Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
wäre.«
»Man würde den Fall sofort vertuschen«, bemerkte Mikato. »Keine Zeitung würde es wagen, eine solche Geschichte zu drucken.«
»Möglich. Aber wir hätten das gesamte Beweismaterial, also E-Mails, Telefonmitschnitte, Fotos und Aufzeichnungen von Gesprächen. Wir würden eine Bombe in den Händen halten, die wir jederzeit zünden könnten. Und dann hätte die britische Regierung ihr Ansehen verloren. Sie müsste ihren Geheimdienst auflösen, der Premierminister müsste zurücktreten. Und die zivilisierten Länder würden sich auf Jahrzehnte von Großbritannien abwenden.«
Alle schwiegen. Die Débiteur hatte inzwischen den Eiffelturm passiert und folgte der Flussbiegung hinter dem Quai d’Orsay. Hätte jemand aus dem Fenster geblickt, hätte er am anderen Ufer den Tuileriengarten und etwas dahinter den Louvre gesehen. Paare flanierten zwischen Bäumen und Brunnen auf Wegen von solch perfekter Symmetrie, als hätte ein Mathematiker und kein Gärtner sie angelegt. Doch niemand interessierte sich für die Aussicht. Alle starrten Razim an und dachten über seine Worte nach.
»Damit ich das recht verstehe …« Der Mann, der das Wort ergriffen hatte, war blond und leger mit Jeans und offenem Hemd bekleidet. Er hieß Brendan Chase und war Zahlmeister des ASIS, des australischen Geheimdienstes, gewesen. Eines Nachmittags hatte er stark alkoholisiert ein Flugzeug bestiegen. In seinem Rucksack hatten sich vierhunderttausend Dollar befunden, die dem Geheimdienst gehörten. »Sie wollen also den MI6 dazu bringen, dass er Alex Rider mit einer neuen Mission beauftragt. Dann sorgen Sie dafür, dass sie schiefgeht und der Junge ums Leben kommt. Okay, so weit kann ich Ihnen folgen. Wenn Sie einen Freiwilligen brauchen, der Alex Rider erschießt, stehe ich gern zur Verfügung. Anschließend wollen Sie die Regierung erpressen. Wir haben Beweise, Fotos und Aufnahmen. Wenn die Regierung nicht bereit ist, den Parthenonfries an Griechenland zurückzugeben, gehen wir damit an die Öffentlichkeit. Richtig?«
»Sie haben es auf den Punkt gebracht, Mr Chase.«
»Gut. Aber eins verstehe ich nicht: Wie wollen Sie das im Detail durchführen? Zum Beispiel die Sache mit den Fotos. Sollen sie gefälscht werden? Sie müssen sehr gut sein, um einer genauen Überprüfung standhalten zu können …«
»Ich will gar nichts fälschen.«
»Aber wie wollen Sie den britischen Geheimdienst dazu bringen, bei Ihrem Plan mitzuspielen?«
Razim schnippte die Asche seiner Zigarette auf die Tischplatte. Sein Fingernagel war vom Nikotin gelb verfärbt. »Fälschungen kommen nicht infrage«, fuhr er fort. »Wir müssen raffinierter vorgehen. Ich glaube, dass wir alles so arrangieren können, dass wir die Fäden in der Hand halten. Wir sind derzeit im Vorteil, meine Herren. Der britische Geheimdienst ahnt nichts von unseren Plänen. Seine Mitarbeiter sind übrigens nicht so intelligent, wie sie annehmen. Alan Blunt ist schon viel zu lange Chef, dasselbe gilt für seine Stellvertreterin Mrs Jones. Wir besitzen über beide umfangreiche Akten, die ich gründlich gelesen habe. Sie verhalten sich nach bestimmten Mustern, anders ausgedrückt: Sie sind berechenbar geworden. Ich denke, wir können sie leicht für unsere Zwecke einspannen. Wir stellen ihnen eine Falle. Wenn wir sie dann noch ein wenig anschieben, tappen sie hinein.«
»Alex Rider ist jetzt fünfzehn«, sagte Mikato mit einem angewiderten Blick auf Razims Zigarette. Er hatte ein weißes Taschentuch herausgezogen und fächelte sich damit Luft zu. »Soweit wir wissen, setzt der MI6 ihn nicht mehr ein. Glauben Sie wirklich, Sie können den MI6 dazu bringen, den Jungen noch mal zu aktivieren?«
»Auf jeden Fall.« Razim ließ die Zigarette auf den Boden fallen und trat sie aus. »Wir müssen nur eine Situation schaffen, die sie zu dieser Entscheidung führt.«
»Meines Wissens hat der Junge abgelehnt, je wieder mit ihnen zusammenzuarbeiten«, warf Dr. Three ein.
»Alex Rider hatte nie die Wahl. Das Seltsame ist ja, dass er nie Spion sein wollte. Das heißt, um ihn brauchen wir uns nicht zu kümmern. Wir legen einen Köder für die Leute vom MI6 aus und die sorgen für alles Weitere.«
»An was für einen Köder denken Sie?«, fragte der Franzose.
Razim sah zu Zeljan Kurst hinüber, als bitte er um seine Zustimmung. Der Glatzkopf nickte kaum merklich.
»Wir werden schrittweise vorgehen«, antwortete Razim. »Zunächst müssen wir Alex Rider aus England schaffen und in eine Stadt unserer Wahl bringen.
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