Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
und er hatte Mühe, etwas zu sehen. Doch die Sicht auf den Scharfschützen im hinteren Fenster war unverstellt. Der Mann drehte den Kopf, sah ihn und riss erschrocken die Augen auf. Er rief etwas. Auch der Pilot schien vor Schreck wie gelähmt. Der Hubschrauber bewegte sich nicht. Er hing direkt vor Alex in der Luft, ein perfektes Ziel.
Alex ließ die Antennen mit dem Feuerlöscher los. Sie schnellten nach vorn und schleuderten den Feuerlöscher wie ein mittelalterliches Katapult durch die Luft. Der rote Metallzylinder traf das Cockpit und durchschlug das Glas. Risse breiteten sich in alle Richtungen aus. Das allein hätte noch nicht genügt, den Hubschrauber abstürzen zu lassen, doch der Pilot wich instinktiv zurück und verlor die Kontrolle über das Gefährt. Alex warf sich auf den Boden. Das Heck des Hubschraubers schnitt nur wenige Zentimeter über der Stelle, an der sein Kopf eben noch gewesen war, wie eine Sichel durch die Luft. Ein Luftstoß zerrte an Alex’ Hemd und Jacke, als wollte er sie ihm von den Schultern reißen. Einen Augenblick lang sah er das schreckverzerrte Gesicht des Scharfschützen kopfüber vor sich hängen – oder es kam ihm zumindest so vor.
Der Pilot versuchte die Kontrolle wiederzugewinnen. Es wäre ihm beinahe auch gelungen, doch dann streifte der Heckrotor das Gebäude. Ein hässliches Knirschen und scharfes Knacken ertönte und ein Teil des Rotorblatts brach ab.
Alex lag flach auf dem Dach und bedeckte den Kopf mit den Händen. Er hatte Angst, in Stücke gerissen zu werden. Ein abgebrochenes, scharfkantiges Stück Metall flog an ihm vorbei und bohrte sich in die Ziegelmauer.
Dann war der Hubschrauber plötzlich weg. Er wurde in die Luft gerissen wie ein Fisch am Ende einer unsichtbaren Angel. Orientierungslos drehte er sich um sich selbst. Alex erhob sich auf die Knie und starrte ungläubig auf das, was er angerichtet hatte. Der Hubschrauber benahm sich wie ein Verrückter. Pilot und Passagier erlebten in ihrer Kabine bestimmt einen Albtraum. Die Maschine hatte sich bereits einige Hundert Meter von Alex entfernt, zum Glück flussaufwärts, von der Wandsworth Bridge weg. Er stand auf. Der Hubschrauber versuchte sich aufzurichten, blieb dann abrupt stehen und stürzte in den Fluss. Eine gewaltige, weiß schäumende Wasserfontäne stieg auf, dann sah Alex nichts mehr.
Waren die beiden Männer tot? Alex wusste es nicht und es war ihm im Grunde auch egal. Er hatte ihnen eine Lektion erteilt – und das hatten sie mehr als verdient. Schließlich hatten sie ihn umbringen wollen, ohne Rücksicht auf die Folgen in ein Klassenzimmer voller Schüler geschossen. Hoffentlich ging es Tom Harris einigermaßen gut. Er war zwar nicht ernsthaft verletzt, aber Alex wusste, was für ein Schock es war, durch einen Schuss verwundet zu werden. Er überlegte, ob er Tom anrufen sollte, dann fiel ihm wieder ein, dass er sein Handy ja in der Schule gelassen hatte.
Er hinkte zum Notausgang zurück, stieg die Treppe hinunter und machte sich auf die Suche nach seinem Fahrrad.
Sicherheitsmaßnahmen
A lan Blunt saß im Fond seines von einem Chauffeur gesteuerten Jaguar XJ6 und war schlecht gelaunt. Er hatte während der halbstündigen Fahrt von der Liverpool Street nach Chelsea kein einziges Wort gesagt. Nur mit zusammengekniffenen Augen zum Fenster hinausgestarrt, als hätte die Stadt ihn irgendwie gekränkt. Mrs Jones, die neben ihm saß, wusste genau, woran er dachte. Sie verstießen im Moment gegen sämtliche Vorschriften. Sie waren unterwegs zu einem Besuch bei Alex Rider, dabei hätte doch eigentlich er nach der Vorladung zu ihnen kommen sollen.
Von den Vorfällen in Brookland wussten sie bereits – aber davon wusste inzwischen das ganze Land. Nachrichten wie die von einer Schießerei in einer Schule im Westen Londons verbreiteten sich in Windeseile über die ganze Welt. Die Geheimdienste hatten schnell reagieren müssen, um genau das zu verhindern. Brookland war Alex Riders Schule, das hatte man sofort erkannt und alles getan, damit die Aufmerksamkeit der Medien abgelenkt wurde. Es gebe keinen Scharfschützen, wurde verlautbart, und erst recht kein Scharfschützengewehr, sondern lediglich einen Randalierer mit einem Luftgewehr. Er sei in die Baustelle eingebrochen und habe zwei Schüsse auf die Fenster der Schule abgegeben. Ein Schüler sei dabei leicht verletzt worden, Todesopfer habe es keine gegeben.
Trotzdem waren die Schüsse die Sensation der Sechs-Uhr-Nachrichten und würden am nächsten
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