Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
als Ihr Euch vorstellen könnt«, erwiderte de Chauliac mit einem feinen Lächeln. »Die Botschaft, die ich dieses Mal erhielt, ist von besonderem Nutzen. Sie kommt aus Windsor.«
»Windsor!«
»Ja. Wie es aussieht, hat der König seine Soldaten zu ›Waffenübungen‹ ausgesandt. Mein Gewährsmann deutet an, dass sich diese Übungen bis nach Frankreich erstrecken, was in der Tat merkwürdig ist. Man fragt sich, was der wahre Grund dafür sein mag, nun, da ihm daran gelegen sein muss, dass Eintracht zwischen den beiden Ländern herrscht. Es steht eine Vermählung bevor - warum sollte er also gerade jetzt seine Stärke zur Schau stellen wollen? Es erscheint reichlich seltsam.«
»Der Mann neigt zu einem seltsamen und leichtfertigen Gebaren; das weiß ich aus eigener Erfahrung«, sagte Alejandro. »Vielleicht erachtet er es für notwendig, de Coucy daran zu erinnern, welche Folgen es für ihn hätte, sollte die beabsichtigte Heirat nicht stattfinden. Schließlich ist es noch gar nicht so lange her, dass de Coucy sich mit Navarra gegen den französischen Thron verbündete, auf den Edward Anspruch erhebt!«
»Ah«, sagte de Chauliac seufzend, »wenn man doch wüsste, was hinter der königlichen Stirn vor sich geht! Nun, wir können nur Mutmaßungen anstellen. Das ist eine schädliche Verschwendung von Geisteskraft. Wir müssen den Ereignissen ihren Lauf lassen und dann entsprechend handeln. Aber ungeachtet dessen, wie sich die Dinge entwickeln, wäre es im Augenblick gefährlich für Euch, nach England zu reisen; Ihr müsst eine Weile hierbleiben, bis die Lage sich wieder beruhigt hat - zumindest ein wenig.«
»Aber was ist mit Kate?«, fragte Alejandro besorgt.
»Es ist noch genug Zeit, sie zu holen, wie ich Euch bereits sagte. Grämt Euch also nicht. Bisher hat der Papst Isabellas Eheschließung noch nicht zugestimmt, ganz zu schweigen von Kates Anerkennung; uns bleibt also Zeit, genau zu überlegen, wie wir vorgehen wollen. Vielleicht ist es eine segensreiche Fügung, dass ich Euch ein wenig zu früh nach Paris gebracht habe. Ich bitte um Verzeihung für meine falsche Einschätzung, aber es lässt sich nicht immer vorhersehen, wie sich die Dinge entwickeln.«
Alejandro schwieg und ließ seine Gedanken zurück nach Avignon und zu seinem alten, gebrechlichen Vater schweifen. Bitte, gütiger Gott, erhalte ihn am Leben bis zu meiner Rückkehr.
»Und vielleicht ist noch ein weiterer Segen mit dieser Wendung verbunden - abgesehen davon, dass uns Zeit bleibt, Vorkehrungen zu treffen.«
»Was meint Ihr?«
»Ich brauche Eure Hilfe.«
»Jederzeit«, sagte Alejandro. »Was kann ich für Euch tun?«
»Die Cyrurgia, die ich Euch in Avignon zeigte«, sagte de Chauliac. »Der Grund, zumindest soweit es den Heiligen Vater anbelangt, für meine unerwartete Reise nach Paris. Es ist noch viel zu tun, bevor … bevor sie vollendet ist«, sagte er leise. »Eure Hilfe wäre ein großer Segen für mich. Als ich dieses Werk begann, dachte ich oft an Euch und wünschte, dass Ihr an seiner Entstehung teilhaben könntet. Gewiss, ich habe eine große Anzahl Schüler, aber nur zweien davon würde ich dieses Werk anvertrauen - Euch und der Dame, die Euren Blick auf sich gezogen hat.«
Dieser Mann schien auf unheimliche Weise über alles Bescheid zu wissen, was in seiner Umgebung vor sich ging. Alejandro fragte sich, ob Jean de Chauliac über das unterrichtete, was er tat. Falls dem so war, konnte er nichts dagegen tun, außer sich damit abzufinden und sich entsprechend zu verhalten.
»Ich werde bald aufbrechen müssen.«
»Dann werde ich Eure Hilfe mit Vergnügen in Anspruch nehmen, solange sie mir zur Verfügung steht. Ich bitte Euch, Alejandro, enttäuscht mich nicht.«
»Ich weiß nicht, was ich zu dieser Ehre sagen soll.«
»Sagt einfach Ja. Nun denn, ich habe mir erlaubt, Vorkehrungen für den Knaben zu treffen. Einer aus meinem Gesinde hat einen Sohn im gleichen Alter. Er wird ihn jeden Morgen
hierherbringen, sodass die beiden einander Gesellschaft leisten können.«
Eine solche Gelegenheit wurde Alejandro vielleicht nur einmal geboten. Sein Herz begann vor Freude schneller zu schlagen, doch gleich darauf wurde es ihm wieder schwer, denn ihm war bewusst, dass er jeden Augenblick gezwungen sein könnte, von dieser Aufgabe wieder zu lassen.
Und wenn dieser Augenblick gekommen wäre, dann müsste er auch von Philomène lassen. Der Verlust würde zu groß sein.
»Ich muss darüber nachdenken«, sagte er zu de
Weitere Kostenlose Bücher