Alexa, die Amazone – Die große Chance
dachte, du bist aufgehalten worden und ich sei völlig allein. Na, das ist ja vielleicht eine hinterhältige Tour!«
»Vorsicht Alexa! Wärst du etwa so locker und selbstsicher geritten, wenn ich mitten in der Bahn gestanden hätte? Oder Siebold? Na?«
Alexa geht an ihm vorbei an das große Fenster. Sie beobachtet den Rappen, der mit großen Sätzen durch die Bahn springt. In den Ecken wirbelt der Torf in kleinen Flocken auf.
»Nein.« Sie dreht sich um. »Entschuldige, sicherlich hast du recht. Ich war nur etwas geplättet ...«
»Schon gut, ich kann dich ja verstehen. Willst du jetzt etwas trinken?«
Alexa setzt sich auf die Kante des Schreibtisches – genau da, wo vor einer Stunde noch Siebold gesessen hat.
»Ja, ich habe einen riesigen Durst.«
»Hunger wahrscheinlich auch?«
Alexa fasst sich an den Magen. »Och, der ist eigentlich schon wieder vergangen. Der Durst ist größer.«
»Orangensaft oder Mineralwasser?«
»Wasser löscht am besten!«
Harald lacht und holt eine Flasche aus dem kleinen Kühlschrank. Gläser zaubert er aus der Schublade.
»Und wie soll das funktionieren?«, fragt Alexa mit einer Kopfbewegung zum Fenster. Dann muss sie lachen, denn der Rappe bleibt genau vor ihnen stehen und reckt seinen Kopf hoch. Seine Nüstern blasen Dampf gegen die Scheibe. Sie beschlägt leicht. Durch den Dunst siehtAlexa in die blassrosa Nüstern, die sich heftig atmend öffnen und schließen. Dann hält er den Kopf schief und äugt interessiert zu Alexa und Harald. Das kostet ihn einige Anstrengung, da es gilt, die hohe Bande zu überwinden. Mit langgestrecktem Hals steht er da und lässt sich erst vertreiben, als Klaus, die lange Peitsche schwingend, angerannt kommt.
»Das ist ja ein Bild für die Götter«, lacht Alexa und trinkt das Glas in einem Zug leer. »Ach, das tut gut. Hat er uns jetzt gesehen?«
»Nein, die Scheibe ist auf der anderen Seite beschichtet. Er hat sich selbst angeschaut – es sei denn, Pferde könnten durch Spiegel hindurchsehen!«
Alexa schlägt sich gegen die Stirn.
»Ach Mensch, klar, der Spiegel. Dieser riesige Spiegel! Ganz schön raffiniert. Und was hast du in deinem Wunderspiegel heute Mittag gesehen?«
»Oh, eine bekannte Turnierreiterin hat sich dazu herabgelassen, ein bisschen von ihrer Kunst zu zeigen. Alexa Birk. Schon mal was von ihr gehört?«
»Ach du«, lacht Alexa und knufft ihn in die Seite. »Komm, ernsthaft. Wie war ich?«
»Gut, doch, du warst wirklich gut. Auch Hans-Ulrich war der Meinung.«
»War er bei der Dressur auch schon dabei?«
»Wir haben einen Zigarillo zusammen geraucht.«
»Ach du Schreck. Der war aber sicherlich nicht so begeistert!« Forschend schaut Alexa in das kantige, gut geschnittene Gesicht.
»Was heißt da: Du Schreck! Hast du etwas zu befürchten?«
»Nein, das nicht, aber ich hab ihn doch heute morgen mit deinem Bruder beobachtet. Der gibt sich nicht so leicht zufrieden, das ist klar!«
»Ist ja auch richtig so.« Harald sucht in seiner Schreibtischschublade nach einem Zigarillo und zündet ihn an.
»Ich denke, du rauchst nicht?«, wirft Alexa vorwurfsvoll ein.
»Dann und wann einen Zigarillo. Das ist die Atmosphäre hier, die mich dazu verführt ... aber zu Siebold, er ist vorsichtig mit seinem Urteil, er will sich nicht irren. Aber seine Bemerkungen, die ihm teilweise herausgeschlüpft sind, waren doch ziemlich eindeutig. Er beginnt sich für dich zu interessieren – und das ist ein gutes Zeichen.«
»Uff!« Alexa atmet aus. »Dann bin ich ja schwer beruhigt. Aber Caprice hat mir ja auch toll geholfen. Sie hat sich wunderbar leicht reiten lassen.«
»Na.« Harald lacht und zieht kräftig an seinem Zigarillo. »Wenn du dich mit Caprice so gut verstehst, ist es umso besser für dich. Du wirst so nach und nach auch meine anderen Pferde kennenlernen.«
»Ist das dein Ernst? Alle?«
»Sag ich doch!«
»Wirklich alle?«
»Ach so, du meinst Ariane?«
»Hm ...«
»Würdest du Chicolo hergeben?«
Alexa senkt den Kopf und kratzt mit dem Fingernagel an der Schreibtischkante.
»Nein ... ich wollte nicht unmäßig sein ... tut mir leid ...«
»Gewisse Grenzen müssen sein. Ich nehme an, du verstehst das!«
»Es sollte nicht so herauskommen. Ich verstehe dich gut, Harald, ich gebe Chicolo auch nicht gern her, da hast du recht. Und ich bin über jedes deiner Pferde glücklich, das sollst du wissen – und es ist ein Wahnsinnsgeschenk für mich, dass ich hier sein darf – das sollst du auch wissen!« Alexa springt auf
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