Alex Benedict 06 - Firebird
es ein. »Belle, bist du da?«
»Ich bin da« , sagte sie.
»Also, warum«, fragte Alex, »hat er nicht um Hilfe gerufen.«
»Er ist zu weit draußen. Um Rimway zu erreichen, hätte er eine gerichtete Transmission schicken müssen, und wenn er nicht wusste, wie er den Hyperlink aktivieren kann, dann bezweifle ich, dass er wusste, was er tun muss, um die Übertragung auf Rimway auszurichten.«
Alex sah sich hilflos auf der Brücke um. »Er hatte einfach kein Glück, was?«
»Anscheinend nicht.«
Er setzte sich auf einen der Stühle. »Also gut. Wie haben sie das gemacht? Wie wollten sie die Jacht wiederfinden?«
»Ich nehme an, Robin wusste , wie lange sie fort sind, oder er war imstande, die Dauer zu steuern. Entweder so oder so.«
»Gut. Also sind sie mit der Wellenbrecher hergekommen.«
»Vermutlich hatten sie das Funkgerät so eingestellt, das es beim Eintritt in den normalen Raum gesendet hat.«
»Aber sie haben das Funkgerät nur für einen Ausflug vorbereitet. Wenn ich raten soll, würde ich sagen, Robin hat beim letzten Flug selbst herausfinden wollen, wie sich so eine Reise durch die Zeit anfühlt. Also hat er beschlossen, an Bord zu bleiben. Cermak würde in zwei Wochen zurückkommen – Cermaks Zeit – und, nehme ich an, zugleich in gerade ein paar Stunden von Robins Zeit. Vielleicht haben sie es also für einen weiteren Flug vorbereitet.«
»Ich kann dir wirklich nicht sagen, was sie getan haben, aber vermutlich ist genau das passiert.« Wieder schauderte ich. »Sind wir wirklich sicher, dass er das freiwillig getan hat? Dass er nicht einfach hier zurückgelassen wurde?«
»Chase, er hat sein Notebook und seine Tasche mit an Bord genommen. Er hat damit gerechnet, eine Weile hier zu sein.«
»Alex«, fragte ich ihn, »was ist wirklich in dieser Nacht passiert? Als Cermak nach Virginia Island geflogen ist? Weißt du das?«
»Größtenteils. Ein paar Einzelheiten fehlen noch, aber ich glaube, auch dafür habe ich eine fundierte Vermutung.
Cermak hatte eine Affäre mit Elizabeth. Oder sie hat ihm Grund zu der Annahme geliefert, sie könnte interessiert sein. Den Stand der Dinge kann ich nicht beurteilen. Als Robin sagte, er wolle auf der Feuervogel bleiben, muss das für Cermak wie eine gute Gelegenheit ausgesehen haben. Übrigens muss das, zumindest, soweit es Cermak betrifft, eine Entscheidung in letzter Sekunde gewesen sein. Und ich gehe davon aus, dass es sich genau so abgespielt hat. Hätte Cermak im Vorfeld davon gewusst, hätte er versucht, etwas mit Elizabeth zu vereinbaren.
Sie muss sich furchtbar erschrocken haben, als Cermak plötzlich auf Virginia Island aufgetaucht ist. Das Letzte, was sie auf dieser Welt brauchte, war ein Liebhaber für eine Nacht; noch viel weniger einer, der mit einem Gleiter auftauchte, den einige ihrer Freunde hätten erkennen können.
Vielleicht ist es zum Streit gekommen. Oder, und das halte ich für wahrscheinlicher, sie hat ihm gesagt, das wäre zu riskant. Vielleicht haben sie etwas für den folgenden Abend vereinbart, irgendwo, nur nicht auf der Insel. Und darum ist er heimgeflogen.
Später hat sie herausgefunden, dass Cermak tot war, und plötzlich musste sie eine Entscheidung treffen. Wir können davon ausgehen, dass sie ihren Ehemann nicht gerade leidenschaftlich geliebt hat. Sie kann ihm Hilfe schicken. Vermutlich hatte sie durchaus eine Vorstellung, wo er zu finden war. Vielleicht auch nicht. Jedenfalls beschließt sie stillzuhalten. Der Familienbesitz musste in ihre Hände fallen, und sie würde keinen Finger rühren müssen.
Dann, ein paar Tage später, erfährt sie, dass jemand Cermaks Gleiter vor ihrem Haus gesehen hat. Sie kann ihren Plan nicht mehr ändern, ohne sich selbst zu verraten, also beschließt sie, es mit Dreistigkeit zu versuchen. ›Mein Mann‹, erzählt sie der Polizei, ›hat das Haus in dieser Nacht nie betreten.‹ Und sie wüsste nicht, was aus ihm geworden sei.«
»Und«, sagte ich, »sie ist damit durchgekommen.«
Fünf Stunden und zweiundfünfzig Minuten nach dem ersten Kontakt saßen wir in der Belle-Marie und sahen zu, wie die Feuervogel verblasste. »Meiner Einschätzung nach«, sagte Alex, »ist sie ungefähr tausendmal rausgekommen.«
Ich hatte 1071 Eintritte in den normalen Raum errechnet.
»Wenn sie immer ungefähr sechs Stunden geblieben ist …«
»Dann ist an Bord nicht viel Zeit vergangen, solange sie abgetaucht war.«
»Vielleicht gar keine.« Er blickte hinaus zu den Sternen im Hintergrund. Blickte
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