Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
bestieg ein Mann mit einer blonden Perücke und einer Sonnenbrille den Eurostar nach Paris. In der Hand hielt er einen großen Blumenstrauß. Zeljan Kurst verkleidete sich nur ungern, wusste aber aus langjähriger Erfahrung, dass es manchmal nützlich war. Wer nicht gesehen werden will, muss sich zuweilen so auffällig wie möglich anziehen. Die Blumen und die Perücke waren natürlich albern, aber die Polizei und der MI6, die ihn überall in London suchten, würden ihn gewiss nicht damit in Verbindung bringen.
Er machte es sich auf dem reservierten Platz in der ersten Klasse bequem, nippte an dem Glas Gratissekt und wandte sich der Aufgabe zu, die ihm gestellt worden war. Die Schießerei im Museum war bereits vergessen. Jetzt beschäftigte ihn die Frage, wer zur Abwicklung des überaus interessanten Geschäfts mit dem Parthenonfries am besten geeignet war. Scorpia hatte einschließlich ihm selbst zwölf Vostandsmitglieder. In Gedanken ging er sie durch.
Sollte er Levi Kroll beauftragen, den ehemaligen israelischen Agenten, der sich in einem Moment der Achtlosigkeit selbst das Auge ausgeschossen hatte? Oder Mikato, den japanischen Polizisten, der sich den Yakuza angeschlossen hatte? Oder Dr. Three? Vielleicht konnte sich auch ihr neuestes Mitglied bewähren, ein Mann, der gerne knifflige Probleme löste und zudem über die nötige Härte verfügte, ein Projekt bis zum Ende durchzuziehen.
Eine Trillerpfeife schrillte und der Zug fuhr an. Kurst nahm sein Handy heraus und wählte eine Nummer. Der Zug fuhr am Bahnsteig entlang, wurde schneller und verließ den Bahnhof St. Pancras International. Kurst genehmigte sich den seltenen Luxus eines Lächelns. Ja, Razim war die perfekte Wahl. Endlich könnte er seine einzigartigen Talente einbringen.
Kurst war überzeugt, dass er richtig entschieden hatte.
Maßeinheit für Schmerzen
» D anke, danke, ich danke Ihnen, lieber Mr Kurst. Ich mache mich sofort an die Arbeit.«
Der Mann stand an der Brustwehr eines französischen Forts vom Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Damals hatte Napoleon Ägypten überfallen. In jüngerer Zeit waren einige neue Gebäude hinzugekommen und es gab Anzeichen weiterer Bautätigkeit: Gerüste, Hebevorrichtungen und einen großen Haufen Salz. Das Salz wurde im nahe gelegenen See gewonnen und zur Herstellung von Ziegeln mit Sand vermischt.
Die quadratische Anlage, die einsam mitten in der Wüste stand, bot einen merkwürdigen Anblick. Sie erinnerte an einen Hollywoodfilm oder auch eine Fata Morgana. Die Außenmauer war nicht hoch, aber mehrere Meter dick und durchgehend mit Zinnen besetzt. An den vier Ecken ragten massive Wachtürme auf. Durch die schmalen, schlitzartigen Fenster in den Mauern konnte man hinaussehen, aber nicht hinein. Es gab nur einen Zugang zum Fort: eine Flügeltür aus Eichenholzstämmen, die man mit Stahlklammern verbunden hatte. Sie zu öffnen, hätte mehrere Männer benötigt, deshalb wurde sie elektrisch betrieben.
Drinnen sah es aus wie in einer Kaserne. Ein Dutzend Gebäude gruppierten sich um einen Brunnen in der Mitte. Wasser war in der Wüste natürlich lebenswichtig. Hier konnte eine ganze Armee monatelang auskommen und in völliger Abgeschiedenheit von der Außenwelt schlafen, essen und auf dem Exerzierplatz üben. Es gab zwei Wohngebäude, eins für Offiziere und eins für die Mannschaften, einen Gefängnisblock, verschiedene Lagerräume, eine Bäckerei und eine Kapelle. Sämtliche Gebäude waren mit Klimaanlage, fließend warmem und kaltem Wasser und jedem erdenklichen Komfort ausgestattet. Die ehemalige Stallung hatte man in einen Aufenthaltsraum mit Billardtischen und Kinoleinwand umgewandelt. In der Waffenkammer lagerten weiterhin Waffen, allerdings ganz andere als zur Zeit Napoleons.
Jetzt wurden hier Flammenwerfer, Handgranaten und tragbare Raketenwerfer aufbewahrt, denn der Mann, der das Fort für seine persönlichen Zwecke gekauft und umgebaut hatte, musste sich schützen. Hinter den in der Sonne getrockneten Ziegeln, den alten Zinnen und unter dem staubigen Hof verbarg sich die modernste Technik. Den Strom lieferte ein Generator, der in der ehemaligen Schmiede stand. Auf einem Turm waren ein Funkmast und drei Satellitenschüsseln montiert. Fernsehkameras verfolgten jede Bewegung. Nachts wurde die Umgebung mittels Infrarotlicht und Radar überwacht. Gesteuert wurde alles vom Kontrollraum aus – der einstigen Bäckerei. Der Kamin des damaligen Ofens ragte noch hoch über das Flachdach. Der Kontrollraum war
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