Alera 02 - Zeit der Rache
rascheln. Die Reiter waren Cokyrier, aber ihren Stimmen nach zu schließen, mussten sie einen Gutteil der Nacht mit dem Feiern ihres Sieges verbracht haben. Ich eilte meiner Schwester in den Wald nach, konnte aber nicht sehen, wo Davan sie hingebracht hatte. Plötzlich zog er mich mit einer Hand knapp über meinem Knöchel zu Boden. Meinen Sturz hätten die Feinde vermutlich nicht bemerkt, doch der kurze Schreckensschrei erregte ihre Aufmerksamkeit.
»Still«, befahl eine Frau. »Habt ihr das gehört?«
»Was gehört?« Das Kichern ihrer männlichen Kumpane drang bis zu uns. »Ich glaube, du hast zu viel Bier getrunken.«
»Pscht, du Mondkalb, da ist jemand«, beharrte die Frau, doch der Mann, der zuvor schon gesprochen hatte, schien unbeeindruckt.
»Dann sind wir eben nicht die Einzigen, die sich haben zurückfallen lassen, um zu feiern«, sagte er abwehrend. »Überrascht dich das? Der Junge hat offenbar noch nicht kapiert, dass der Krieg zu Ende ist. Es steht ihm gar nicht zu, uns noch weiter Befehle zu erteilen, nachdem wir schon gewonnen haben. Das Einzige, was vielleicht noch zu tun bleibt, ist ein paar versprengte Hytanier zu töten, die versuchen zu fliehen.«
»Recht hast du!«
Nachdem ihnen das klar geworden war, versuchten die Männer, so gut es in ihrem angetrunkenen Zustand eben ging, ihrer Pflicht nachzukommen. Sie stiegen von den Pferden und suchten zu Fuß, aber unsystematisch den Hügel nach unten ab. Als sie in Sichtweite kamen, hörte ich Davan seine Langmesser ziehen.
Doch wo war London? Von meinem Versteck aus konnte ich ihn nicht sehen. Und als ich die Lichtung verlassen hatte, hatte ich nicht darauf geachtet, wohin er sich gewandt hatte. Die Cokyrier waren jetzt ganz nah, zu nah. Einer von ihnen, ein groß gewachsener, stämmiger Mann, beugte sich gerade über die Stelle, an der Miranna und ich gelegen hatten, und inspizierte die Abdrücke, die wir hinterlassen hatten. Der zweite, etwas kleinere, besah sich die Stelle ebenfalls und folgte dann mit den Augen der Spur, die ich hinterlassen hatte.
»Sucht ihr mich?«
London hatte sich ein Stück bergauf versteckt, trat jetzt hinter einem Baum hervor, packte die Cokyrierin an ihren Haaren und presste ihr einen Dolch an die Kehle. Daraufhin drehten sich die Männer mit geballten Fäusten von uns weg, halb von Sinnen vor Ärger, so überrumpelt worden zu sein.
»Bleibt mit den Köpfen unten«, flüsterte Davan Miranna und mir zu, während er selbst vorsichtig aufstand. Sofort gruben wir unsere Gesichter in unsere Armbeugen.
Davan schlich sich zur Lichtung zurück, und da hob ich den Kopf, denn meine Neugier, zu sehen, was weiter passieren würde, war größer als meine Furcht. Ich sah, wie der Elitegardist sich den beiden Männern von hinten näherte, wobei die Cokyrierin ihre Kameraden nicht sehen konnte, weil sich der Hügel zu unseren Gunsten neigte und London ihren Kopf in die richtige Richtung gedreht festhielt.
»Lass sie los«, knurrte einer der feindlichen Soldaten, doch das sollten seine letzten Worte sein. Davan stieß je ein Langmesser in die Kehlen der beiden und riss seine Arme mit einem Ruck auseinander. Sie hatten mir die Rücken zugewandt, doch vor ihnen spritzte dickes, dunkles Blut wie Regen auf die Erde. Die Männer röchelten und sanken bereits zu Boden, als ich das mir Übelkeit verursachende Knacken hörte, das nur bedeuten konnte, dass London der Feindin einen schnellen Tod bereitet hatte, indem er ihr das Genick brach.
Mein früherer Leibwächter stieß den cokyrischen Leichnam zur Seite, wo er zwischen die Bäume fiel, und sprang rasch zu der Lichtung herunter. Ich rappelte mich auf und kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit, als ich Davan seine Klingen im Gras abwischen sah. Gemeinsam mit London zog er dann die beiden toten Männer außer Sichtweite. Miranna kauerte immer noch am Boden und schien nichts gesehen zu haben. Aber sie zitterte, als hätte sie doch etwas von den Maßnahmen unserer Wachen mitbekommen. London hob sie sanft vom Boden auf, dann wurde seine Miene wieder streng.
»Wir müssen hier weg, sofort«, erklärte er unnötigerweise, denn ich wäre auch freiwillig nicht geblieben.
Davan winkte uns, ihm zu folgen. Den Arm um Miranna gelegt folgte ich ihm und kümmerte mich nicht um die Erschöpfung, die uns alle quälte. London war erneut verschwunden, tauchte jedoch nach kurzer Zeit wieder auf. Er führte die Reittiere der getöteten Cokyrier am Zügel, und ich war wieder einmal froh, mich in
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