Alex Rider 7: Snakehead
Nachrichtendienste der Welt halten sich an bestimmte Regeln – mehr oder weniger, aber immerhin. Aber Scorpia nicht. Die wurden immer größer und mächtiger und gleichzeitig immer rücksichtsloser. Denen war es völlig egal, wie viele Leute auf der Strecke blieben. Hauptsache, sie wurden bezahlt.
Jedenfalls wollte Alan Blunt – der gerade zum Chef der MI6-Spezialeinheit ernannt worden war – deinen Vater auf Scorpia ansetzen. Er sollte in die Organisation eingeschleust werden, das heißt, er sollte sich von ihnen anheuern lassen. Auf die Weise hätte er viel über sie in Erfahrung bringen können. Wer war im Vorstand? Wer bezahlte sie? Wer waren ihre Kontaktleute bei den Geheimdiensten? Um das zu bewerkstelligen, musste der MI6 sich eine extrem gute Tarnung für deinen Vater ausdenken. Alles, sein ganzes Leben musste sozusagen neu erfunden werden.«
»Davon habe ich gehört«, unterbrach ihn Alex. »Sie haben erzählt, er sei im Gefängnis gewesen.«
»Sie haben ihn sogar tatsächlich für einige Zeit ins Gefängnis gesteckt. Sie mussten sehr gründlich sein. In den Zeitungen erschienen Artikel über ihn. Alle wandten sich gegen ihn. Schließlich verlor er sein ganzes Geld und musste seine Wohnung verkaufen. Er zog mit Helen in irgendeine Bruchbude in Bermondsey. Das hat ihr gar nicht gefallen.«
»Aber sie muss doch die Wahrheit gekannt haben.«
»Dazu kann ich dir nichts sagen. Vielleicht hat dein Dad sie eingeweiht. Vielleicht aber auch nicht.«
Alex konnte das kaum glauben. Irgendwie war er überzeugt, dass seine Mutter Bescheid gewusst hatte. »Jedenfalls hat Scorpia ihn rekrutiert«, sagte er.
»Richtig. Sie haben ihn zu ihrem Ausbildungszentrum auf der Insel Malagosto geschickt, nicht weit von Venedig.«
Der Name ließ Alex frösteln. Auch ihn hatte man dorthin geschickt, als Scorpia ihn rekrutieren wollte.
»Für Scorpia war John Rider ein Geschenk des Himmels«, sagte Ash. »Er war eine Spitzenkraft. Ein ehemals sehr erfolgreicher Mitarbeiter des britischen Geheimdienstes. Und er war verzweifelt. Außerdem sah er auch noch sehr gut aus. Eine Frau aus dem Vorstand von Scorpia war ganz verrückt nach ihm.«
»Julia Rothman.« Auch die hatte Alex kennengelernt. Sie hatte ihm beim Essen in Positano von seinem Vater erzählt.
»Genau die. Sie hat Johns Potenzial rasch erkannt, und bald machte sie ihn zum Ausbildungsoffizier mit besonderen Aufgaben für einige von Scorpias jüngeren Rekruten. Von ihr hat er auch seinen Codenamen. Hunter.«
»Woher weißt du das alles?«, fragte Alex.
»Gute Frage.« Ash lächelte. »Weil endlich doch jemand von mir Notiz genommen hat. Alan Blunt gab mir den Auftrag, John zu unterstützen. Ich sollte in seiner Nähe bleiben, natürlich nicht zu nah, und mich bereithalten, falls er mit uns Kontakt aufnehmen musste. Und deshalb war ich dabei, als die Sache schließlich endete.«
»Auf Malta.«
»Ja. Auf Malta.«
»Was ist passiert?«
»Dein Vater wollte aussteigen. Er hatte genug von Scorpia und vom MI6. Du warst gerade auf die Welt gekommen. John wollte ein normales Leben führen; und er hatte ja erreicht, was er sich vorgenommen hatte. Dank seiner Ermittlungen wussten wir eine ganze Menge über die Kommandostruktur von Scorpia. Wir kannten die Namen der meisten ihrer Agenten. Wir wussten, wer sie bezahlte und wie viel.
Jetzt standen wir vor der Aufgabe, ihn da rauszuholen, ohne Verdacht zu erregen. Wir wussten, Julia Rothman würde ihn töten, wenn sie herausfand, dass er ein Spion war. Unser Plan sah so aus, dass wir ihn nach England holen und dann verschwinden lassen würden. Neues Haus. Neue Identität. Das ganze Programm ... Er wollte mit dir und deiner Mutter in Frankreich ein neues Leben anfangen. Übrigens sprach er fließend Französisch. Wäre alles nach Plan gegangen, würdest du jetzt auch Französisch sprechen. Du würdest ein lycée in Marseille oder so besuchen und hättest von all dem niemals etwas erfahren.
Nun, genau zu dieser Zeit gab Scorpia uns ungewollt eine Gelegenheit, deinen Vater herauszuholen. Es gab da einen Mann namens Caxero. Er war ein Kleinkrimineller: Drogenhandel, Geldwäsche ... solche Sachen. Aber er muss irgendwem auf die Füße getreten sein, denn jemand hatte Scorpia dafür bezahlt, ihn aus dem Weg zu räumen. Diese Aufgabe wurde John übertragen.
Caxero lebte in Mdina, einer Stadt im Innern von Malta. Da gibt es eine alte Zitadelle, umgeben von hohen Mauern. Caxeros Heimatstadt hat auch noch einen anderen Namen. Es
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