Alex Rider 4/Eagle Strike
wurde ihm klar, welche gewaltige Summe die Präsentation des Gameslayer gekostet haben musste. Hunderte Menschen strömten auf den Parkeingang zu, stiegen aus Taxis oder Limousinen und ließen sich von der riesigen Menschenmenge, die jeden Quadratzentimeter Gras niederzutrampeln schien, weitertreiben. An jeder Ecke waren Polizisten zu Fuß oder zu Pferd stationiert, gaben Auskünfte oder versuchten, die Schlangen vor den Eingängen zu ordnen. Alex staunte, wie ruhig die Pferde in diesem Chaos blieben.
Und dann sah er vor sich den Game Dom e – er wirkte wie ein fantastisches Raumschiff, das mitten auf dem See im Hydepark gelandet war. Das Gebäude schien auf dem Wasser zu treiben, eine große schwarze Hülse, umgeben von einem glänzenden Aluminiumrahmen, dessen silberne Streben ein erstaunliches Muster bildeten. Blendend helle blaue und rote Scheinwerfer drehten sich oder zuckten wild hin und her. Eine einzige Metallbrücke erstreckte sich vom Ufer bis zum Eingang, aber davor standen mehr als ein Dutzend Sicherheitskräfte, die den Weg blockierten. Niemand durfte ohne Eintrittskarte über das Wasser. Und einen anderen Weg in den Dome gab es nicht.
Aus versteckten Lautsprechern plärrte Musik: Cray mit dem Hit White Lines aus seinem aktuellen Album. Alex ging zum Ufer. Er hörte aufgeregtes Stimmengewirr und selbst im diesigen Nachmittagslicht wurde er von einem plötzlich einsetzenden Blitzlichtgewitter fast geblendet. Der Bürgermeister von London war gerade angekommen und winkte breit lächelnd der Reportermeute z u – mindestens hundert Journalisten, die sich in einem eigens für sie abgesperrten Bereich drängelten. Als Alex die Menge der Gäste genauer betrachtete, die auf den Game Dome zuströmten, stellte er fest, dass er nicht wenige Gesichter wiedererkannte: Schauspieler, Fernsehmoderatoren, Models, DJs, Politike r … Und alle wedelten mit ihren Eintrittskarten und reihten sich in die Schlangen ein. Das hier war nicht einfach nur die erste Präsentation eines neuen Computerspiels. Es war die exklusivste Party, die London je erlebt hatte.
Alex hatte nicht die Absicht, diese Party zu versäumen.
Er ignorierte einen Polizisten, der ihn zurückweisen wollte, und ging auf die Brücke zu, wobei er so selbstbewusst wie möglich auftrat, als gehörte er zu den eingeladenen Gästen. Jack stand ein paar Schritte von ihm entfernt. Er nickte ihr zu.
Alex beherrschte die Grundfertigkeiten des Taschendiebstahls. Natürlich niemand anders als Ian Rider hatte sie ihm vor einigen Jahren beigebracht. Für Alex war es damals nur ein Spiel gewesen, das er kurz nach seinem zehnten Geburtstag erlernt hatte, als er mit seinem Onkel in Prag war. Sie hatten sich zufällig über Oliver Twist unterhalten, der beim Meistertaschendieb Artful Dodger in die Lehre ging, und sein Onkel hatte ihm bei dieser Gelegenheit die wichtigsten Diebstahlstechniken erklärt und ihm sogar an einem ahnungslosen Touristen eine kleine Demonstration geboten. Erst viel später hatte Alex entdeckt, dass auch das nur ein weiterer Teil seiner Ausbildung gewesen war. Sein Onkel Ian Rider hatte ihn immer insgeheim in etwas verwandeln wollen, das Alex gar nicht werden wollte.
Aber wie so oft erwies es sich auch diesmal als sehr nützlich, was er dabei gelernt hatte.
Alex war fast bei der Brücke angelangt und nicht mehr weit von den muskelbepackten Männern in der Uniform des Sicherheitsdienstes entfernt, die die Eintrittskarten kontrollierte n – silberne Karten mit dem schwarzen Logo des Gameslayer. Die schmale Brücke wirkte wie ein Flaschenhals: Das Gedränge nahm hier enorm zu, denn die Gäste konnten nur einzeln nacheinander über die Brücke gelangen. Alex blickte sich noch einmal kurz zu Jack um. Sie nickte ihm zu.
Dann blieb er plötzlich stehen.
»Jemand hat meine Karte gestohlen!«, schrie er.
Trotz der wummernden Musik war seine Stimme laut genug, um von den Umstehenden gehört zu werden. Es war nichts weiter als ein klassischer Taschendiebtrick. Alex’ Problem interessierte niemanden, aber alle bekamen eine Heidenangst um ihre eigenen Eintrittskarten. Ein Mann knöpfte nervös die Jacke auf und blickte in eine seiner Innentaschen. Neben ihm warf eine Frau kurz einen aufgeregten Blick in ihre Handtasche. Mehrere Leute nahmen ihre Karten heraus und behielten sie fest in der Hand. Ein dicker bärtiger Mann griff nach hinten und tastete auf der Gesäßtasche seiner Jeans nach der Karte. Alex’ Plan hatte funktioniert: Er wusste jetzt, wo
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