Alex Rider 7: Snakehead
eine Uhr, und eine davon ging fünf Minuten nach. Ich fand das seltsam, zwei Uhren, so dicht beieinander, und zeigen verschiedene Zeiten an. Jedenfalls hatten die Männer in den Türmen Nachtsichtgläser und Funkgeräte. Sie konnten von da oben die ganze Stadt überblicken und würden dafür sorgen, dass nichts schiefging.«
Ash schwieg eine Weile.
»Und dann ging alles schief, Alex. Alles.«
»Erzähl mir.«
Ash nahm einen großen Schluck Whisky. Das Eis war längst geschmolzen.
»Wir trafen kurz nach halb elf in Mdina ein. Es war einschöner Abend. Februar, also noch vor Beginn der Touristensaison. Eine silbrige Mondsichel hing an einem Himmel voller Sterne. Als wir durch das Südtor in die Stadt kamen, war das wie eine Zeitreise, tausend Jahre zurück in die Vergangenheit. Die Straßen in Mdina sind eng, die Mauern hoch. Und die Mauersteine sind alle verschieden groß. Man sieht es noch fast vor sich, wie sie damals einer nach dem anderen gesetzt wurden.
Die Stadt wirkte wie ausgestorben. Alle Fensterläden an den Häusern waren geschlossen, und das einzige Licht kam von den schmiedeeisernen Lampen an den Straßenecken. Als wir durch die Triq Villegaignon – die Hauptstraße – gingen, kam uns eine Pferdekutsche entgegen. Damit werden Touristen befördert, aber die hier war auf dem Weg nach Hause. Ich höre heute noch das Echo der Hufe und das Rattern der Räder auf dem Kopfsteinpflaster.
Einer meiner Posten in der Kathedrale meldete per Funk, Caxero sei an seinem üblichen Platz, trinke seinen Kaffee und rauche eine Zigarre. Ansonsten wäre niemand in Sicht. Es war Viertel vor elf.
Wir schlichen weiter, vorbei an einer alten Kapelle, ihr gegenüber stand ein halb verfallener Palazzo. Alle Geschäfte und Restaurants waren geschlossen. Ich hatte sieben Männer bei mir; alle schwarz gekleidet. Wir hatten den halben Tag lang den Stadtplan von Mdina studiert, und jetzt gab ich ihnen das Zeichen zum Ausschwärmen. Wir wollten den Platz umstellen, damit wir jederzeit eingreifen konnten.
Zehn vor elf. Ich sah die Zeit auf der Turmuhr. Und ich sah Caxero. Ein kleiner, dicker Mann mit Schnurrbart. Er trug einen Anzug und hielt seine Kaffeetasse mit abgespreiztemkleinen Finger. Neben den antiken Kanonen auf dem Platz waren ein paar Autos geparkt, im Eingang des Cafés stand ein Kellner. Sonst war nichts zu sehen.
Und dann tauchten sie plötzlich auf, John Rider und Yassen Gregorovich – beziehungsweise Hunter und Cossack. Das waren ihre Codenamen. Sie kamen fünf Minuten zu früh ... dachte ich jedenfalls. Das war mein erster Fehler.«
»Die Uhren ...«
»Die Kirchturmuhren. Genau. Eine ging richtig und eine ging falsch, und in meiner Anspannung hatte ich nur auf die geachtet, die fünf Minuten nachging. Und was Yassen anging, das war fast wie im Film, wie er aufgetaucht ist. Eben noch nichts von ihm zu sehen, und auf einmal geht er da neben John über den Platz. Das ist eine Ninja-Technik – wie man sich unsichtbar durch die Gegend bewegt –, und das Verrückte dabei ist, dass er solche Tricks vermutlich von deinem Vater gelernt hatte.
Ich glaube nicht, dass Caxero die beiden hatte kommen sehen. Als sie auf ihn zugingen, hielt er immer noch mit abgespreiztem Finger seine Kaffeetasse in der Hand. Er blickte erst auf, als ihm ein Wildfremder eine Kugel ins Herz jagte. Yassen ließ sich sogar damit Zeit. Ich weiß noch, wie ich dachte, dass ich noch nie einen derart entspannten Menschen gesehen habe.
Ich machte mir Sorgen, dass meine Leute noch nicht alle Ausgänge des Platzes besetzt haben könnten. Obwohl das eigentlich keine Rolle spielte. Vergiss nicht, wir wollten ja, dass Yassen entkommt. Das gehörte mit zu unserem Plan.
Ich trat aus meinem Versteck. Yassen sah mich und dann brach die Hölle los.
Yassen schoss auf mich. Zwei Schüsse gingen daneben, aber der dritte traf mich an der Brust. Das fühlte sich an wie ein Hammerschlag und ohne die kugelsichere Weste wäre ich jetzt tot. So aber riss es mich nur von den Füßen. Als ich auf die Pflastersteine fiel, renkte ich mir beinahe die Schulter aus. Aber ich blieb nicht liegen, Alex. Ich sprang gleich wieder auf. Und das war mein zweiter Fehler. Darauf komme ich später noch zurück.
Jedenfalls fielen plötzlich von überall her Schüsse. Der Kellner rannte ins Haus und ging in Deckung. Eine halbe Sekunde später ging das Schaufenster des Cafés zu Bruch. Ein Hagel von Glassplittern regnete herab. Die Männer oben in den Kirchtürmen schossen mit
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