Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
überlegt.« Auf einmal war ihm völlig egal, was die anderen denken mochten. Er holte eine Black Devil heraus und steckte sie mit seinem Feuerzeug aus massivem Gold an. Rauch stieg kräuselnd vor seinem Gesicht auf und spiegelte sich in den beiden runden Brillengläsern.
»Ich weiß natürlich, dass Alex Rider diese Organisation bereits zweimal besiegt hat, so unglaublich das auch klingt. Einmal ging es um eine vergleichsweise einfache Sache, die Auslösung eines Tsunamis vor der australischen Küste. Das andere Mal um die Operation Unsichtbares Schwert unter der Leitung der verstorbenen Mrs Rothman. Damals sollten mit einer geheimen Waffe, bestehend aus mit Zyankali gefüllten Nanokapseln, Tausende britische Kinder vergiftet werden.«
»Wir brauchen nicht in Einzelheiten zu gehen!« Die Worte kamen von einem Franzosen, einem Mann mit einem gepflegten grauen Bart und langen, schmalen Pianistenhänden. Er trommelte zum Zeichen seiner Verärgerung mit den Fingerknöcheln auf die hölzerne Tischplatte.
»Oh doch, unbedingt, Monsieur Duval«, entgegnete Razim. »Wie sollen wir unsere Schwächen beheben, wenn wir sie nicht analysieren?« Er machte eine abschätzige Handbewegung. »Das einzig Besondere an diesem Jungen ist sein Alter. Nur deshalb war er für den MI6 so nützlich. Natürlich hat sein Onkel, der ja selbst Spion war, ihm vor seinem eigenen Tod einiges beigebracht. Aber glauben Sie wirklich, der Junge konnte Sie schlagen, weil er Karate kann und ein paar Sprachen spricht? Blödsinn! Sie haben gegen Alex Rider verloren, weil Sie ihn unterschätzt haben. Winston Yu hätte ihn erschießen sollen, als er die Gelegenheit dazu hatte. Und Mrs Rothman auch. Vielleicht zögerten sie, weil er noch ein Kind war, aber genau das war seine Stärke. Er war der unauffälligste Spion der Welt. Egal ob auf der Insel Skeleton Key oder bei Sayle Enterprises in Cornwall, niemand nahm ihn ernst. Das war der Fehler.«
»Aber wir …«, begann Kroll. Er hatte Razim mit wachsendem Groll zugehört und drohte jetzt als Einziger am Tisch die Beherrschung zu verlieren. Zeljan Kurst hatte es erwartet.
»Lassen Sie mich ausreden!«, schnitt Razim ihm das Wort ab. »Ich habe mich über diesen Jungen gründlich informiert. Ich konnte einen Bericht an mich bringen, den ein Journalist im vergangenen Jahr geschrieben hat. Er bestätigt, was ich schon selbst herausgefunden hatte. Der Junge hat bei mindestens sechs Gelegenheiten – vielleicht sogar noch öfter – im Auftrag der Abteilung Spezialoperationen des MI6 gearbeitet. Überlegen Sie doch, was das bedeutet, meine Herren.
Jeder in diesem Raum weiß nur zu gut, dass Geheimagenten, also Spione, keine Helden sind. Ihre Arbeit ist oft schmutzig und unangenehm. Sie töten Menschen, die getötet werden müssen, und sie tun es ohne Skrupel. Sie haben weder Mitleid noch Schamgefühl und sie kennen Geheimnisse, die niemand sonst wissen will. Haben Spione Freunde? Natürlich nicht. Kein vernünftiger Mensch will mit ihnen zu tun haben. Man kann ihnen nicht trauen!
Was würde also passieren, wenn herauskäme, dass der MI6 einen vierzehn Jahre alten Schüler für sich arbeiten lässt? Einen Jungen, der noch zu jung zum Wählen ist und zu jung zum Rauchen oder Heiraten. Aber alt genug, dass man ihn ins Ausland schickt. Zu Einsätzen, bei denen er mit internationaler Politik, Terrorismus und Mord in Berührung kommt! Welches Licht wirft das auf die Regierung eines Landes – oder ihren Geheimdienst?
Gehen wir noch einen Schritt weiter. Angenommen, der Junge ist in einen Fall involviert, der in einem Fiasko endet. Und das Ziel der Mission wäre diesmal keine Heldentat gewesen wie die Rettung der Welt vor einem Verrückten namens Damian Cray oder die Rettung britischer Schulkinder vor einem tödlichen Virus. Nein, diesmal wäre der Junge an einem Verbrechen beteiligt, das die ganze Welt verurteilen würde.«
Einige der Männer am Tisch folgten Razims Ausführungen mit einem interessierten Nicken.
»Stellen Sie sich weiter vor, der Junge käme bei diesem Einsatz ums Leben.«
Zustimmendes Gemurmel wurde laut und einige lächelten.
»Und schon ist der Skandal perfekt. Ein Junge wird auf den Straßen einer größeren Stadt von der Polizei erschossen. In seinen Taschen findet man Dokumente. Vielleicht hat er auch eine Pistole bei sich, die sich nach London zurückverfolgen lässt. Jedenfalls belegen die Funde zweifelsfrei, dass er für den MI6 gearbeitet hat. Stellen Sie sich vor, was die Folge
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