Alex Rider 7: Snakehead
war dagegen, dass dein Vater heiratet. Er wusste, dass er damit seinen besten Mann verlieren würde.«
»Hat er meine Mutter gekannt?«
»Tja, er hat sie überprüfen lassen.« Ash lächelte, als er Alex’ schockierte Miene sah. »Das war so üblich. Er musste sich doch ver gewissern, dass sie kein Sicherheitsrisiko darstellte.«
Also existierte irgendwo beim MI6 eine Akte über seine Mutter. Alex prägte sich das gut ein. Vielleicht hatte er eines Tages Gelegenheit, sich diese Akte anzusehen.
»Ich war ziemlich überrascht, als John mich bat, sein Trauzeuge zu sein«, fuhr Ash fort. »Ich meine, er war so eine Kanone, und von mir hatte noch kein Mensch Notiz genommen. Aber er hatte auch keine große Auswahl. Sein Bruder, Ian, war zu der Zeit im Einsatz ... und da ist noch etwas, was du wissensolltest. Spione haben nicht viele Freunde. John hatte zwar noch Verbindung zu ein paar Leuten von der Universität – er hatte ihnen erzählt, er arbeite bei einer Versicherung –, aber aus keiner Freundschaft kann was werden, wenn man dauernd lügen muss.«
Das verstand Alex gut. Bei ihm in der Schule war es genauso. Seinen Lehrern und Mitschülern hatte man erzählt, er sei in den letzten acht Monaten ständig krank gewesen. Zwischenzeitlich hatte er die Schule auch wieder besuchen können und sogar an einer Klassenfahrt nach Venedig teilgenommen, war sich aber wie ein Außenseiter vorgekommen. Irgendwie wussten seine Freunde, dass mit ihm etwas nicht stimmte, und das hatte ihr Verhältnis zu ihm getrübt.
»Hatte er noch andere Verwandte?«, fragte er.
»Außer seinem Bruder?« Ash schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste. Die Hochzeit fand in einem Standesamt in London statt. Nur ein halbes Dutzend Leute war dabei.«
Alex fand das traurig. Er hätte seiner Mutter eine Hochzeit in Weiß gegönnt, in einer schönen Kirche auf dem Land und dann eine große Party, auf der Reden gehalten und getanzt und zu viel getrunken wurde. Schließlich wusste er, dass ihr Glück nicht lange währen sollte. Immerhin verstand er jetzt ein wenig besser, wie das Leben eines Geheimagenten aussah. Ohne Freunde, geheimnistuerisch und ziemlich leer.
Das Flugzeug begann ein wenig zu zittern und weiter vorne im Gang ging ein Lämpchen an. Der Himmel hinter dem Fenster war tiefschwarz.
»Erzähl mir mehr von meiner Mutter«, sagte Alex.
»Ich kann nicht, Alex«, sagte Ash. Er rutschte auf seinem Sitz hin und her und Alex sah, wie er vor Schmerz das Gesichtverzog. Die Tabletten wirkten noch nicht. »Na ja, sie hat gern gelesen. Sie ist oft ins Kino gegangen – am liebsten in ausländische Filme. Sie hat sich keine teuren Kleider gekauft und trotzdem immer gut ausgesehen.« Ash stöhnte. »So gut habe ich sie nicht gekannt. Und sie hat mir nicht wirklich getraut, wenn du’s genau wissen willst. Vielleicht hat sie mir Vorwürfe gemacht. Ich war Teil der Welt, die John immerzu in Gefahr brachte. Sie hat deinen Dad geliebt; seine Arbeit hat sie gehasst. Und sie war klug genug zu wissen, dass sie ihm das nicht ausreden konnte.«
Ash schraubte die zweite Miniflasche auf und goss den Inhalt in seinen Plastikbecher.
»Helen erfuhr, dass sie mit dir schwanger war, als John mitten in einem seiner riskantesten Einsätze steckte«, erzählte Ash. »Der Zeitpunkt war extrem ungünstig. Aber der MI6 war auf eine neue Organisation aufmerksam geworden. Ihren Namen brauche ich dir nicht zu sagen. Ich wette, du weißt über Scorpia besser Bescheid als ich. Jedenfalls hatte man auf einmal Kenntnis von einem internationalen Netzwerk von Killern und ehemaligen Spionen. Von Leuten, die jetzt auf eigene Rechnung Geschäfte machten.
Anfangs waren die uns sogar nützlich. Du musst bedenken, dass der MI6 diesen Leuten erst einmal positiv gegenüberstand. Wenn man wissen wollte, was die CIA gerade im Schilde führte oder wie die Iraner mit ihrem Nuklearprogramm vorankamen, konnte man diese Informationen von Scorpia kaufen. Wenn man etwas Illegales tun wollte, ohne dass man als Auftraggeber auffiel, konnte man Scorpia dafür engagieren. Für so was waren die immer zu haben. Sie hatten keinerlei Bindungen oder Verpflichtungen. Ihnen ging es immernur ums Geld. Und sie haben ihren Job verdammt gut gemacht. Bis du gekommen bist, Alex, ist ihnen eigentlich nie etwas misslungen.
Aber allmählich bekam man beim MI6 Kopfschmerzen. Denn Scorpia geriet außer Kontrolle, was besonders deutlich wurde, als in Madrid zwei der eigenen Leute ermordet wurden. Alle
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