und seine Miene ließ darauf schließen, dass er sich beschwerte.
Der Schwarze Prinz befand sich ebenfalls unter der Jagdgesellschaft, wie üblich in Begleitung von Sir John Chandos. Der unerschrockene Ritter, der ihr gegenüber stets freundlich gewesen war - selbst während ihrer Gefangenschaft -, kam zu ihr geritten und neigte zum Gruß höflich den Kopf.
»Mylady«, sagte er. Der Anblick ihres schlichten Gewands entlockte ihm ein Lächeln. »Wie ich sehe, seid Ihr passend für die Jagd gekleidet.«
»Warum auch nicht, Sir? Wenn man auf die Jagd gehen will, sollte man sich darauf einrichten.«
Das Ganze war einfach lächerlich; man würde ihr nicht gestatten, eine wie auch immer geartete Waffe zu tragen. Falls sie auf diesem Ausritt irgendetwas erlegen wollte, müsste sie es mit bloßen Händen tun. Chandos wusste, dass sie in den Jahren unter Alejandros Obhut gelernt hatte, mit einer Steinschleuder umzugehen, ein Messer zu werfen, eine Keule zu schwingen und ihrer Beute das Fell abzuziehen, bevor das Herz des Tieres zu schlagen aufhörte. Einmal, an einem der körperlichen Ertüchtigung gewidmeten Nachmittag, hatte er sie dabei beobachtet, wie sie unter dem erstaunten Johlen ihrer Wächter mit einem Pfeil nach dem anderen ins Schwarze traf.
Chandos hielt ihren Blick noch einen Moment lang fest und sagte: »Ich wünsche Euch eine angenehme Jagd.« Dann sah
er zu de Coucy und dessen lächerlichem kleinem Begleiter. »Unsere Gesellschaft erscheint heute ein wenig ungeschliffen. Seid versichert, dass ich persönlich über Euch wachen und dafür sorgen werde, dass Ihr unbeschadet ins Schloss zurückkehrt.«
Mit einem Lächeln - Kate fragte sich, ob es von Mitgefühl oder Belustigung herrührte - wendete Chandos sein Pferd und ritt zurück zu der Gruppe von Männern. Kate sah ihm nach in der schmerzlichen Gewissheit, dass er zweifellos über ihre Sicherheit wachen würde, dass es ihm dabei jedoch vor allem darum ging, sie sicher nach Windsor, ihrem Kerker, zurückzubringen.
Auf den ersten Blick war es eine erlesene Gesellschaft, die an diesem Morgen das Schloss in Richtung Norden verließ, um sich einen Tag lang mit der Jagd auf Wild zu vergnügen. Den Frauen blieb es zumeist überlassen, den Männern dabei zuzusehen, wie sie mit ihren kräftigen Bogen und flink geschwungenen Schleudern die Tiere im königlichen Jagdrevier zur Strecke brachten. Kate beneidete die Männer um ihre Waffen. Erinnerungen an die Zeit, als sie mit Alejandro gejagt hatte - nicht zum Vergnügen, sondern um zu überleben -, gingen ihr durch den Kopf. In den gefährlichen und entbehrungsreichen Jahren in Frankreich, als sie sich nie darauf verlassen konnten, Nahrung und ein Dach über dem Kopf zu finden und jeder Reiter, dem sie begegneten, möglicherweise ein Feind war, hatte oft sie für eine Mahlzeit gesorgt.
Verglichen mit ihrer Gefangenschaft jetzt kam ihr diese Zeit geradezu paradiesisch vor.
Sie hüllte sich in ihren Umhang und segnete im Stillen das Mädchen, das ihr geraten hatte, ihn mitzunehmen. Sie ritten nach Norden und hielten hin und wieder an, um den Männern Gelegenheit zu geben, das eine oder andere kleine Tier im Unterholz zu erlegen, als Vorgeschmack auf das größere Wild, das im königlichen Jagdrevier auf sie wartete. Als die Sonne höher stieg, wurde es allmählich wärmer, und schon bald hielt die
Gesellschaft erneut an, dieses Mal jedoch, um sich ihrer Überkleider zu entledigen - kein leichtes Unterfangen für eine Dame hoch zu Ross. Einfach gekleidet, wie sie war, konnte Kate ihren Umhang ohne fremde Hilfe und auch ohne große Mühe abnehmen. Sie legte den wollenen Umhang über den Rücken ihres Pferdes und wartete ungeduldig, während Bedienstete um ihre Herrschaften herumschwirrten, damit diese nur ja keinen Finger rühren mussten.
Einen kostbaren Augenblick lang war sie unbewacht; ihre Wächter waren gerufen worden, um den Edelleuten zu helfen. Ein rascher Blick nach Westen zeigte ihr eine Reihe dicht stehender Bäume. Sie betrachtete die Büsche, die jetzt im Frühling grün belaubt waren, und erkannte, dass sie eine hervorragende Deckung bieten würden. Kate brachte unauffällig ihr Pferd dazu, sich etwas zu drehen, sodass sie das Unterholz vor sich hatte. Sie behielt die Jagdgesellschaft im Auge, um den richtigen Zeitpunkt abzupassen und unbemerkt zwischen den Büschen zu verschwinden.
Mit jedem
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