Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
erkundigte sich Alex.
»Er ist ganz vernünftig. Er hat sich nicht der allgemeinen Haltung gegenüber der Konföderation angeschlossen, und er fürchtet, dass die derzeitige Gefährdungslage zu einem Krieg führen könnte. Auch ist er mit dem Status quo, der unsere Ressourcen erschöpft, nicht gerade glücklich. Bedauerlicherweise ist er der Ansicht, mit Ihnen, Menschen, Konföderierten, umzugehen, sei extrem problematisch. Sollten Sie ihn bedrängen, würde er argumentieren, dass Menschen bisher noch keine Zivilisation aufgebaut hätten. Ich wünschte, es gäbe eine einfachere Art, Ihnen das zu erklären. Aber wie die meisten von uns betrachtet auch er Sie als minderwertige Kreaturen, getrieben von einem angeborenen Blutdurst, den Sie im Zuge von 15000 Jahren organisierter Kultur nicht haben ablegen können.« Er verlagerte unbehaglich sein Gewicht. »Bitte verzeihen Sie mir, aber es ist sehr wichtig, dass Sie begreifen, womit Sie es zu tun haben!«
»Tja, wirklich ermutigend!«, kommentierte Giambrey und bemühte sich, seinen Groll zu verbergen.
Kassel drehte sich zu ihm um. »Die Verhandlungen werden anders als alles sein, was Sie bisher erlebt haben, Giambrey. Der Minister wird in dem Moment, in dem Sie zur Tür hereinkommen, wissen, dass Sie hoffen, er würde die Flotte zurückhalten, damit die Konföderationsmarine Salud Afar zu Hilfe kommen kann. Falls er nicht so oder so bereits zu diesem Schluss gekommen ist.«
Giambrey räusperte sich. »Es ist nicht einfach, ein Barbar zu sein«, seufzte er.
Wir sanken auf eine Landeplattform herab.
»Kassel«, Alex zupfte seine Jacke zurecht, »werden Sie bei der Besprechung dabei sein?«
»Nein, leider nicht. Diese Angelegenheit liegt weit oberhalb meiner Lohnstufe.«
»Haben Sie einen Rat für uns?«
»Bedenken Sie stets, dass Sie für den Minister ein offenes Buch sind! Sie können ihn nicht überraschen. Sie können nichts vor ihm zurückhalten. Nutzen Sie das! Zeigen Sie ihm, was Sie in Hinblick auf die Menschen empfinden, die auf Salud Afar in der Falle sitzen. Zeigen Sie sie ihm so, wie Sie sie mir gezeigt haben! Zeigen Sie ihm Ihre Verzweiflung! Und Ihre Entschlossenheit, wenn Ihre Welt überlebt …« Sein Blick wanderte zu Giambrey und Circe. »Ihre Entschlossenheit, sich dafür einzusetzen, die barbarischeren Impulse Ihrer Spezies zu besänftigen und auf einen dauerhaften Frieden hinzuarbeiten! Und ich stelle fest, dass ich Ihre Gefühle schon wieder verletzt habe.« Er sah jedem von uns in die Augen. Ja, dachte ich. Verdammt richtig. Ihr Jungs habt auch nicht gerade eine makellose Akte, und ihr habt weniger Ausreden dafür als wir!
»Sie haben Recht, Chase«, sagte er. »Ich weiß es. Ich wünschte, es wäre anderes! Vielleicht können wir eines Tages alle lernen, rational zu handeln.«
Die Pilotin öffnete die Luke. Kassel sah sie an, und irgendetwas ging zwischen ihnen vor. Ich versuchte, es mir vorzustellen. Wie ist es dir ergangen? Oder vielleicht: Ich bin froh, dass es vorbei ist.
Wir befanden uns auf Bodenebene und blickten hinauf zu einer Kuppel, die sich über sechs Stockwerke in die Höhe erhob und den Sockel zu einem runden Turm bildete. Der Turm ragte buchstäblich in den Himmel hinein und verjüngte sich oben zu einem nadelspitzen Ende. Eine kleine Gruppe Bediensteter in Roben trat zu einer Tür hinaus und durchquerte eine Säulenhalle, um uns zu begrüßen. Der Stumme, der die Verantwortung zu haben schien, ein Mann, war der kleinste in der ganzen Gruppe. Dennoch wirkte er gegenüber Alex und Giambrey wie ein Riese. Er trug einen Stimmgenerator am Ärmel. »Giambrey DeVrio?«, fragte er und blickte von einem zum anderen.
Giambrey trat vor.
Der Stumme verbeugte sich. »Willkommen im Silbernen Turm! Ich bin Tio.« Er umfasste uns alle mit einem Blick. »Wenn Sie bitte mit mir kommen würden!«
Tio führte uns durch die Säulenhalle in das Gebäude und in einen langen, breiten Korridor. Ich sah keine Wachposten. Und es sah aus, als könne jeder von der Straße hereinkommen.
Tio winkte Giambrey, ihm den Korridor hinunter zu folgen. Einer der anderen Stummen, die mit ihm zu uns herausgekommen waren, nahm sich des Rests von uns an. Er führte uns durch das Gebäude, kürzte die Besichtigungstour jedoch ab, als er erkannte, dass niemand von uns wirklich daran interessiert war zu erfahren, wo genau das Umweltministerium untergebracht war.
»Ich kann Ihnen nicht sagen, wie lange die Besprechung dauern wird«, erklärte er uns. »Sie
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