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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Müßte gleich kommen.«
    Antipatros gähnte. » Überraschungen am Morgen … Wir müssen noch etwas bereden, Junge; gestern abend sind wir nicht ganz fertig geworden mit der Politik, bevor dich das Fleisch rief.«
    Philipp hob eine Braue.
    » Deine Zeitvorstellungen. Du hast von zwanzig Jahren oder mehr gesprochen. In zwanzig Jahren bist du älter, als wir beide jetzt sind, und wir sind dann Greise. Wer soll weitermachen? Und– in welchem Amt?«
    Parmenion pfiff leise durch die Zähne. » Reden wir davon, ja. Reden wir nicht von der Macht und den Zielen und der Lust, in Macht und Reichtum ein großes Ziel anzustreben. Reden wir davon.«
    Philipp hob beide Hände und ließ sie wieder sinken. » Ihr verfinstert mein Gemüt! Das hat doch noch Zeit.«
    » Hat es nicht.« Antipatros schob den Helm zurück und massierte sich die kahle Stirn. » Du wärmst den Thron für deinen Neffen Amyntas, als Vormund und Verweser. Alle behandeln dich als König, aber du bist nicht der König der Makedonen, Philipp. Pläne für zwanzig Jahre kannst du nicht machen. In fünfzehn Jahren, spätestens, wird dein Neffe Einwände erheben.«
    Philipp blieb am Tisch stehen und stützte sich mit geballten Fäusten auf die Platte. » Sobald die wichtigsten Dinge geregelt sind, werde ich die Versammlung der Fürsten und Krieger auffordern.«
    Parmenion stieß seinen Scherenstuhl zurück, stand auf und packte Philipp an den Schultern. » Komm zu dir, Junge. Du bist der dritte Sohn von König Amyntas. Deine Brüder sind tot, der zweite hat einen Sohn hinterlassen. Der König wird von der Versammlung gewählt, und die Versammlung muß nicht unbedingt einen wählen, der unmittelbar vom alten Herrscher abstammt. Er kann auch aus einem anderen Zweig kommen. Ein Lynkeste, ein Oreste, zum Beispiel. Du hast die lynkestische Hexe getötet; du hast Phila zur Frau genommen– aber sie hat bisher kein Kind. Du hast die Illyrerin zur Frau genommen, auch sie ist ohne Sohn. Nur eine Tochter. Dann hast du diese Tänzerin Philinna in dein Bett geholt– sie ist schwanger, aber sie ist aus Larisa, eine Thessalierin. Deine Verbindungen zu den Fürsten sind schwach, Philipp. Und: Solange ein kleiner Königssohn lebt, wird niemand den Onkel und Vormund zum König machen– es sei denn, er hätte selbst einen Sohn, der ihm nachfolgen kann, wenn etwas geschehen sollte. Einen Sohn von einer hohen Frau, nicht von einer Tänzerin.«
    Philipp starrte Parmenion finster an; einen Moment sah er aus, als ob er zum Schwert greifen wollte. Dann lachte er, nahm Parmenions Hände von seinen Schultern und drückte sie. » Ich soll also meinen Samen nicht so vergeuden wie letzte Nacht? Ah, Freunde, und dann? Noch eine Frau nehmen? Warum nicht? Einen Sohn zeugen? Und wenn er geboren ist, die Versammlung einberufen?«
    Antipatros lächelte; dann gefror sein Gesicht. An Philipp und Parmenion vorbei schaute er zum Eingang. In einem schmierigen, zerfetzten Chiton, mit einer vielfach geflickten Pferdedecke um die Schultern erschien Drakon der Heiler. Er sah aus, als hätte er einige Tage lang weder geschlafen noch den Bart geschabt. Eine Wolke übler Ausdünstungen umgab ihn: halbverdauter Wein, ausgebrochener Braten, Harn, Düfte billiger Dirnen. Er hatte eine Rose zwischen den Zähnen und kaute gemächlich auf dem Stiel; dann nahm er sie in die Hand, spuckte einen Dorn aus und verbeugte sich stumm.
    » Was machst du denn hier?« sagte Parmenion. » Statt in Pella.«
    Philipp klatschte in die Hände. » Wein«, brüllte er, » Fleisch und Brot. Und ein heißes Bad.« Ein paar Sklaven brachten eilig das Gewünschte, andere huschten in Nebenräume. Philipp deutete auf die Steinbank mit dem Bärenfell; eigenhändig goß er einen Becher voll Wein und reichte ihn dem Heiler.
    » Danke, Fürst der Makedonen– ich kann’s gebrauchen.« Drakon klemmte sich die Rose hinter ein Ohr, nahm einen tiefen Schluck und seufzte genüßlich. Langsam ging er zur Bank und ließ sich nieder.
    » Wie bereits gesagt«– Philipp grinste Antipatros an, dann Parmenion–, » gibt es auf Samothrake viele Dinge und viele Leute. Und meine kleinen Überraschungen. Manche Männer sind besser als andere dazu geeignet, überall herumzuwandern, ohne aufzufallen. Priester, zum Beispiel, denen ich mißtraue; und Heiler wie Drakon, dem ich meine Leber und meinen Thron anvertraue. Was hast du gefunden?«
    » Moment«, knurrte Antipatros. » Seit wann ist er hier?«
    » Seit zehn Tagen, Rückenbewahrer.« Drakon leerte

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