Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
mit dem Oberkörper auf dem Ladentisch lag und die Arme wie zur Verteidigung ausgebreitet hatte. Es sah aus, als schlafe er, aber Alex wusste sofort, dass er tot war. Er sah nicht nur die rote Lache unter seinem Kopf, sondern roch das Blut auch in der schwülen Luft.
Hastig wandte er sich zum Gehen. Damit stand endgültig fest, dass Gunter mit dem Anschlag zu tun hatte. Er hatte diesen Mann getötet, und was er in der Golftasche trug, war nicht schwer zu erraten. Doch vieles blieb unklar. Handelte Gunter auf eigene Faust oder war er Teil einer größeren Organisation? Und was hatte das alles mit der Schule zu tun? Alex tappte nach wie vor im Dunkeln.
Auf einmal war ihm übel. Er musste dringend an die frische Luft. Außerdem bereute er jetzt, dass er Jack auf Gunter angesetzt hatte. Gunter war ein Mörder. Wenn Jack ihm zu nahe kam, geriet sie womöglich selbst in Gefahr. Sobald er draußen war, wollte er sie anrufen. Doch noch steckte er hier im Gedränge fest. Schmuckverkäufer redeten wie besessen von allen Seiten auf ihn ein. Er glaubte zu ersticken.
Dann erschütterte eine Explosion das Schiff. Die Druckwelle riss ihn um und er spürte, wie der Raddampfer sich heftig zur Seite neigte. Den Leuten um ihn herum erging es ähnlich und sie begannen zu schreien. Goldketten und anderer Schmuck regneten auf ihn nieder. Eine schwarze Rauchwolke wälzte sich durch den Gang. Im nächsten Moment konnte er nichts mehr sehen und röchelte nach Luft. Das Licht war ausgegangen.
Jemand fiel auf ihn drauf. Alex schob ihn weg und kroch auf allen vieren weiter. Der Raddampfer richtete sich wieder auf und neigte sich wie eine riesige Schaukel auf die andere Seite. Das Geschrei war ohrenbetäubend. Plötzlich war ein Blubbern zu hören und Alex spürte Wasser an Händen und Knien, eine warme, stinkende Brühe. Mein Gott! Erik Gunter oder ein Komplize von ihm hatte ein Loch in die Seite des Raddampfers gesprengt. Wenn er sich nicht nach draußen retten konnte, ging er mit dem Dampfer unter.
Die anderen schienen zu derselben Erkenntnis gekommen zu sein. Die Juweliere retteten, was sie konnten. Sie stopften sich die Taschen mit Ketten und Anhängern voll, ohne daran zu denken, dass der Schmuck sie im Wasser nach unten ziehen würde. Wieder kippte der Boden und Alex musste aufwärtskriechen. Es herrschte ein unbeschreibliches Gedränge. Neben ihm schluchzte ein ägyptisches Mädchen, das höchstens sechs und anscheinend allein war. Alex nahm ihre Hand und zog sie mit sich. Hinter sich hörte er Glas zerbrechen. Ein umgestürzter Ladentisch rollte über das Deck und prallte gegen die Wand. Goldene Münzen und Medaillen flogen durch die Luft.
Das Mädchen wurde ihm von seinem Vater oder Onkel aus der Hand gerissen. Der Mann verschwand mit der Kleinen ohne ein Wort des Dankes. Vor sich sah Alex den Ausgang, ein helles, auf einer Ecke stehendes Rechteck. Er zog sich mit den Händen darauf zu. Dann war er draußen auf dem Deck und atmete tief ein. Auch hier stank es nach Rauch. Der Steg war ins Wasser gefallen. Der Bug des Raddampfers hing am Kai fest, als sei er mit voller Wucht in ihn hineingekracht. Die dicken Taue, mit denen das Schiff vertäut war, verhinderten zwar, dass es sank, aber sie waren straff gespannt und konnten jeden Moment reißen. Die Menschen stürzten sich in Panik vom Schiff. Einige sprangen lieber in den Fluss als auf den harten Beton. Alex beschloss, ihrem Beispiel zu folgen. Nass war er sowieso schon und er wollte keinen Beinbruch riskieren.
Er schlitterte über das Deck und sprang in die trübe Brühe. Welchen Bakterien er sich wohl aussetzte? Er tauchte auf und schwamm zwischen den Trümmern hindurch, mit denen das Wasser übersät war, zum Kai. Vor ihm hüpften halb nackte ägyptische Jungen ins Wasser. Sie wollten niemanden retten, sondern das Treibgut einsammeln, das auf dem Wasser schwamm.
Jack war natürlich schon weg. Wie sollte er Kontakt zu ihr aufnehmen? Sein iPhone war ruiniert. Am Kai angelangt, hievte er sich aus dem Wasser. Prüfend bewegte er Arme und Beine. Wenigstens war er nicht verletzt. Dafür lief das schmutzige Wasser an ihm hinunter und er war von der Wucht der Explosion noch wie betäubt. Er schmeckte das Wasser auf der Zunge. Wie viele Millionen Keime er wohl geschluckt hatte? Die Bombe hatte ihn nicht töten können, der Fluss vielleicht schon.
Er überquerte den Kai in Richtung Park. Vermutlich kehrte Jack hierher zurück, sobald sie von der Explosion erfuhr. Er fand ihre Bank und ließ
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