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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Atemzug bewegte sie sich ein Stückchen vor. Sie drückte ihrem Pferd kaum merklich die Fersen in die Seite. Das Tier reagierte darauf, indem es einen weiteren Schritt nach Westen machte. Nachdem Kate sich vergewissert hatte, dass niemand zu ihr hersah, wiederholte sie das Ganze und gewann erneut ein paar Zentimeter. Noch zweimal, und die Bäume waren bereits zum Greifen nah. Sie war vielleicht noch einen Schritt von dem Sprung in die Freiheit entfernt, als sie einen Blick über die Schulter warf und feststellen musste, dass Sir John in ihre Richtung sah. Sie erstarrte. Jeglicher Mut verließ sie und mit ihm auch jegliche Hoffnung.
    Sir John löste sich aus der Gruppe und kam langsam auf sie zugeritten, ohne sie auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Als er nahe genug herangekommen war, dass niemand sie beide hören konnte, sagte er mit einem leichten Lächeln: »Nehmt Euch in Acht vor den Büschen, Mylady. Dort lauern viele Gefahren.«

    Kate erwiderte sein Lächeln. »Das weiß ich nur allzu gut, Sir John.«
    »Zweifellos von Euren Reisen. Nun denn, seid wachsam«, sagte er. »Ich würde dem König nur ungern Rede und Antwort stehen, wenn Euch etwas zustoßen sollte.«
    Mit stiller Dankbarkeit nahm sie zur Kenntnis, dass er nicht »Eurem Vater« gesagt hatte. Er versteht es, dachte sie. Er versteht, wie sehr ich diesen Mann verabscheue. Und warum.
    »Es wird nichts dergleichen geschehen«, versicherte sie ihm. Behutsam lenkte sie das Pferd weg von den Bäumen und zurück zu der Jagdgesellschaft.

    Binnen drei Tagen erreichte de Chauliacs Reisegesellschaft die Stadt Cluny in den Hügeln nordöstlich des Zentralmassivs. Eingebettet in die idyllische Landschaft erwartete sie ein hübsches Kloster, in dessen Gärten die ersten Blüten einen farbenfrohen Anblick boten. Bei Sonnenuntergang ritten sie in den Hof, staubig und müde von dem anstrengenden Ritt über die Hügel.
    De Chauliac entschwand wie in den Nächten zuvor in der Obhut des kirchlichen Würdenträgers, der zu seiner Begrüßung herbeigeeilt war. Seine Reisegefährten hingegen wurden dieses Mal eingeladen, das Nachtmahl gemeinsam mit den Nonnen und Mönchen einzunehmen, die in diesem Kloster lebten, während de Chauliac und sein bischöflicher Gastgeber für sich allein speisten. Man führte sie durch die hinter dicken Mauern liegenden Flure und schließlich in einen kleinen, aber behaglichen Speisesaal. Den Tisch bedeckte in seiner gesamten Länge ein Läufer aus feinster Spitze. Kandelaber tauchten die dampfenden Speisen, die die Nonnen in einem scheinbar endlosen Strom in Schüsseln hereinbrachten, in ein warmes Licht.
    Als sich die Reisenden am Tisch niederließen, sah Alejandro aus dem Augenwinkel, dass der zurückhaltende kleine Soldat leise mit einer der Nonnen sprach, die gerade eine Schüssel abstellte. Die Nonne nickte, und Alejandro kam zu dem Schluss,
dass der Soldat aus irgendeinem unerklärlichen Grund darum bat, man möge ihn entschuldigen.
    Damit dein englischer Akzent dich nicht verrät, du Spitzel. Nun, so sei es, dachte er grimmig, während er die beiden beobachtete. Ich werde dein Geheimnis schon noch ergründen. Bevor der Soldat den Saal verließ, streckte er die Hand aus, befühlte die prächtige Spitze des Tischtuchs und musterte sie einen Augenblick lang.

    Am frühen Nachmittag baumelten an den Flanken der Pferde zahlreiche Vögel und kleinere Tiere, aber auch ein Reh, und in der Luft hing der metallische Geruch von Blut. Die Jagdgründe des Königs waren stets reich an Wild, und nur selten kam einer seiner Gäste zurück, ohne sein Geschick als Jäger unter Beweis gestellt zu haben, sei es nun verdient oder nicht.
    Eben als sich die Jagdgesellschaft zur Rückkehr nach Windsor rüstete, kam ein zerlumpt aussehender Mann auf einem Maulesel aus dem Wald. Die Wachen hatten ihn im Nu umringt. Sir John ritt zu dem Fremden und begrüßte ihn, vielleicht etwas weniger freundlich, als er es getan hätte, wären nicht so viele Augenpaare auf ihn gerichtet gewesen.
    »Halt,« sagte er. »Du befindest dich auf dem Jagdgrund des Königs.«
    Der Mann blickte zwar ängstlich drein, blieb jedoch nicht stehen. Er trieb seinen Maulesel an und unternahm den närrischen Versuch, sich einen Weg durch die Jagdgesellschaft zu bahnen. Er war von hässlicher Gestalt und stank fürchterlich, sogar aus der Entfernung. Die Damen bedeckten mit ihren behandschuhten Händen Mund und Nase und drehten den Kopf zur Seite, als er zwischen ihnen

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