Alex Rider 08: Crocodile Tears
als McCain, hatte abstehende silbergraue Haare und wirkte nervös.
Auch Bulman hatte sich in Schale geworfen und war in Anzug und Krawatte gekommen. Die Aktentasche mit den Aufzeichnungen lehnte an seinen Füßen. Doch etwas hatte sich seit seiner Begegnung mit Alex verändert. An die Stelle des unerschütterlichen Selbstbewusstseins war ein dumpfer Groll getreten. Man merkte sofort, dass diesem Mann eine schwere Kränkung widerfahren war. Er sprach langsam und abwägend und der Hass in seiner Stimme war unverkennbar. Sogar die Art, wie er den Kaugummi kaute, hatte etwas Mechanisches. Genauso gut hätte er auf Papier herumbeißen können.
Nach seiner Entlassung durch die Polizei war er nach Hause zurückgekehrt. Er hatte eine Flasche Whisky geöffnet, die Hälfte getrunken und die Wand angestarrt. Er stand unter Schock. Sein ganzes bisheriges Leben hatte sich innerhalb weniger Stunden aufgelöst. Und das Schlimmste war, der Albtraum konnte jederzeit wiederkehren. Dieser Crawley hatte das unmissverständlich klargemacht. Die brauchten nur mit dem Finger zu schnippen und er würde spurlos verschwinden und den Rest seiner Tage in einer psychiatrischen Klinik dahinvegetieren. Wahrscheinlich wurde er auch jetzt, während er hier saß, beobachtet. Er überlegte, ob der Container verwanzt war. Ziemlich sicher. Zum ersten Mal in seinem Leben stellte er fest, dass er vollkommen machtlos war, wenn das System – die Gesellschaft, die Behörden, was auch immer – sich gegen ihn stellte. Man hatte ihn gewarnt und zu Tode erschreckt.
Er mochte vieles sein, aber dumm war er nicht. Er wusste, dass es keinen Bericht über Alex Rider geben würde, keine Schlagzeilen auf den Titelseiten und keinen Buchvertrag. Selbst wenn er die Geschichte niederschrieb, würde kein Verleger in der ganzen Stadt sie publizieren. Und das Internet? Er hatte Alex angelogen, denn es war sinnlos, die Story ins Netz zu stellen. Das würde ihm nichts bringen, höchstens den Tod.
Am meisten wurmte ihn nicht Crawley und auch nicht der MI6, sondern dass ein vierzehnjähriger Junge ihn besiegt hatte. M r Alex Rider. Bestimmt lachte der Bengel sich jetzt ins Fäustchen.
Bulman hatte weitergetrunken, aber der Whisky schmeckte schal. Nicht einmal betrinken konnte er sich. Er fühlte sich vollkommen leer und ausgebrannt. Einige Tage später hatte das Telefon geklingelt. Eine Kontaktperson hatte angerufen, derselbe Exsoldat, der ihn überhaupt erst auf die Story des Teenager-Agenten aufmerksam gemacht hatte. Als Bulman die Stimme erkannt hatte, war er versucht gewesen, gleich wieder aufzulegen. Zum Glück sprach der Mann nicht von Alex Rider. Er sagte nur, er habe etwas Interessantes für Bulman und ob sie sich am üblichen Ort treffen könnten.
Der übliche Ort war das Pub Crown in der Fleet Street. Bulman hatte in seiner Militärzeit gelernt, wie man sich vor Verfolgern schützte. Und diese Methoden wandte er auf dem Weg zum Treffpunkt an. Erst als sie zu einem zweiten Pub auf der anderen Seite des Flusses wechselten, sagte er ein Wort. In diesem Pub wählte er das Hinterzimmer, in dem außer ihnen niemand saß. Abschließend hatte er noch die Musik laut gestellt.
Dann hatte er erfahren, dass jemand Fragen über Alex Rider stellte und bereit war, für Informationen gutes Geld zu zahlen. Die Abwicklung erfolgte äußerst diskret. Der Freund wusste nicht einmal, wer der Auftraggeber war – doch die angebotene Summe hatte viele Nullen und für den Fall, dass Bulman interessiert war, hatte der Freund eine Telefonnummer.
Bulman brauchte einen ganzen Tag, um zu einer Entscheidung zu gelangen. Sein Gefühl sagte ihm, dass Alex Rider einen Feind hatte und der große Aufwand nicht für eine Geburtstagsüberraschung betrieben wurde. Sich zu melden war allerdings riskant. Vielleicht ging er in eine Falle. Doch zwei Gedanken ließen ihn nicht mehr los. Der erste galt dem Geld, das er brauchte, der zweite der Aussicht, Alex ernsthaft schaden zu können. Schließlich wählte er die Nummer.
Man hatte ihn von einer unbekannten Stimme zur nächsten weitergeleitet. Drei verschiedene Personen hatten ihm Fragen gestellt, erst dann war er hierhergebeten worden. Bestimmt hatte man seine Vergangenheit und seine Lebensverhältnisse durchleuchtet. Dass der Fremde mit äußerster Diskretion vorging, beruhigte ihn. Wer immer hinter der Anfrage stand, fürchtete die Entdeckung genauso wie Bulman. Je vorsichtiger der Unbekannte zu Werk ging, desto sicherer fühlte Bulman
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