Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
können gern in der Bibliothek warten, wenn Sie wünschen. Außerdem gibt es auch eine Cafeteria.« Er musterte uns unsicher.
Kassel meinte, wir sollten bleiben. »Das zeigt, wie ernst Ihnen diese Mission ist!«
Unsere Eskorte führte uns in einen nicht öffentlichen Bereich, dessen Wände angefüllt waren mit Porträts von Stummen in Roben, einigen Landschaftsbildern und zwei oder drei Gemälden interstellarer Kampfschiffe. Außerdem gab es Anschlussbuchsen, die Zugriff auf die umfassende Literatur der Ashiyyur boten. Zudem umfasste die Bibliothek eine beachtliche Anzahl von Menschen verfasster Werke, darunter zwei Romane von Vicki Greene. Nach ungefähr einer Stunde kehrte Giambrey zu uns zurück.
»Wie ist es gelaufen?«, fragte Alex.
»Ich bin nicht sicher«, antwortete er. »Ich habe meine Argumente vorgetragen und ihm gesagt, eine Beendigung der Feindseligkeiten wäre für beide Seiten von Vorteil. Er sagt, man könne den Konföderierten nicht trauen. Ganz was Neues! Und er denkt, er müsse sie weiter piesacken. Sie nicht zur Ruhe kommen lassen. Sollten es zu einer unilateralen Feuerpause kommen, fürchtet er, die Konföderierten würden die Atempause dazu benutzen, ihre Streitkräfte neu aufzustellen, um schließlich zum großen Schlag auszuholen.«
»Ich hatte bisher immer noch den Eindruck«, warf ich ein, »noch herrsche Frieden!«
Giambrey bedachte mich mit einem gepeinigten Lächeln. »Nicht so ganz.«
»Und wie hat Ihre Unterredung geendet?«, fragte ich.
»Es muss eine beiderseitige Bekanntmachung stattfinden. Beide Seiten müssen klar und deutlich sagen, dass die Konflikte zwischen uns vorbei sind, und sich einverstanden erklären, Gespräche aufzunehmen.«
»Und was haben Sie dazu gesagt?«
»Dass wir daran arbeiten. Versuchen, das zu arrangieren.«
»Hat er gesagt«, fragte Alex, »wie der Ministerpräsident dazu steht?«
»Nein. Er hat gesagt, der Ministerpräsident habe seine Meinung für sich behalten.«
Alex runzelte die Stirn. »Kassel«, wandte er sich an unseren Freund, »das ist doch gar nicht möglich, nicht wahr?«
»Gewiss ist es das. Wir können andere ausschließen, aber nur für eine begrenzte Zeit. Wahrscheinlich hat er sich in letzter Zeit nur nicht im selben Raum aufgehalten wie der Ministerpräsident.«
»Und noch wahrscheinlicher ist«, meinte Giambrey, »dass er sich einfach nicht dazu äußern wollte!«
37
Bürokratien sind nicht wie Menschen. Sie lieben nicht, sie hassen nicht. Sie leiden nicht, und sie kennen keine Leidenschaft. Vor allem aber fällen sie keine moralischen Urteile, gleich in welcher Hinsicht. Ich weiß, manchmal scheint es, als täten sie es doch, aber glaub mir, Rose, das ist alles nur Politik. Oder pure Gleichgültigkeit.
Mitternacht und Rosen
Wir suchten ein Lokal auf, in dem Kassel sich wohl fühlte, und taten, als wäre das Treffen gut verlaufen.
Stumme kennen keinen Alkohol, aber Kassel konnte uns einen Fruchtsaft empfehlen, der ganz ordentlich schmeckte und auch nicht ganz ohne Wirkung war. Also bestellten wir eine Runde und stießen auf den Marineminister an. Dann schickte Giambrey eine verschlüsselte Botschaft an Kilgore und an unsere Verhandlungsdelegation innerhalb der Konföderation.
Ich fragte Kassel, wie lange es seiner Meinung nach dauern würde, bis der Ministerpräsident eine Entscheidung getroffen habe. »Das kann ich nicht einschätzen, Chase«, erwiderte er. »Vielleicht noch am Vormittag. Vielleicht nie. Aber es wäre möglich, dass die Regierung diese Angelegenheit als Druckmittel gegen die Konföderation einsetzen will. Um den Direktor moralisch in die Pflicht zu nehmen.«
Drei Tage später erhielten wir eine Nachricht vom Minister.
Sie sollen wissen, dass der Ministerpräsident Ihr Anliegen einer eingehenden Betrachtung widmet und dass ihm auch der zeitliche Faktor bewusst ist. Wir sind bestrebt, eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Ich werde Sie informieren, sobald wir eine Entscheidung getroffen haben.
»Was entscheidet er denn?«, fragte ich Kassel. »Ob er einen Waffenstillstand ausrufen soll? Oder ob er mit uns verhandeln soll?«
Kassel wusste es nicht. »Aber wenn Sie wollen, verrate ich Ihnen, was ich denke.«
»Sie bezweifeln, dass man uns helfen wird.«
»Das ist richtig. Es tut mir leid.« Er schien in weite Ferne zu blicken. »Seit Jahren zweifeln wir an den Beweggründen der Konföderation. Erinnern Sie sich, dass wir einmal über die Neigung der Leute gesprochen haben, sich in
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