Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
Sinnlosigkeit. Die Prüfung ist ein Witz, man kann sie wirklich bestehen, wenn man einigermaßen aufpasst.«
»Jedenfalls wenn man so schlau ist wie Trey.«
»Meine Eltern haben mir ab der neunten Klasse Nachhilfelehrer aufgedrückt, allesamt Stümper. Mir war klar, dass ich für die Prüfungen besonders viel lernen musste, und ich habe im Leistungskurs Bio siebenhundertneunzig Punkte bekommen, im Leistungskurs Chemie siebenhundertvierzig und bei der Collegeaufnahmeprüfung tausendvierhundertneunzig – von tausendsechshundert möglichen Punkten.«
»Imposant.«
»Finden Sie?« Ihr Lächeln war verstörend. »Mein Bruder hat jede Nachhilfe verweigert und tausendfünfhundertzwanzig geschafft.«
»Trey war ein tausendsechshunderter-Mann«, sagte ich.
»Natürlich.«
»Wie viel hat Elise Freeman ihm bezahlt?«
»Keine Ahnung – ach, was soll’s, sie hat ihm fünftausend pro Einsatz gezahlt. Sie hat mehr genommen, obwohl er die ganze Arbeit gemacht hat.«
»Wie viel mehr?«
»Das hat sie nie gesagt, deshalb nahm er an, dass es eine ganze Menge war … Hoffentlich geht es ihm gut.« Sie schnappte sich die Katze und streichelte sie so heftig, dass sie ein erschrockenes Miauen von sich gab. »Omarine, du bist so warm … Versprechen Sie mir, dass Sie ihm helfen, wenn Sie ihn finden?«
»Natürlich«, sagte Milo.
»Dann sage ich’s Ihnen: Er hatte keine Angst vor ihr. Er läuft vor ein paar Kids davon.«
»Kids, für die er die Prüfung abgelegt hat?«
»Er ist davon überzeugt, dass sie sie umgebracht haben, um ihre Spuren zu verwischen.«
»Warum?«
»Er hat nur gesagt, das wären total gestörte Kids.«
»Wie heißen sie, Julie?«
»Das hat er mir nicht verraten! Ich wünschte, er hätte es getan, dann könnte ich’s Ihnen sagen! Ich habe ihn angefleht: ›Lass uns zur Polizei gehen, mein Vater hat Beziehungen, ich kann dafür sorgen, dass sie ihre Arbeit machen!‹ Er hat gesagt: ›Je weniger du weißt, Julie, desto besser.‹ Und jetzt ist er weg!« Die Katze sprang von ihrem Schoß, rollte sich in der hintersten Ecke ein und stellte sich schlafend.
»Hat er Ihnen überhaupt irgendetwas Näheres mitgeteilt, Julie?«, fragte Milo.
»Es waren reiche Kids«, sagte sie, als handle es sich um eine Krankheit. »Wen wundert’s.«
»Gibt es einen bestimmten Ort, an den Trey geht, wenn er in Ruhe nachdenken will?«, fragte ich.
»Er kommt hierher. Ich nehme ihn in die Arme, wir hören Musik und entspannen uns.«
»Hat er jemals den Namen Martin Mendoza erwähnt?«
»Nein. Wer ist das?«
»Jemand, über den Trey gesprochen hat, als wir bei ihm waren.«
»Der Name ist nie gefallen. Er hat überhaupt keine Namen genannt, weil er mich schützen wollte.« Sie legte die kleine Hand auf ihren flachen Bauch. »Mir ist übel, ich werde mich nie und nimmer auf meine Forschungsarbeit konzentrieren können.«
»Was für ein Thema haben Sie?«
»Weiß ich noch nicht, ich suche noch nach einem.«
31
Wir schauten ein zweites Mal bei Trey Francks Unterkunft vorbei und machten den Hausverwalter ausfindig, der im obersten Stockwerk wohnte. Der Hüter des Schmuddelbaus war ein vierzigjähriger Student namens Mario Scuzetti, der Francks Bude anstandslos aufschloss.
»Ein zweifelhafter Mieter?«, fragte ich.
»Wir hatten schon bessere«, erwiderte Scuzetti. »Jedenfalls, was die pünktliche Mietzahlung angeht.«
Er blieb draußen stehen, während Milo sich im Zimmer umsah. Milo ging ins Bad, schloss die Tür und kam kurz darauf wieder heraus. »Nicht da, und auch sonst nichts Ungewöhnliches, danke.«
»Wenn Sie ihn finden«, sagte Scuzetti, »dann richten Sie ihm aus, dass er die Kohle für letzten Monat endlich rausrücken soll.«
Im Auto zog Milo ein in Toilettenpapier gewickeltes Bündel aus seiner Tasche. »Hat seine Zahnbürste, die Zahnpasta und die Haarbürste zurückgelassen, was für jemanden, der alles so genau plant, ziemlich ungewöhnlich ist.«
»Vermutlich hat er nicht an einen DNA-Test gedacht«, sagte ich. »Kümmert es dich gar nicht, dass du keinen Durchsuchungsbefehl hast?«
»Was hab ich denn durchsucht? Ich war drin, weil ich mir Sorgen um den armen Jungen gemacht habe. Wegen dem, was Julie gesagt hat, und weil jeder, der etwas mit dem Prüfungsbetrug zu tun hatte, eines unnatürlichen Todes gestorben ist. Dann habe ich dieses Zeug offen rumliegen sehen und dachte, es könnte uns helfen, Mr. Franck zu finden. Es ist alles nur zu seinem Besten.«
Er ließ den Motor an.
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