Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
bekommen?«
Ich lächelte.
Moon sagte: »Vielleicht haben Sie von Akademikern ein anderes Bild, aber wir leisten tatsächlich Schwerstarbeit. Das war eine Dienstreise, und wir waren zumeist von neun bis fünf eingespannt.«
»Trey hatte also die Abende für sich«, sagte Milo.
»Ich bin sein Doktorvater, nicht sein Babysitter. Ich habe keine Ahnung, was er abends gemacht hat. Sie könnten es bei Juliet Harshberger versuchen. Sie und Trey scheinen was miteinander zu haben.«
»Haben Sie sich nicht mit ihr in Verbindung gesetzt?«
»Ich mische mich nicht in das Privatleben meiner Studenten ein, aber ich habe es gerade in Erwägung gezogen.«
»Wo finden wir Ms. Harshberger?«
»Höchstwahrscheinlich hier, Lieutenant.«
»In diesem Institut?«
»Hier auf dem Campus. Sie ist Doktorandin in Biologie.«
»Danke, Professor. Gibt es sonst noch etwas, das Sie uns über Trey mitteilen wollen?«
»Ich hatte ihn natürlich gern in meinem Labor«, sagte Moon. »Er ist klug, und er kann über den Tag hinaus denken. In meinem Fachgebiet dauert es oft jahre- oder sogar jahrzehntelang, bis ein Problem gelöst ist. Einige der klügsten Studenten lassen nach, wenn der Erfolg auf sich warten lässt.«
»Trey hingegen …«
»Kann den Kern eines Problems ebenso im Auge behalten wie das längerfristige Ziel.« Moon strich seinen Bart. »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass er in einen Mord verwickelt war?«
»Reine Routine«, sagte Milo. »Außerdem unterhalten wir uns gern mit klugen Leuten.«
Als wir außer Hörweite waren, sagte ich: »Es geht doch nichts über jemanden, der sorgfältig planen kann.«
»Ich habe gerade dasselbe gedacht.«
Im Büro des biologischen Instituts musterten zwei Studenten das Schwarze Brett, als wäre es ein Heiligtum.
An die Korktafel waren allerlei Kleinanzeigen gepinnt, dazu Geburtstagsgrüße an einen Professor, Angebote für Sommerstipendien im Ausland und ein Zeitungsausschnitt über die jüngsten Forschritte bei der Computersimulation der sensorischen Reizweiterleitung der Fruchtfliege.
Milo fragte die Empfangsdame, wo er Juliet Harshberger finden könnte.
»Sie ist heute nicht da.«
»Haben Sie irgendeine Ahnung, wo ich sie finden könnte?«
»Nein, bedaure.«
»Versuchen Sie’s in ihrer Wohnung«, sagte einer der Studenten, ohne den Blick vom Aushang abzuwenden. Er war groß, dunkelhäutig, hatte zottelige Haare, eine schlechte Haltung und kicherte. »Es dürfte ein mit hoher Wahrscheinlichkeit von Erfolg gekröntes Unterfangen sein, weil sie dort öfter ist als hier. Verdammt, vielleicht hat sie dort sogar ein eigenes Labor und muss deshalb nie herkommen.«
Sein stämmiger Begleiter, der eine Brille trug und unrasiert war, zog eine Augenbraue hoch.
Die Empfangsdame runzelte die Stirn. »Brian, kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«
»Nein, Nadine«, sagte der Zottelige. »Ich nutze nur eine meiner seltenen freien Minuten dazu, um nach einer potenziell interessanten Möglichkeit zu suchen, wie ich den Juli so verbringen kann, dass jemand anderes es finanziert.« Er wandte sich an uns. »In meiner Wohnung, die fünf Zimmer weniger hat als so manch andere, fällt mir nämlich langsamdie Decke auf den Kopf.«
»Das Leben ist hart, aber ungerecht«, sagte der andere Student.
Die Empfangsdame wandte sich an uns. »Sonst noch etwas?«
»Juliet Harshbergers Adresse bitte«, sagte Milo.
»Bedaure, die dürfen wir nicht rausgeben.«
Brian kicherte und rasselte den Straßennamen und eine dreistellige Hausnummer herunter.
Aus purer Boshaftigkeit hilfsbereit, aber es war unnötig. Harshberger war das Mädchen, das mit Franck auf der Veranda geknutscht hatte.
»Brian!«, rief Nadine.
Brian schlug sich auf den Mund. »Ups, ich Dummerchen. Das ist mir nur so rausgerutscht, weil meine Frontallappen von den langen Nächten blockiert sind, in denen ich tatsächlich gearbeitet habe.«
»Das war absolut unangemessen«, sagte die Empfangsdame.
»Das gilt auch für eine gewisse Doktorandin, die locker durchs Studium kommt, eine komfortable Sechszimmerwohnung und keine weiteren Verpflichtungen hat, als bei Seminaren aufzukreuzen, während sich alle anderen als Forschungs- und Lehrassistenten verdingen und hirnzersetzenden Mist machen müssen.«
Nadine errötete. »Brian, bitte …«
Er stapfte hinaus und murmelte: »Ja, ja, das Leben ist kein Zuckerschlecken, wer hätte das gedacht.« Sein Freund schaute uns an, zuckte die Achseln und folgte ihm.
»Hat wohl nicht
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