Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim
Redfield neben einem schlanken Polizeigleiter; Redfield, der einer wichtig aussehenden Frau die Hand schüttelte; Redfield, der ölbeschmiert neben einer Unglücksstelle stand, ein Kind in den Armen. Das letzte Bild war in der Mitte eingerahmt, die Trophäen standen alle an einer Seite. Und ich kam zum Schluß, daß ich Fenn Redfield mochte. »Es tut mir leid, daß wir nicht mehr tun konnten«, sagte er. »Aber wir haben wirklich nicht viel in der Hand.«
»Ich verstehe«, sagte ich.
Er bedeutete mir, mich zu setzen, und nahm selbst auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz. »Er ist wie eine Festung«, kicherte er. »Stößt die Leute zurück. Ich wollte ihn wirklich loswerden, aber ich habe ihn schon so lange. Das Silber haben wir übrigens gefunden. Oder zumindest einen Teil davon. Wir können es nicht genau sagen, doch ich habe das Gefühl, daß wir alles gefunden haben. Heute morgen übrigens. Es wurde noch nicht in den Computer eingegeben, daher konnte die Beamtin, mit der Sie gesprochen haben, es auch nicht wissen.«
»Wo war es?«
»In einem Bach, etwa einen Kilometer vom Haus entfernt. Es war in einem Plastiksack, an einer Stelle versteckt, wo der Bach unter einem Schotterweg herfließt. Ein paar Kinder haben es gefunden.«
»Seltsam«, sagte ich.
»Das habe ich mir auch gedacht. Es ist nicht außergewöhnlich wertvoll, hätte aber einen guten Preis gebracht. Das deutet darauf hin, daß der Dieb keine Möglichkeit hatte, es zu verstecken, und es auch nicht schnell abstoßen konnte.«
»Das Silber war ein Ablenkungsmanöver«, sagte ich.
»Ach?« Redfields Augen blitzten interessiert auf. »Wie kommen Sie darauf?«
»Sie haben gesagt, Sie wären ein Freund von Gabe.«
»Ja. Das war ich. Wir sind zusammen ausgegangen, wenn unsere Arbeit es erlaubte. Und wir haben sehr oft Schach gespielt.«
»Hat er je mit Ihnen über seine Arbeit gesprochen?«
Redfield betrachtete mich pfiffig. »Gelegentlich. Darf ich fragen, wohin das führt, Mr. Benedict?«
»Die Diebe haben einen Datenspeicher gestohlen. Nur einen, der zufällig ein Projekt betraf, an dem Gabe arbeitete, als er starb.«
»Und ich nehme an, daß Sie nicht viel darüber wissen?«
»Genau. Ich habe gehofft, Sie hätten vielleicht ein paar Informationen.«
»Ich verstehe.« Er stieß sich mit seinem Stuhl zurück, legte einen Arm auf den Schreibtisch und trommelte mit den Fingern nervös auf der Platte. »Sie sagen, das Silber und was sie sonst noch mitgenommen haben, sollte die Aufmerksamkeit von dem Speicher ablenken.«
»Ja.«
Er erhob sich vom Stuhl, ging um den Schreibtisch und trat zum Fenster. »Ich kann Ihnen sagen, daß Ihr Onkel während der letzten drei Monate oder so sehr beschäftigt war. Er spielte übrigens verdammt schlecht.«
»Aber Sie wissen nicht, warum?«
»Nein. Nein, das weiß ich nicht. Ich habe ihn in letzter Zeit nicht mehr oft gesehen. Er hat mir zwar gesagt, daß er an einem Projekt arbeite, aber nicht, worum es sich dabei handelte. Wir trafen uns früher regelmäßig einmal die Woche, doch das hörte vor ein paar Monaten auf. Danach schien er nicht mehr oft zu Hause zu sein.«
»Wann haben Sie ihn zum letztenmal gesehen?«
Redfield mußte nachdenken. »Vielleicht sechs Wochen, bevor wir hörten, daß er tot sei. Wir hatten uns abends zum Schach getroffen. Aber ich wußte, daß ihn etwas bekümmerte.«
»Er machte einen besorgten Eindruck?«
»Er spielte völlig unkonzentriert. Ich schlug ihn an diesem Abend vernichtend, fünf- oder sechsmal, was sehr ungewöhnlich war. Aber ich merkte, daß er nicht bei der Sache war. Er hat gesagt, ich solle meinen Triumph genießen, so lange ich könne. Beim nächsten Mal würde er es mir wieder zeigen.« Redfield sah zu Boden. »Das war es.«
Er holte von irgendwo hinter dem Schreibtisch ein Glas limettenfarbigen Punsch hervor. »Gehört zu meiner Diät«, sagte er. »Möchten Sie auch eins?«
»Klar.«
»Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen, äh, Alex. Aber ich weiß einfach nicht, womit er sich beschäftigt hat. Ich kann Ihnen jedoch sagen, worüber er die ganze Zeit gesprochen hat.«
»Und worüber?«
»Den Widerstand. Christopher Sim. Er war ganz versessen auf das Thema, die Chronologie der Flottenbewegungen, wer dort war, mit wem, wie die Dinge sich entwickelten. Ich meine, ich interessiere mich dafür wie jeder andere auch, doch er sprach unentwegt darüber. Das ist mitten in einem Spiel nicht ganz einfach. Sie wissen, was ich meine?«
»Ja«, sagte
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