Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
genannt.«
»Sie lieben wohl Ihre Stadt?«
»Das steht für Lieber Albert. Meine Tante, die mich großgezogen hat, hat mich immer so genannt. Sie war eine anständige Frau, die mir bestimmt ein Frühstück gönnen würde – ich frühstücke zu jeder Tageszeit, Officer.«
»Helfen Sie mir weiter, L.A., dann gibt’s ein reichhaltiges Frühstück. Wann haben Sie diese beiden Mädchen zum letzten Mal gesehen?«
»Zum letzten Mal … Ich glaube, das war vorgestern Abend, genau, vorgestern, nicht gestern. Gestern Abend war der Wettbewerb, wer Ebenholzprinzessin wird, da waren nur schwarze Mädels da. Aber jede Menge weiße Typen als Zuschauer.«
»Sind Sie sich sicher, dass es vorgestern Abend war oder raten Sie nur?«
»Ich bin mir sicher, Officer.«
Milo gab ihm einen Zwanziger.
Der Mann starrte auf den Schein. »Ich glaube, dafür kann ich zweimal frühstücken.«
»Wer hat denn was von zweimal gesagt?«
»Meine Tante hat großen Wert auf eine ausgewogene Ernährung gelegt.«
»Haben Sie die Mädchen öfter mit den gleichen Gästen gesehen?«
»Nein, Sir«, sagte der Mann. »Sie blieben unter sich, haben immer gelacht, wissen Sie?«
»Was soll ich wissen?«
»Ich hatte das Gefühl, dass zwischen denen was lief.« Er zwinkerte dreimal rasch hintereinander, so dass sich seine andere Gesichtshälfte zusammenzog wie eine Seeanemone bei Gefahr. »Ich frag mich bloß, welche gibt und welche nimmt.«
Der Zwanziger lag noch immer in seiner ausgestreckten Hand. Sie war schmutzig, aber als er sie über dem Geldschein schloss, zeigte er seine ordentlich geschnittenen Nägel. Sieh an.
»Wenn ich noch einen Zwanziger hätte, könnte ich drei- oder viermal frühstücken, Officer.«
Milo legte noch einen Zehner drauf.
»Mit einem Zwanziger käme ich zwar weiter, aber trotzdem danke, Officer.«
»Wenn Sie mich angelogen haben, gehen wir ein viergängiges Menü essen, und Sie übernehmen die Rechnung, L.A.«
»Holla.« Er lachte. »Dafür ginge ja meine ganze Rente drauf.«
Als wir durch den Geschäftsbezirk in Downtown krochen und zur Sixth Street kamen, sagte Milo: »Ich schau noch mal vorbei, wenn der Laden öffnet. Muss nur noch eine gute Stelle zum Beobachten finden.«
»Lass uns Goldkettchen kaufen und als Gentlemen hingehen.«
»Ein Acrylhemd hab ich bereits – bei dem ganzen Gerede übers Frühstücken musste ich an Paul Revere denken.«
»Für eine mitternächtliche Schlemmertour ist es noch ein bisschen zu früh, Großer.«
»Mir wäre da nach Surf and Turf. Zum Beispiel nach einem T-Bone-Steak mit Langusten in diesem Laden an der Achten.«
»Ich will doch nicht, dass man an meinem Patriotismus zweifelt«, erwiderte ich.
Wir waren kurz vor dem Steakhaus, als Sean Binchy anrief.
»Ich habe Bri und Selma, Lieutenant. Genau vor dem Haus des Vaters. Ich hatte kaum den Motor abgestellt, als sie aufgekreuzt sind.«
Er sagte ihre Namen, als handelte es sich bei den zwei Stripperinnen um gute Bekannte. Sean blickt positiv auf die Welt, und diese Einstellung lässt er sich auch dadurch nicht nehmen, dass er tagtäglich mit Verbrechen konfrontiert wird.
»Nehmen Sie sie in Gewahrsam«, sagte Milo.
»Schon geschehen. Wir sind in zwanzig Minuten im Revier. Die haben interessante Geschichten zu erzählen, Lieutenant.«
»Über die Morde?«
»Nein, nichts dergleichen. Die denken bloß daran, religiös zu werden und aus der Szene auszusteigen.«
»Sagen Sie ihnen, sie sollen mit der Bußfertigkeit noch ein bisschen warten, Sean. Ich brauche sie im Stand der Sünde.«
33
Brianna Blevins und Selma Arredondo trugen weiße Tanktops, die so kurz waren, dass ihr straffer Bauch entblößt war, hautenge Jeans, hinten offene Sandalen mit hohen Absätzen, übergroße Kreolen und vergoldete Armreifen am rechten Handgelenk.
Beide Mädchen hatten Piercings in den Augenbrauen und der Zunge und zahlreiche Löcher in den Ohren. Selma trug einen Brillanten zwischen dem kecken Mund und dem niedlichen Kinn.
Brianna hatte zahlreiche Tattoos, soweit sie zu sehen waren – Rosen mit Dornen am linken Unterarm, einen Stacheldrahtring um den Bizeps, ein weibliches Teufelsgesicht in der Halsbeuge, Love in Frakturschrift quer über dem Schlüsselbein und Devotion auf der Schulter.
Um Selmas Hals war ein Halsband aus gelben Brillanten und roten Kettengliedern tätowiert, an dem eine birnenförmige Perle »hing«, ein Meisterwerk der Illusion. An beiden Armen hatte sie drei Sklavenketten. Chinesische Buchstaben
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