Alex Rider 7: Snakehead
nächtliches Vorhaben. Häufig als Truppentransporter benutzt, hatte er eine breite Ladeklappe, die ideal für Fallschirmsprünge war.
Er würde sie mit einer Geschwindigkeit von zweihundertachtzig Kilometern die Stunde zu ihrem Ziel bringen. Die maximale Flughöhe war achteinhalbtausend Fuß; das hieß, der Fallschirm musste kurz nach dem Sprung geöffnet werden.
Anscheinend hatte Ben seine Gedanken gelesen. »Dein Fallschirm öffnet sich automatisch«, sagte er. Demnach brauchte Alex nicht an der Reißleine zu ziehen. Eine Sorge weniger.
Alex nickte. Plötzlich war sein Mund so trocken, dass er nicht mehr sprechen konnte.
Sie stiegen hinten ein. Im Dschungel war Alex durch eine Tür unmittelbar hinter dem Cockpit eingestiegen, aber jetzt stand das gesamte Heck des Hubschraubers offen, sodass sogar ein Jeep dort hätte hineinfahren können. Pilot und Kopilot hatten bereits ihre Plätze eingenommen. Ein Flugingenieur kontrollierte ein 7,62-Millimeter-M60-Maschinengewehr, das irgend wann im Lauf des Tages an Bord installiert worden sein musste. Alex hoffte, sie würden es nicht brauchen.
Die zwölf nahmen ihre Plätze auf den zwei langen, einander gegenüberstehenden Sitzreihen im Rumpf ein. Die Sitze waren aus Metall und mit Leinwand bezogen und erinnerten Alex ein wenig an Esszimmerstühle. In den Chinook passen bis zu dreiunddreißig Mann, und so hatten sie jetzt immerhin reichlich Platz. Alex saß neben Ben. Natürlich gingen alle davon aus, dass sie zusammenbleiben würden – aber wie sie das bei einem Absprung in dunkler Nacht schaffen sollten, hatten sie noch nicht besprochen. Scooter beugte sich vor und hakteAlex’ Reißleine an eine Laufstange, die von der Heckklappe bis zum Cockpit ging. Der Pilot drückte auf einen Knopf und die Klappe schloss sich langsam. Ein rotes Lämpchen ging an, der Helikopter ruckte hoch und Sekunden später flogen sie los.
Es war dunkel und durch die ohnehin ziemlich kleinen Fenster war nichts zu sehen. Alex konnte ihre Flughöhe nur aus dem Gefühl in seinem Magen und dem Druck in seinen Ohren abschätzen. Die Soldaten schwiegen, einige kontrollierten ihre Waffen – Maschinengewehre, Pistolen mit Schalldämpfer und alle mög lichen martialisch aussehenden Kampfmesser. Ben Daniels war eingenickt. Alex nahm an, dass er viel Übung darin hatte, in jeder Situation zu schlafen und so seine Kraftreserven zu schonen.
Aber Alex konnte nicht schlafen. Er saß mit Soldaten der aus tralischen Spezialeinheit in einem Hubschrauber mit dem Auftrag, eine Ölbohrinsel anzugreifen und eine Bombe zu entschärfen, bevor sie einen Tsunami auslösen konnte. Und wie üblich war er der Einzige, dem man keine Waffe gegeben hatte. Wie war er nur in das alles hineingeraten? Er dachte daran, wie er mit Jack durch die Rocks in Sydney spaziert war. Das schien eine Ewigkeit her zu sein. Wie hatte es nur so weit kommen können?
Der Hubschrauber dröhnte durch die Nacht. Die Timorsee unter ihnen lag schwarz und still. Sie näherten sich dem indonesischen Luftraum.
D ie Lampe wurde orange.
Langsam senkte sich die Heckklappe des Hubschraubers nach unten und ließ das schwarze Rauschen der Nacht herein.Es stand zwar kein Mond am Himmel, aber das Meer schien in seinem eigenen Licht zu leuchten – tief unten sah Alex es glitzern.
An den Fallschirmsprung hatte er bis jetzt noch gar nicht gedacht, aber als es nun so weit war, krampfte sich sein Magen zusammen.
Die schlichte Wahrheit war die, dass er keineswegs der Typ des Draufgängers war, der erpicht darauf war, sich in achttausend Fuß Höhe aus einem Hubschrauber in die Finsternis zu stürzen. Er hätte alles dafür gegeben, jetzt bei Jack in London zu sein. Nun, er brauchte ja nur die nächste Stunde zu überleben. Wie auch immer die Sache ausging, in nur sechzig Minuten wäre das alles vorbei.
Die Klappe war jetzt vollständig geöffnet und rastete ein. Sie ragte aus dem Heck des Helikopters. Ein kurzer Spaziergang ins Nichts.
»Ich pass auf dich auf!«, schrie Ben. Bei dem lärmenden Wind konnte nur Alex ihn hören. »Keine Angst! Ich bleib in deiner Nähe ...«
»Danke!«, schrie Alex zurück.
Dann sprang die Lampe auf Grün.
Keine Zeit mehr zum Nachdenken. Aufgrund seiner Sitzposition musste Alex als Erster springen. Vielleicht hatten sie es so geplant. Er zögerte nicht. Wenn er jetzt anfing, darüber nachzudenken, verließ ihn vielleicht der Mut. Drei Schritte. Die Reißleine seines Fallschirms schleifte hinter ihm her. Plötzlich
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