Alex Rider 08: Crocodile Tears
wissen.
»Sobald wir zurück sind, spreche ich mit dem RAW. Sein Agent meldet sich allerdings nicht mehr. Niemand weiß, was in Kenia passiert.« Sie bogen auf die Straße zum Trafalgar Square ein. »Sieht so aus, als sei Alex Rider mal wieder auf sich allein angewiesen.«
» W o habt ihr das gefunden?«
Desmond McCain saß an dem Klapptisch, der ihm in seinem Zelt im Simba River Camp als Schreibtisch diente. Es ähnelte dem, in dem Alex gefangen gehalten worden war, nur stand kein Bett darin und an den Wänden hingen Fotos der Bürogebäude, die McCain früher einmal im Londoner East End gebaut hatte. Es war schwül und drückend heiß, obwohl der Ventilator sich mit Höchstgeschwindigkeit drehte. Auf McCains Glatze und Gesicht standen Schweißperlen und die Schultern seiner Jacke hatten dunkle Flecken.
Er betrachtete einen ledernen Schuh, den er gut kannte. Zuletzt hatte er ihn am Fuß von Myra Bennett gesehen. Daran hatte sich auch nichts geändert. Der Fuß, der unmittelbar über dem Knöchel abgebissen worden war, steckte noch drin.
»Am Ufer, Sir.«
Njenga stand mit gespreizten Beinen und auf dem Rücken verschränkten Armen vor ihm. Er war der Anführer der zwölfköpfigen Gruppe, die für McCain arbeitete. Im Unterschied zu den anderen Männern war er in Nairobi zur Schule gegangen und sprach fließend Englisch.
McCain warf einen letzten Blick auf das, was von seiner Verlobten übrig geblieben war. Eine Träne stahl sich aus seinem Auge und lief die Wange hinunter. Er wischte sie mit dem Handrücken weg.
Auf dem Tisch lag außerdem noch ein Stofffetzen, der von Alex’ Hemd stammte. McCain betrachtete ihn. »Und das?«
»Lag daneben.«
»Am Ufer?«
»Ja, Sir.«
McCain bewegte den Fetzen in seinen Pranken hin und her und zog mit den Fingern daran. Nachdem Myra vor über zwei Stunden nicht zurückgekehrt war, hatte er seine Leute auf die Suche geschickt. Mit diesen Funden waren sie zurückgekehrt. Was war geschehen? Als er gegangen war, hatte sie auf der Plattform gestanden und darauf gewartet, dass den Jungen die Kraft verließ. Sein Ende war unausweichlich gewesen. Er hatte Myra auf der Plattform unmöglich erreichen können – geschweige denn fliehen. Alles war sorgfältig geplant gewesen. Und doch war etwas schiefgegange n …
»An dem Stoff klebt kein Blut«, sagte er. »Der Junge hat uns reingelegt. Er ist uns entwischt.«
Njenga schwieg. McCain schätzte es, wenn seine Untergebenen sich beim Reden auf das Wesentliche beschränkten.
»Er kann noch nicht weit gekommen sein, auch wenn er einen Vorsprung hat. Wo sollte er auch hin? Den Fluss hat er wahrscheinlich nicht überquert, weil er nicht weiß, was da noch so alles herumschwimmt. Es kann also nicht schwer sein, ihn zu finden.« McCain hatte eine Entscheidung getroffen. »Rufe deine Männer zusammen und verfolge ihn. Wenn ihr könnt, bringt ihn mir lebend. Es würde mir ein Vergnügen bereiten, ihm selbst den Garaus zu machen. Aber wenn ihr ihn lebend nicht zu fassen kriegt, tötet ihn und bringt mir seinen Kopf. Verstanden? Diesmal will ich auf Nummer sicher gehen.«
»Ja, Sir.« Njenga schien keinerlei Skrupel zu haben, ein Kind zu töten und zu köpfen. Für ihn zählte nur das Geld, das er am Monatsende erhielt.
»Dann geh! Und komm erst wieder, wenn der Auftrag ausgeführt ist.«
Wenig später brachen die zwölf Männer auf. Sie waren mit Speeren, Messern und Macheten bewaffnet, die Hälfte außerdem noch mit Gewehren. Njenga selbst besaß eine in Deutschland gefertigte Sauer 202, ein Jagdgewehr mit einem Conquest-Zielfernrohr von Zeiss. Er konnte damit einer Antilope aus zweihundert Metern Entfernung das Auge ausschießen.
Am Fluss stießen sie auf zwei Spuren. Die erste führte in den Busch und wieder zurück. Die zweite und sehr viel deutlichere führte nach Norden. Ihr folgten sie. Alex Rider hatte einen Vorsprung, aber sie waren Kikuyu und größer, schneller und stärker als er. Und sie kannten das Gelände.
Sie verfielen in einen gleichmäßigen Trab. Geduckt glitten sie durch das Unterholz. Bestimmt hatten sie den Jungen bald eingeholt.
Der Staudamm
D ie Vögel, die in der Krone des Kampferbaums hockten, waren eindeutig Geier. Ihre Gestalt war unverkennbar: die langen Hälse und kahlen Köpfe. Geduckt und bewegungslos saßen sie da. Sie waren zu zehnt. Schwarz hoben sich ihre Silhouetten vom Nachmittagshimmel ab. Alex fragte sich unwillkürlich, ob sie auf ihn warteten. Einiges sprach dafür.
Er wusste nicht, wie
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