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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Südstadt.«
    »Er zofft sich also mit seiner Tochter. Das würden meine Nachbarn auch über mich sagen.«
    »Aber nicht so. Da ist richtig Hass im Spiel, sagen die Leute. Sie ist auch schon zweimal abgehauen und erst Tage später wiederaufgetaucht. Wenn man den Vater darauf anspricht, dann wird er unverschämt und droht gleich mit dem Anwalt. Drum redet meine Cousine jetzt lieber gar nicht mehr mit ihm. Er wird mit dem Mädchen nicht fertig, heißt es. Sie tanzt ihm auf der Nase rum. Am vergangenen Donnerstag soll es besonders schlimm gewesen sein.«
    Sie setzte eine geheimnisvolle Miene auf. Wir kamen zum spannenden Teil. Ich stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch und faltete die Hände. »Jetzt erzählen Sie schon!«
    »Sogar eine Scheibe haben sie eingeschmissen, so ist das da zugegangen. Und es war mitten in der Nacht. Die Nachbarn hätten fast die Polizei geholt.«
    Streit mit den Eltern war das mit Abstand häufigste Motiv für Jugendliche und Heranwachsende, davonzulaufen. Mir kam ein Gedanke, der mir schon viel früher hätte kommen sollen. Ich griff zum Handy und wählte Sarahs Nummer. Glücklicherweise hatte sie gerade große Pause.
    »Eine Tasche?«, fragte sie zurück. »Nö, kann mich nicht erinnern, dass Lea Gepäck dabeigehabt hätte. Ihre Handtasche, logo. Die war schon ziemlich groß. Sie schleppt ja immer ein halbes Kosmetikstudio mit sich rum. Aber so richtig Gepäck? Echt nicht.«
    Eine Stunde und fünfzehn Akten später konnte ich meine Neugier nicht länger zügeln. Ich suchte den Zettel mit der Telefonnummer, die ich vorhin notiert hatte.
    »Sie schon wieder«, lautete die wenig begeisterte Begrüßung von Lassalles Nachfolger. »Was ist denn noch?«
    »Sie waren vorhin so überrascht, als ich sagte, dass Lea jetzt bei ihrem Vater lebt.«
    »Stimmt«, brummte Körner unwillig. »Das war ich wohl.«
    »Was ist daran so merkwürdig, dass ein Kind nach dem Tod der Mutter zum Vater zieht?«
    Körner schnaufte gequält. »Ich möchte Justus nicht hinhängen, verstehen Sie mich bitte. Aber …« Ich hörte ihn durchs Telefon schlucken. Schließlich gab er sich einen Ruck. »Na gut, früher oder später finden Sie es ja so oder so heraus. Wir waren damals öfter zusammen Ski fahren, Justus und Jasmin und ich und meine Vanja. Das war meine damalige … Lebensabschnittsgefährtin, wie man so treffend sagt. Und Lea natürlich. Lea war immer dabei. Jeden Winter waren wir zwei, drei Mal für ein verlängertes Wochenende zusammen in den Alpen. Und beim letzten Mal, im Januar muss das gewesen sein, ein paar Monate bevor Justus ausgeschieden ist, da war die Stimmung zwischen den dreien irgendwie komisch. Ich weiß, das klingt jetzt furchtbar, aber …«
    Erneut brach Körner ab. Quälte sich nach Sekunden weiter.
    »Justus und Jasmin haben sich auf einmal kaum noch angesehen. Und was ich noch viel komischer fand: Sie hat ständig aufgepasst, dass Lea in ihrer Nähe blieb. Deutlicher möchte ich aber wirklich nicht …«
    »Danke«, sagte ich mit belegter Stimme. »Das war deutlich genug.«
    »Bin nicht stolz darauf«, erwiderte Körner abgekämpft. »Die ganze Zeit habe ich hier an meinem Schreibtisch gesessen, nachdem wir vorhin aufgelegt hatten, und mir den Kopf zermartert, was ich tun soll. Ob ich so was sagen darf. Auf der anderen Seite war’s ja nun mal so. Und vielleicht ist es ja wichtig. Aber Justus, ich will ihn wirklich … Ich habe keinen Dunst, was damals los war. Nur eines weiß ich: Es war das letzte Mal, dass wir zusammen Ski laufen waren. Drei Monate später war Jasmin mit Lea in Bad Homburg bei ihren Eltern, und Justus war gefeuert, und alles war kaputt. Aber bitte, ziehen Sie jetzt keine voreiligen Schlüsse. Und sagen Sie Justus um Gottes willen nicht …«
    »Das werde ich nicht tun. Weder das eine noch das andere.«
    »Und Sie wollen mir immer noch nicht sagen, was eigentlich los ist?«
    Nun war ich es, der zögerte. Aber Offenheit musste mit Offenheit belohnt werden.
    »Lea ist verschwunden. Seit Freitag.«
    »Und was sagt Justus dazu?«
    »Dem scheint das ziemlich gleichgültig zu sein.«
    »Wo wir schon dabei sind«, sagte Körner nach einigen stillen Sekunden. »Es gibt noch eine andere Merkwürdigkeit aus der Zeit, die hat aber nichts mit Lea zu tun. In dem Jahr vor dem großen Krach hatten wir einen Doktoranden hier. Justus hatte immer noch Kontakt zu seinem alten Prof in Darmstadt, und der hat ihm den jungen Mann nach Saarbrücken geschickt. Er sollte in unseren Labors

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