Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
Abwehrmechanismus, der aber weniger Schaden anrichtet als andere.«
»Was hat man Ihnen in Bezug auf dieses Treffen gesagt?«
»Dr. Helfgotts Sekretärin hat mir mitgeteilt, dass Elise Freeman tot sei und die Polizei mit ein paar Lehrern sprechen wolle.«
»Wie gut haben Sie Elise gekannt?«
»Überhaupt nicht gut.«
»Man hat uns gegenüber angedeutet, dass Sie und Elise Freeman eine Affäre hatten.«
»Eine Affäre? Wie albern.«
»Da ist nichts dran?«
»Mit albern meine ich das Wort. Affäre . Als ob offizielle Einladungen gedruckt worden wären. Wir haben miteinander geschlafen.« Hauer schüttelte den Kopf. »Bin ich deswegen hier? Weil ich Sex mit ihr hatte?«
»Weil Sie mit einer Toten geschlafen haben.«
Hauer lachte. »Ich bin doch nicht nekrophil.«
»Ich muss mich korrigieren«, sagte Milo. »Mit einer Frau, die tot aufgefunden wurde.«
»Nun, das bedaure ich sehr, aber folgendermaßen sieht es aus: Elise und ich haben häufig miteinander geschlafen, aus purer Geilheit. Sie als Männer halten das doch sicher nicht für abwegig. Bei einer Frau kann ich mir vorstellen, dass sie etwas dagegen einzuwenden hätte. Die Vermengung von Gefühl und Körperlichkeit. Aber wir ticken anders, nicht wahr?«
»Sie unterrichten Psychologie?«
»Mit Leidenschaft«, sagte Rico Hauer. »Eines Tages mache ich vielleicht noch meinen Doktor.«
»Was für andere Kurse bieten Sie an?«
»Soziale Gerechtigkeit. Das ist ein Kurs über zwei Semester, der das ganze neunzehnte und zwanzigste Jahrhundert umfasst. Außerdem leite ich einen Leistungskurs über Urbanistik und einen Superleistungskurs über Armut und soziale Anpassung.«
»Superleistungskurs?«
Hauer zwinkerte. »Kids, die richtig motiviert sind, werden mit einer zusätzlichen Aufgabe und langen Hausarbeiten belohnt.«
»Klingt, als ob Sie schwer beschäftigt wären«, sagte Milo.
»Wer seine Arbeit liebt, ist nie beschäftigt, sondern nur engagiert.«
»Ach. Gilt das auch für den Sex mit Elise?«
»O ja, Lieutenant. Wir waren beide sehr engagiert – voller Hingabe sogar.«
»Wie oft haben Sie und Elise sich einander hingegeben?«
»So oft wir konnten – nein, verzeihen Sie, das war etwas flapsig, weil mich das hier wirklich nervt.«
»Dass Sie hier sind.«
»Dass ich hier bin und über Elises Tod sprechen muss. Der, wie ich vermute, unangenehm und unnatürlich war, ansonsten wäre ich nicht hier. Verzeihen Sie die Teleologie – den Zirkelschluss.«
Milo reichte ihm seine Karte.
»Ich hoffe doch, sie hat nicht gelitten«, sagte Hauer. »Elise wollte nicht leiden.«
»Hat sie Ihnen das erzählt?«
»O ja, ausdrücklich. ›Ich stehe nicht auf Schmerz, Rico‹.«
»Wie kamen Sie auf das Thema zu sprechen, Mr. Hauer?«
Hauer schlug die Beine übereinander. Die weißen Seidensocken, die er zu der schwarzen Hose trug, waren so dünn, dass die kastanienbraunen Knöchel durchschimmerten. »Sie nehmen vermutlich an, dass es sich um eine Paraphilie handelte – Schmerz im Zusammenhang mit Sexualität. Aber dem war nicht so, Lieutenant, das Gespräch fand postkoital statt. Elise hat das Gleiche getan wie viele andere Frauen in dieser Situation. Sie hat über sich selbst gesprochen.« Er grinste verschwörerisch.
Milo blieb ungerührt. Hauer wandte sich an mich, als wollte er um Verständnis heischen. Ich tat so, als wäre ich ein Schalterbeamter bei der Verkehrszulassungsstelle.
»Ich will damit sagen, dass Elise über ihre Kindheit sprach. Eine sehr unangenehme Kindheit, wie sich herausstellte.«
»Inwiefern, Mr. Hauer?«
»Ein Vater, der ihr seine Liebe verweigerte. Meiner Ansicht nach wurde Elise dadurch anlehnungsbedürftig und verletzlich. In dieser speziellen Nacht erklärte sie, dass sie vor trostlosen familiären Zuständen geflohen sei und so etwas nicht noch einmal erleben wolle. Deshalb dieses ›Ich stehe nicht auf Schmerz, Rico‹. Meiner Meinung nach klang das wie ein banges Dementi – ein Versuch, sich einzureden, dass sie stark sei. Andererseits wäre es ein positiver Schritt, wenn sie nicht will, dass sich so etwas wiederholt, deshalb habe ich ihr nicht widersprochen.«
Hauer wurde ernst. »Sie hat sich nach Zärtlichkeit gesehnt. Ich würde sogar sagen, das entsprach ihrer ganzheitlichen Vorstellung von Sexualität. Deswegen finde ich es so erschütternd, dass ihr jemand etwas zuleide getan hat. War es brutal?«
»Die näheren Einzelheiten wollen wir vorerst für uns behalten.«
»Ja«, sagte Hauer. »Das
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