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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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gestellt?«
    »Hm.«
    »Könnt ihr mir eine Liste ihrer sogenannten Freunde machen?«
    »Lea hat ungefähr tausend Facebook-Freunde, Paps«, erwiderte meine Jüngste. »Das kannst du vergessen.«
    Zehn Minuten später erreichte mich die nächste Meldung aus Bad Homburg: »Er steht auf dem Friedhof und schimpft mit seiner Frau«, berichtete Sönnchen.
    »Seine Frau ist seit zwei Jahren tot.«
    »Er steht an ihrem Grab«
    »Und was schimpft er so?«
    »Wegen Lea. Dass irgendwas nicht stimmt, was seine Frau behauptet hat. Anscheinend ist da auch mal was mit einem anderen Mann gewesen. Er spricht arg undeutlich, sagt Jan. Auf dem Weg zum Friedhof hat er an einem Kiosk zwei Flachmänner gekauft und leer gemacht. Französischen Cognac, sagt Jan, aber keine teure Sorte.«
    Mein Aktenstapel hatte in der letzten Stunde erfreulich abgenommen. Der Cappuccino hatte neue Kräfte in mir geweckt, das Telefon die meiste Zeit geschwiegen, und inzwischen schien draußen sogar wieder die Sonne. Manchmal lief es einfach. Plötzlich erledigten sich lästige Angelegenheiten, die man Wochen vor sich hergeschoben hatte, wie aus dem Handgelenk. Diese Stunden waren selten, und es galt sie zu nutzen.
    Um zehn vor zwölf saß Lassalle wieder in der S-Bahn. Die meiste Zeit stierte er auf seine Füße, und manchmal seufzte er herzzerreißend.
    Kurze Zeit später meldete sich mein Telefon.
    »De Brune noch mal«, sagte Sönnchen tonlos, bevor sie das Gespräch durchstellte.
    Vor drei Stunden hatte ein Bauer in einem Wäldchen dreißig Kilometer südwestlich von Straßburg eine verbrannte Leiche gefunden. Nach Meinung des Arztes handelte es sich um eine junge Person weiblichen Geschlechts.
    »Todeszeitpunkt zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens«, sagte de Brune mit müder Stimme. »Blutjung muss das arme Ding gewesen sein. Maximal fünfundzwanzig, wahrscheinlich jünger. Ich dachte, ich informiere Sie lieber gleich.«
    »Gibt es schon irgendwelche Hinweise zur Identität des Opfers?«
    »Leider nein. Sie war nackt, als der Wahnsinnige sie mit Benzin übergossen und angezündet hat. Und das Furchtbarste ist …« Es dauerte einen Moment, bis de Brune weitersprechen konnte. »Er hat eine Art Scheiterhaufen gebaut. Der Kerl ist … Wir müssen uns wohl darauf einstellen, dass wir es mit einem Irren zu tun haben.«
    »Können Sie vielleicht schon etwas zur Statur des Opfers sagen? Die Haarfarbe? Die Größe?«
    »Haarfarbe: dunkel. Statur: schmal. Größe: eins fünfundsiebzig plus/minus zwei Zentimeter.«
    Lea war dunkelhaarig, schlank und eins sechsundsiebzig groß. Mir wurde kalt. Ein Verrückter – der Alptraum jedes Ermittlers. Ein Täter, der vor seiner Tat keinerlei Beziehung zum Opfer hatte. Ein Fall, bei dem es keine Verbindung zwischen den beiden gab außer dem Umstand, dass sich ihre Wege zum falschen Zeitpunkt gekreuzt hatten. Bei dem es kein Motiv gab, keine Beute, die früher oder später bei irgendeinem Hehler auftauchte. Nur die vage Hoffnung auf einen glücklichen Zufall und die Künste der modernen Forensik.
    Immerhin hatte die erste Tote im Elsass mittlerweile einen Namen. Sie hieß Julienne Mathieu, stammte aus Bordeaux und hatte ihr Geld auf dem Straßenstrich verdient.
    »Die Abstände werden kürzer«, sagte de Brune am Ende. »Er verliert allmählich die Kontrolle.«
    Ich brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, was er meinte. »Heißt das, es hat schon früher ähnliche Fälle gegeben?«
    »Sie ist Nummer vier«, erwiderte der Capitaine. »Eine Briefträgerin vor drei Jahren. Eine Krankenschwester vor sechs Monaten. Und jetzt zwei innerhalb von einer Woche. Die ersten beiden hat er auch nicht so zugerichtet. Die hat er vergewaltigt und erwürgt, aber nicht auch noch so … verwüstet. Irgendetwas muss mit ihm passiert sein. Gebe Gott, dass er bald einen Fehler macht.«
    »Gibt es …« Ich schluckte. »Gibt es Gemeinsamkeiten bei den Opfern?«
    »Die Briefträgerin war neunundvierzig und dick, die Krankenschwester Mitte zwanzig und schlank, das Strichmädchen einundzwanzig und auch schlank. Eines haben sie gemeinsam: Sie waren alle dunkelhaarig.«
    Durch die geschlossene Tür hörte ich Sönnchen singen.
    »Sobald ich die Blutgruppe habe, hören Sie wieder von mir«, sagte de Brune und legte ohne Gruß auf.
    »Que sera, sera«, tönte es im Vorzimmer. »Whatever will be, will be. The future’s not ours to see.«
    Der neue Fundort lag etwa zehn Kilometer südlich von der Stelle, wo Julienne Mathieus sterbliche

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