Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands
Dareios, aber es bleibt alles in der Familie. Arses war der jüngste Sohn von Artaxerxes Ochos, Dareios ist ein Sohn von Arsames, dem Bruder von Ochos’ Vater. Also, er ist ein Vetter von Artaxerxes und…«
Drakon stand auf. » Deine Familiengeschichten kümmern mich jetzt nicht. Es gibt andere; Familiengeschichten, die schlimmer sind.«
» Was denn?«
Drakon winkte dem Sklaven, der ihm das Pferd brachte und auf Drakons Handbewegung hin außer Hörweite ging. Leise sagte der Arzt:
» Meldung von Archelaos. Olympias ist wieder in Pella. Sie hat– ah, es war keiner da, der sie hätte hindern können. Sie hat Kleopatra und das Kind umgebracht und behauptet, Kleopatra hätte es selbst getan, in einem Anfall von Verwirrung.«
Eumenes schloß die Augen. » Viel Vergnügen bei der Weitergabe. O ihr Götter– was für eine Hexe!«
Bei Sonnenuntergang kehrte Drakon zurück. Er ließ sein Pferd in der Obhut der eigenen Sklaven und kam mit langsamen, steifen Schritten zu Eumenes, der eben den letzten Brief des Tages beendet hatte und den Haufen der von Alexander zu unterzeichnenden Rollen sichtete.
» Na?«
» Selber na. Hast du was zu trinken?«
» Mit Wasser?«
» Bah.«
Eumenes goß einen Becher voll, unverdünnt; Drakon trank ihn halbleer, im Stehen. Dann erst setzte er sich auf einen der Klappstühle.
» Heute keine Besprechung mehr; er will niemanden sehen. Er ist weiß geworden wie, ah, wie frischer Käse. Du sollst zwei Briefe fertigmachen. Einen an Olympias– Verehrung des Sohnes und so weiter. Leider sei nach neuesten Erkenntnissen eine Menge persischer Meuchelmörder unterwegs; daher müsse die Bewegung wichtiger Menschen eingeschränkt werden. Klartext, den Schmus kannst du ja dazutun: Olympias hat den Palast nicht zu verlassen, außer, wenn sie zu Aristandros und seinem Tempel will. Inner- und außerhalb des Palastes scharfe Bewachung. Der andere Brief, doppelt, an Archelaos und Antipatros: Olympias ist schärfstens zu bewachen; desgleichen Arridaios, Kynnane und überhaupt alle, denen sie möglicherweise etwas antun könnte.«
Eumenes seufzte. » Wie schön. Wann läßt er sie endlich erwürgen?«
Drakons Gesicht zog sich in die Länge; er krallte die Finger der Rechten in den grauschwarzen Bart. » Nie.– Ah, noch etwas. Morgen kommt eine Gesandtschaft aus Athen. Mal sehen, wie sie sich diesmal rauswinden.«
Je näher sie den Thermopylen kamen, um so langsamer wurde der Zug. Einige der Gesandten ritten, andere saßen auf zweirädrigen Karren, die von Pferden gezogen wurden; Demades und Demosthenes gingen zu Fuß. Demades unterhielt sich mit einem der Diener über die Art, in der die Geschenke an den König zu verpacken und zu überreichen seien. Die ersten Häuser von Nikaia lagen vor ihnen; in zwei Stunden, so schätzten die Führer, würden sie das Hauptlager der Makedonen erreichen. Reitertruppen hatten sie kurz angehalten, eine Weile geleitet und waren dann wieder verschwunden.
Demosthenes, der vorausging, blieb plötzlich stehen und wartete, bis Demades neben ihm war. Demades seufzte und schickte den Diener fort.
Demosthenes fingerte an seinem Reiseumhang herum. » Ah, ich, also…«
Demades schaute ihn von der Seite an, mit einem unverhohlenen Ausdruck von Abscheu. » Darauf warte ich, seit wir Athen verlassen haben.«
Demosthenes schnitt eine Fratze. » Wäre es nicht, bei allem, was den Menschen durch die Gnade und Verfügung der ewigen Götter zu erkennen gestattet ist, eine durchaus denkbare Annahme, daß der siegreiche junge König der Makedonen Anstoß nehmen möchte an einer Friedensgesandtschaft, die Demosthenes unter…«
Demades sagte halblaut: » Aaaah! Erspar mir dein dummes Geschwätz. Heb es dir auf für deine gehörlosen Anhänger.«
» Meinst du nicht, daß etwas an meiner Überlegung sein könnte?«
Demades nickte. » Daran ist zweifellos etwas. Das Übliche nämlich. Eitelkeit, solange du bei den Gewinnern bist; und Feigheit, wenn es ans Bezahlen geht.«
Der Zug hatte sich bereits ein wenig von ihnen entfernt. Demosthenes schaute hinter den anderen her, dann auf die Straße, zurück, nach rechts und links, als ob er etwas suchte. Makedonen, zum Beispiel. Er gab sich offenbar Mühe, tapfer und unbesorgt dreinzuschauen.
Demades hob die Hände. » Also gut; hau ab. Wahrscheinlich ist es auch besser so. Wenn sie dich als heiliges Opfer hätten, wären deine Leute noch unerträglicher.«
Demosthenes stieß einen tiefen Seufzer aus. » Das werde ich dir nie
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