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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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beseitigt, Drakon? Auch dir danke ich.«
    Der Heiler hob die Hände; Aristoteles sah ihn zum ersten Mal fassungslos.
    Antipatros stand auf. » Nicht, daß ich eure geheimen Botschaften verstünde. Es geht mich auch nichts an. Aber es gibt noch eines, was sofort zu klären wäre– Herr.«
    Alexander kam zu ihm, mit kleinen Schritten. Er legte ihm beide Hände auf die Schultern und sah ihn eindringlich an. » Antipatros, mein Vater. Hüter meines Rückens. Ich sage nein.«
    Antipatros blinzelte sehr schnell. » Was meinst du?«
    » Vielleicht ist sie ein Ungeheuer.« Alexander nahm die Hände von den Schultern des alten Mannes und ließ sie baumeln. Sein Gesicht veränderte sich, die Augen waren in der Ferne. » Wenn alles stimmt, was sie und der Seher sagen, bin ich an eine bestimmte Zukunft gefesselt, gebunden auf ein Rad aus Feuer… Ein Ungeheuer töten, die Mutter schänden, den Vater schlachten, mein Glied der Göttin opfern, Gefäß des Ammon sein– all dies, und mehr, wollen die Götter.« Sein Blick kehrte zurück, irrte im Raum umher, ruhte auf Aristoteles. » Nun denn.« Das Gesicht wurde hart und kalt. » Den Vater hat ein anderer geschlachtet, und was die übrigen Dinge angeht, soweit sie nicht schon geschehen sind, gedenke ich den Göttern zu trotzen und das Rad und die Fesseln zu zerstören. Vielleicht ist sie ein Ungeheuer. Aber da die Götter wollen, daß ich sie schände und töte, werde ich sie nicht anrühren. Sie darf nie, nie, nie die Macht in die Hände bekommen. Aber sie wird leben– auch aus politischen Gründen.«
    Aristoteles sog Luft durch die Zähne. » Was immer sonst dahinterstecken mag, er hat recht, Antipatros. Viele werden sagen, er sei der einzige, dem Philipps Tod nützt. Man wird an der Verschwörung, oder den Verschwörungen, gründlich zweifeln. Amyntas, Attalos, Heromenes, Arrhabaios, Pausanias– wie viele werden noch sterben müssen, damit ihr sicher sein könnt? Der Tod von Olympias wäre ein Segen für die Oikumene, denn sie ist ein Ungeheuer. Aber nicht nur in Athen würden dann viele sagen: Seht, das ist der Beweis– erst der Vater, dann die Mutter, damit er alles allein hat und keinem etwas schuldet.«
    Demaratos nickte. » So ist es. Die heute hier waren, die draußen feiern, die dich kennen, Alexander, lieben und bewundern dich. Aber schon die Brüder und Vettern der Bergfürsten, jene, die dich nicht gesehen haben, sind nicht unbedingt hinter dir und mit dir. Nein, Antipatros, du hast einen klugen König. Er weiß, daß die Macht unsicher ist, schwankend wie der Fuß, der einen Speer und sonst nichts als Brücke zwischen sich und dem Abgrund hat. Ein Fehltritt, und du stürzt; ein falscher Entschluß, und das Land steht in Flammen. Olympias darf nicht umkommen. Jedenfalls noch nicht.«
    Alexander war einen halben Kopf kleiner als Antipatros, aber irgendwie schien es, als ob der alte, erfahrene Hüter des Staats zum jungen König aufschaute.
    » Es soll sein, wie du sagst, Alexander.« Er versuchte ein wenig zu grinsen, was ihm nur mühsam gelang; dabei schaute er über Alexanders Schulter Aristoteles an. » Ich bin zufrieden– Junge. Nun sag mir nur noch, warum du den hellenischen Gedankengaukler die ganze Zeit dabeihaben wolltest.«
    Alexander runzelte die Stirn und wandte sich dem Philosophen zu. » Warum?«
    Aristoteles antwortete. » Weil er, o edler Antipatros, befürchtet hatte, ihr könntet aus lauter Schrecken über seine Verwandlung und seine Beschlüsse den Widerspruch vergessen, da, wo Widerspruch angebracht ist. Deshalb wollte er mich dabeihaben, denn er weiß, daß Aristoteles als Philosoph nicht viel taugt, bei anderen Dingen jedoch oft klarer sieht als jene, die mit ihnen befaßt sind.« Er kicherte leise. » Außerdem plagt ihn eine gewisse Eitelkeit– die Eitelkeit des Schülers, der wissen will, ob der Lehrer mit ihm zufrieden ist. Nun, wie ist es, Alexander?«
    Der König lächelte. » Du bist zufrieden, Aristoteles.«

18 .
    Jenseits der Thermopylen
    Antipatros war nicht im Palast, als der Reisezug der Mutter des neuen Königs eintraf. Probleme des Nachschubs für das in Eilmärschen nach Hellas vordringende Heer Alexanders, Probleme der Versorgung der verstärkten Grenztruppen im Norden und Nordosten, Probleme des Nachschubs für die Männer am Hellespont, das Ausbleiben einer Nachricht über Attalos und Hekataios– zu viel zu tun, zu wenig Zeit. Hinzu kam, daß der eine oder andere epistates die Belange der von ihm verwalteten Stadt nicht

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