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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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gewissen Geringschätzung jener, die sich so oft und fast immer vergebens in der trügerischen Sicherheit gewiegt hatten, die Felsen, Meer und Helden hier doch nie bieten konnten. Für den Hellenen Eumenes war es ein heiliger Ort; er hatte geweint, als er die Thermopylen zum ersten Mal sah und betrat. Geweint, der Helden der Vorzeit gedacht, den Göttern Opfer dargebracht, das Gedächtnis des Verräters Ephialtes verflucht. Und dann, den Weinbecher in der Hand, über sich selbst gelacht– als ob, jenseits der Sage, die Perser tatsächlich vom Verrat eines Mannes abhängig gewesen wären, der ihnen den Bergpfad, die Umgehung zeigen konnte.
    Drakon war morgens aufgebrochen, um sich der Fußkranken und Siechen in den verschiedenen Lagern anzunehmen: Männer mit Fieber, mit verdorbenem Magen, mit geschwollenem Knöchel, mit entzündeten Körperteilen– das Übliche nach einem harten Marsch. Er war zu Fuß nach Osten gegangen; nun kam er zu Pferd von Westen, aus der Enge des letzten Tores. Er ritt bis unmittelbar neben Eumenes’ Zelt, sprang ab, überließ das Tier einem Sklaven und kam zum Tisch.
    Eumenes warf den Hühnerknochen fort und deutete auf den Schreiber, der mit dem Brief an Aristoteles beschäftigt war. » Weiter.– Drakon, der beste unter allen schlechten Ärzten, fiel eben vom Pferd. Sein ehrwürdiges Alter von beinahe fünf Jahrzehnten verbirgt er hinter ehrlosem Benehmen und einem ehrenrührigen Bart, wie du weißt. Er kaut auf einer welken Asphodele; sein Gesicht, das Dräuen des Zeus im Gewitter, verheißt Übles.– Später weiter. Na, Herr der Knochensägen?«
    Drakon schob den Unterkiefer vor; die welke Blume richtete sich auf wie ein Phallos. » Laßt uns allein. Was ich zu sagen habe, ist nur für deine Ohren, o Bauchiger.«
    Eumenes entließ die Schreiber mit ein paar Handbewegungen; er beugte sich vor, goß einen zweiten Becher voll und schob ihn dem Heiler hin. » Wein, mit etwas Wasser. Die Sonne geht ja bald unter, da darf man.– Also, was ist?«
    Drakon setzte sich auf einen Haufen aus Fellen und Decken, nahm die Blume aus dem Mund, trank einen Schluck und streckte die Beine aus. » Ah. Böse Neuigkeiten, Freund. Ich habe, da ich ohnehin drüben war«– mit dem Kopf wies er nach Westen, jenseits der Thermopylen–, » die Boten abgefangen, die Briefe beschlagnahmt und mich seither gefragt, wer von uns beiden der Überbringer sein soll.«
    Eumenes legte sein Gesicht in weinerliche Falten. » Ich bin schlecht zu Fuß. Außerdem ist ein häßlicher schlanker Greis wie du für Leute wie Apollon und Alexander eher erträglich als ein feister Mann im besten Alter. Allein mein Anblick würde den König daran erinnern, daß er zu lange nichts gegessen hat.«
    Drakon starrte vor sich auf den Boden; mit dem rechten Fuß scharrte er Sand zu einem Häufchen und ebnete es sogleich wieder ein. » Na gut. Ich gehe. Hast du etwas für ihn?«
    Eumenes wühlte in den Rollen. » Willst du Papyros, oder reicht dir zunächst eine Zusammenfassung?«
    » Kein Papyros.«
    Der Hellene nickte. » Gut. Übliches ist dabei; Meldungen aus rückwärtigen Lagern und Festungen, der Stand des Nachschubs, dergleichen. Und zwei Dinge von Bedeutung, aber nicht so eilig, daß er sie vor der Abendbesprechung haben müßte.« Er hielt eine Rolle hoch, dann eine zweite. » Kamen mit einem Schnellsegler an, heute mittag.«
    » Was ist es?«
    » Ein Brief von Hekataios, ein Schreiben von Parmenion. Beide behandeln Attalos und was damit zusammenhängt. Parmenion hat dann noch eine hastige Nachschrift hingekritzelt. Sie haben Attalos von seinen eigenen Leuten hinrichten lassen; keiner hat sich geweigert. Das Heer am Hellespont ist treu. Wichtiger– na ja, Parmenion hat die Dinge in der Hand, deshalb ist es nicht so überraschend; wichtiger ist die Nachschrift.« Er fuchtelte mit der zweiten Rolle. » Die Söldnerführer, Memnon und Mentor, haben ihnen ja heftig zugesetzt und sie an den Hellespont zurückgedrängt. Wie wir zu gut wissen. Seit einiger Zeit war da aber Ruhe– jedenfalls fast. Parmenions Nachschrift sagt, weshalb.«
    Drakon ächzte. » Mach’s doch nicht so spannend.«
    Eumenes lächelte. » Nachrichten aus dem Inneren des persischen Reichs brauchen lange. Vor allem Bestätigungen. Arses ist tot– ermordet.«
    Drakon fuhr auf. » Was?«
    » Der Großkönig wurde wahrscheinlich von Bagoas dem Hurtigen umgebracht– dem Eunuchen, der ihn vor ein paar Jahren auf den Thron gehoben hat. Der neue Großkönig heißt

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