Alex Benedict 03: Die Suche
sehen.
»Sechshundert Jahre«, sagte Alex. Hin und her, vom Äquator zum Pol, alle sechsundzwanzig Monate, während die Welt abwechselnd kochte und gefror.
Ich sah hinaus zu dem milden Wetter, das in Andiquar als Sommer durchging. »Ich frage mich«, sagte Windy, »ob je irgendjemand nach ihnen gesucht hat.«
Und ich dachte daran, dass sie sich gewünscht hatten, in Ruhe gelassen zu werden.
Als der Sommer in den Herbst überging, erhielten wir weitere Neuigkeiten. Einige der Originalstädte waren gefunden worden, die Städte, die gleich nach der Ankunft auf Margolia erbaut worden waren. Ich fragte mich, ob ein Teil jenes Hauses, das wir in den Hologrammen gesehen hatten, überdauert hatte. Und was aus dem kleinen Mädchen geworden war, das so vergnügt mit seiner Mutter posiert hatte.
Alex ging ganz in den Nachforschungen über die Margolianer auf. Er reiste zu Büchereien auf dem Kontinent und auf den Inseln. Er brachte Auszüge über die Wanderungsbewegungen mit, die er mit Inbrunst las. Die meisten stammten aus Büchern, die erstmals im achtundzwanzigsten Jahrhundert erschienen waren. Einige davon waren Privatdrucke, Familiengeschichten, Kirchenaufzeichnungen, Tagebücher. Er erklärte, solche Dinge würden oft über einen langen Zeitraum erhalten bleiben, weil sie so oft in Truhen oder auf Dachböden landeten und, wenn sie dann ein paar Jahrhunderte später wieder auftauchten, automatisch von historischem Wert waren. »Also kümmern sich die Leute darum. Reproduzieren sie. Sie müssen nur die ersten zweihundert Jahre überstehen«, sagte er, »dann haben sie es geschafft.«
Als ich ihn fragte, wonach er eigentlich suchte, lachte er und schob einen Haufen Dokumente zur Seite. »Die Bremerhaven«, sagte er. »Ich versuche, herauszufinden, was mit der Bremerhaven passiert ist.«
Jacobs Ruflämpchen fing an zu blinken. Übermittlung für Alex. »Dr. Yashevik, Sir. Sie möchte Sie gern sprechen, wenn Sie etwas Zeit haben.«
Er wies Jacob an, die Verbindung herzustellen, und Augenblicke später tauchte Windy auf. »Ich dachte, Sie würden gern informiert werden. Das hier wurde bei ungefähr zwanzig Grad südlicher Breite gefunden.« Das Licht veränderte sich, und plötzlich standen wir während eines Schneesturms in einer Ausgrabungsstätte und sahen einen Teil eines Gebäudes vor uns. Einen Eckpfeiler, um genau zu sein, bedeckt mit Symbolen, die ich nicht lesen konnte. Bis auf die Nummer. »Da steht Paul DeRenne Schule. 55. Wir haben keine Ahnung, wer Paul DeRenne ist.«
»Was bedeutet die Zahl?«, fragte Alex. »Das Jahr, in dem sie erbaut wurde?«
»Das nehmen wir an.«
Fünfundfünfzig. »Das dürfte dann das Jahr fünfundfünfzig nach Gründung der Kolonie gewesen sein«, sagte Alex.
»Vermutlich.«
»Hat schon irgendjemand eine Schätzung abgegeben, wie lange ein Jahr dort vor der Katastrophe gedauert haben mag?«
»Die Forscher glauben, es wäre etwa zehn Prozent kürzer gewesen als ein Standardjahr.«
»Also wurde die Schule ungefähr neunundvierzig Jahre nach der Landung erbaut, terrestrische Zeitrechnung.«
»Irgendwann um den Dreh.«
»Angenommen, die Kolonie wurde 2690 gegründet, dann wäre das nach dem terrestrischen Kalender etwa 2739 gewesen.«
»Ja.«
»Die Katastrophe hat 2745 zugeschlagen.«
»Ja. Ich frage mich, ob sie auch nur geahnt haben, was auf sie zukommen würde, als sie die Schule erbaut haben.«
Alex rieb sich die Stirn. »Vermutlich nicht. Wäre das Gebäude danach noch zu halten gewesen? Nach dem Ereignis?«
»Ich weiß es nicht. Davon hat er nichts gesagt.« Windy seufzte. »Aber falls es zu hallen war, hätte trotzdem niemand den Sommer oder den Winter darin verbringen wollen.«
»Nein«, sagte Alex, »wohl nicht.«
»Das hätte eine Menge Rennerei bedeutet«, sagte ich.
»Möglicherweise blieb ihnen keine große Wahl«, sagte Alex. »Es ist ja nicht so, dass sie ein paar Monate am Pol verbringen konnten und den Rest des Jahres am Äquator. Sie mussten auch zwischen beiden Punkten Stationen errichten. Orte, an denen sie eine Weile bleiben konnten. Vielleicht ist dieser Ort nach dem Ereignis einer davon geworden. Frühlingsstadt. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass sie in der Lage waren, längere Zeit an einem Ort zu bleiben.«
»Mich wundert, dass sie nicht einfach aufgegeben haben«, bemerkte Windy. Die Neuigkeiten schienen sie traurig zu stimmen, aber ich denke, wir alle hatten gehofft, es wäre schnell zu Ende gegangen.
Alex lächelte.
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