Alera 02 - Zeit der Rache
Onkels dem jungen Mann etwas von seiner Nervosität nahm. Baelics Frau Lania saß zu dessen Linker, danach folgten Semaris Eltern, Baronin Alantonya und Baron Koranis. An der rechten Seite der Tafel hatte Tiersia neben Galen Platz genommen, daneben Dahnath, die erst kürzlich Tiersias Bekanntschaft gemacht hatte. Darauf folgten Lady Tanda und Leutnant Garreck, dessen gedrungene Gestalt Temerson geerbt hatte, wobei Garreck sehr viel gesetzter wirkte als sein Sohn. Neben Garreck hatte ich Cannan vorgesehen, denn ich nahm an, dass die beiden Militärs einander mehr zu sagen hätten als jedem anderen Gast. Faramay kam zwischen ihrem Gatten und meiner Mutter zu sitzen. Darauf folgte mein Vater, der also neben seiner Frau und gleich gegenüber von seinem guten Freund Baron Koranis saß; gleichzeitig war er damit so weit als möglich von mir entfernt.
Das Festmahl wurde in fünf Gängen auf goldenen Tellern serviert. Außerdem standen mit Wein gefüllte Pokale und Fingerschalen mit Rosenwasser auf dem Tisch, um sich zwischendurch die Hände zu reinigen. Den ersten Gang bildete eine feine Suppe, danach wurde ein Fleischgericht mit Brot serviert. Als Nächstes folgte Räucherfisch mit Spargel und schließlich Braten vom Schwein und Lamm mit Rübchen, Bohnen und anderem Gemüse. Den letzten Gang bildeten Käse, Obst und kleine Süßigkeiten.
Während der gesamten Mahlzeit gab Steldor den perfekten Kavalier, der unsere Gäste mit seinem Witz bezauberte. Ich selbst sprach wenig und spielte eher die Rolle der höflichen, aber reservierten Königin und der fügsamen Gattin, wie ich bitter bei mir dachte. Meine Mutter lächelte mir oft zu, weil sie offenbar überzeugt war, ich hätte ihren Rat beherzigt und mich in mein Schicksal gefügt. Sie hatte wohl den Eindruck, ich sei mit meiner Rolle, wenn auch nicht überglücklich, so doch zufrieden. Als das Mahl sich dem Ende zuneigte, suchte der Blick meines Vaters Steldors Augen. Auf das Kopfnicken des Königs hin erhob er sich, um etwas bekannt zu geben.
»Meine lieben Freunde«, begann er strahlend und ließ die Augen über die Tafelrunde schweifen. »Viele von Euch gehören zu meiner Familie, sei es von Geburt an oder durch Heirat. Andere kenne ich schon so lange, dass es mir durchaus gerechtfertigt erscheint, auch sie dazu zu rechnen.«
Bei dieser Äußerung rückte Koranis sich demonstrativ in seinem Stuhl zurecht, als hätten er und seine Familie soeben eindrucksvoll an Ansehen gewonnen.
»Hocherfreut möchte ich an diesem 19. Juni unsere Hoffnung und Absicht kundtun, auch die übrigen Gäste in unsere Familie aufzunehmen. Lord Garreck und ich haben bereits gesprochen, und ich habe Lord Temerson gestattet, um meine Tochter Prinzessin Miranna zu werben.«
Miranna ließ ein wenig damenhaftes Quietschen hören, den ich, wären wir unter uns gewesen, nachgemacht hätte, um sie zu necken. Sie schlug sich rasch die Hand vor den Mund, und ihre Wangen färbten sich rosa. Angesichts der Freude, die aus ihren Augen strahlte, war ihr dieser Bruch der Etikette jedoch sofort verziehen. Sie wandte sich Temerson zu und begegnete seinem verlegenen Gesichtsausdruck mit einem breiten Lächeln. Da wirkte auch er erleichtert, als hätte er sich nicht sicher sein können, wie sie auf diese Neuigkeit reagieren würde.
Ich freute mich für das glückliche Paar, aber da war noch ein anderes Gefühl, das ich nicht sogleich zu definieren vermochte. Ein Stich, der wohl nur Eifersucht sein konnte. London hatte mir einmal gesagt, dass die Blicke, die Narian und ich getauscht hatten, es für jeden offensichtlich gemacht hatten, wie verliebt wir waren. Jetzt begriff ich, was er damit gemeint hatte.
»Wollen wir uns ein wenig im Garten ergehen?«, fragte Steldor und erhob sich.
Der Juniabend war warm, aber es wehte auch eine leichte Brise, die nicht nur angenehm erfrischte, sondern auch die Insekten fernhielt. Steldor hielt mir seinen Arm hin, und auch wenn das Protokoll ihm dies ohnehin gebot, meinte ich zu spüren, dass unsere Auseinandersetzung beigelegt war. Doch noch bevor ich sein Angebot annehmen konnte, kam Faramay herbeigeeilt und hängte sich an seinen Arm.
»Ich dachte mir, wir beide könnten miteinander gehen, Liebling«, zwitscherte sie. »Natürlich nur, falls die Königin nichts dagegen hat.«
Angesichts der Folgen, die es hätte, dieser hingebungsvollen Mutter den Zugang zu ihrem Sohn zu verwehren, stimmte ich mit einem entschuldigenden Blick zu Steldor zu. Er lächelte gequält und
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