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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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auch der Herrscher Makedoniens die volle Dauer der Feiern zu… ertragen hat und daß nach der einleitenden Zeremonie seine Behandlung der aller anderen gleicht.«
    Philipp grunzte und nickte. Sie gingen in den Tempel.
    Olympias stand barfuß auf einem Stein mit blauen Adern. Sie trug den knielangen, ärmellosen Chiton aus weißem Leinen. Eine hellrote Schärpe, statt eines Gürtels eng um den Leib geschlungen, betonte Brüste, Hüften und Gesäß. Hellrot waren auch die Nägel an ihren Fingern und Zehen. Der im Tempel zum Dämmer gemilderte Tag, lodernde Fackeln und glimmende Becken, der wogende Widerschein auf Edelsteinen, Gold und Elfenbein umgaben sie mit vielfarbigem Feuer; es rieselte aus ihrem brandigen Haar.
    Der Ägypter stellte sich zu ihrer Rechten, Aristandros zur Rechten von Philipp auf.
    » Deine hetaira«, sagte der Seher aus Telmessos. Er nahm Philipps rechte Hand, der Ägypter die von Olympias.
    Philipp stand starr. Seine Nase schien blutleer, seine Augen fraßen sich fest in Olympias’ Gesicht. Sie seufzte kaum hörbar, öffnete ein wenig den Mund, schüttelte die Hand des Ägypters ab; ihre Blicke und die von Philipp schienen sich umeinander zu flechten. Als ihre Finger seine berührten, war es, als ob beide einen Moment lang schwankten. Der Ägypter trat einen Schritt zurück; auf dem Gesicht des Aristandros starb das Lächeln. Antipatros starrte die Frau an, offenbar fassungslos; dann ächzte er leise, sah Philipps Gesicht und schloß die Augen.
    Philipp und Olympias preßten die Handflächen gegeneinander; die Finger verschränkten sich wie im Krampf. Der Makedone streckte die linke Hand aus; ohne von Olympias’ Augen fortzuschauen, löste er die goldene Spange, die das aufgetürmte rote Haar zusammenhielt. Das Schmuckstück klirrte zu Boden, lag zwischen Olympias’ Füßen. Mit einer Kreiselbewegung des Kopfes schüttelte sie das Haar aus.
    Aristandros rang um Luft wie ein Ertrinkender; es war beinahe ein Schluchzlaut. Er ließ Philipps Arm los und ging langsam nach vorn, zum Altar vor der riesigen Statue des Gottes, wo die Tempelsklaven Philipps Weihegaben niedergelegt hatten. Die drei anderen Priester folgten. Philipp und Olympias standen einen Moment versunken und verloren, ehe sie sich mit einer spürbaren Anstrengung voneinander lösen, die Blicke und die Hände entflechten konnten. Nebeneinander gingen sie zum Altar des Zeus-Ammon. Antipatros bückte sich nach der goldenen Spange und steckte sie ein, ehe er folgte.
    Der thrakische Priester hatte die Hände erhoben und die Augen geschlossen. Halblaut murmelte er Gebete, Anrufungen. Aristandros ging zu einem kleinen Tisch; dort lagen die Tonröhre und die Beutel mit Gold und Weihrauch, die er am Vortag mitgebracht hatte. Der Ägypter und der Hellene traten neben den Thraker.
    Tempelsklaven schleiften einen jungen Widder herbei; sie hatten ihm die Schnauze mit einem weißen Tuch umwickelt, damit er den heiligen Ort nicht durch Blöken entweihte. Der Thraker ergriff ein scharfes, leicht gekrümmtes Opfermesser, hob es an seine Stirn und reichte es dem Hellenen, der dieBewegung wiederholte und das Messer dem Ägypter gab.
    Die Sklaven versuchten, den strampelnden Widder auf den Altar zu wuchten. Der Ägypter schüttelte den Kopf und deutete auf den Boden vor dem Altar. Einer der Sklaven packte die Hörner des Tiers und bog ihm den Kopf in den Nacken.
    Philipp streckte den Arm aus; seine Finger schlossen sich um das Handgelenk des Ägypters. Der Priester wehrte sich; seine Lippen waren zusammengepreßt, er keuchte, seine Wangenmuskeln arbeiteten. Dann knackte etwas; der Ägypter stieß einen leisen Schrei aus und ließ das Opfermesser fallen.
    » Meine Weihegaben.« Philipps tiefe, volle Stimme dröhnte durch den Tempel. » Mein Opfer.«
    » Du… du bist kein Priester.« Der Hellene starrte ihn an.
    » Priester können opfern, und Könige.«
    » Du bist kein König– noch nicht«, sagte Aristandros.
    » Für Makedoniens Volk bin ich es, für die Fürsten werde ich es sein. Laßt den Gott entscheiden– wenn er das Opfer annimmt und die Leber des Widders gut ist, gilt, was ich sage. Wenn nicht, muß ich wieder etwas sühnen. Um so besser für euch.«
    Aristandros warf Antipatros einen hilfesuchenden Blick zu, aber diesmal hielt Philipps Berater sich zurück. Mit dem Fuß stieß der Makedone das Opfermesser beiseite und bückte sich zu dem Widder. Er zupfte am Tuch; das Tier wurde ruhiger, als Philipp es berührte.
    » Blöde Knoten«,

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