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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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sich zu allen äußern müssen.«
    Ptolemaios hatte die Fragen gehört, die Alexander im Tempel stellte; sie befanden sich sämtlich auf der Liste des Demaratos. Ist Alexander von Makedonien Pharao und Sohn Ammons – Ist das Orakel von Gordion zutreffend – Welche Götter soll Alexander in Asien ehren – Wird die neue Stadt gedeihen an förderlicher Stelle – Sind alle Mörder von Alexanders Vater bestraft worden.
    Ptolemaios hatte noch gehört, wie der Priester den König bat, die letzte Frage anders zu stellen, da – wie bereits in der Begrüßung festgestellt – Alexander Amuns Sohn sei (damit war die erste Frage beantwortet) und man einen Gott nicht ermorden könne. Alexander fragte also nach den Mördern Philipps von Makedonien; dann hörte Ptolemaios Geräusche wie von einem näher kriechenden Menschen und zog sich zurück.
    »Und die Antworten?«
    »Er hat einen Papyros erhalten. Er hatte ihn, als er den Tempel verließ, nicht bei sich. Wahrscheinlich hat er ihn in den Mund des Gottes zurückgelegt. Aber« – Drakon bleckte die Zähne in einem höhnischen Grinsen – »ich habe Aristandros beobachtet, als er wieder zu beobachten war. Ein anderer Priester hat ihn noch einmal zurück in das Nebengebäude geholt; Alexander rief nach ihm, deshalb mußte er sofort wieder ins Freie kommen, und da hatte er einen Papyrosfetzen in der Hand. Er hat ihn gelesen, im Gehen; seine Beine sind weggeknickt, fast wäre er gefallen. Als er zu Alexander kam, war er bleich. Er hatte den zerknüllten Fetzen in der Hand. Ich stand neben dem König, als er mit dem Seher gesprochen hat. Ich habe die Hand ausgestreckt; Aristandros hat sich stumm verweigert. Plötzlich« – Drakon sog scharf die Luft durch die Zähne – »sagt Alexander zu ihm: ›Gib es Drakon. Für die Welt reichen Kallisthenes und seine Lügen.‹ Der Seher gibt mir den Papyros; ich glätte den Knäuel, lese, und Alexander nimmt den Fetzen aus meiner Hand, geht zu einem Kochfeuer und wirft ihn hinein. Dann drückt er mir seinen Siegelring auf den Mund.«
    »Wo war Kallisthenes?«
    »Besinnungslos betrunken. Er wird schreiben, oder hat schon geschrieben, was Alexander ihm zu schreiben auftrug. Die Antworten lauten demnach: Alexander ist Pharao und Sohn des Gottes; das Orakel von Gordion ist zutreffend, also Alexander wird der Herr Asiens sein; dort soll er alle Götter ehren, besonders die der Erde und der Gewässer; die neue Stadt steht an bester Stelle und wird groß und mächtig sein; die Mörder Philipps sind bestraft.«
    Barsine richtete sich auf; sie stützte sich auf die Ellenbogen. »Jetzt kommt der Handel, nicht wahr?«
    Sisygambis schloß die Augen und drehte das Gesicht zur Wand.
    »Kein Handel«, sagte Drakon heiser. »Mein Mund ist versiegelt. Alexander hat mir gestattet, Demaratos einzuweihen; und – mit einem spöttischen Lächeln – Aristoteles, ›weil der es ohnehin nicht glauben, aber bis nach meinem Tod verschweigen wird‹.«
    Barsine verzog keine Miene, nur ein Wangenmuskel zuckte. »Demaratos? Dann hat er aufgegeben, oder er weiß mehr, als auf dem Papyros stand. Vielleicht ... vielleicht hat der Oberste Priester noch etwas gesagt. – Waren das die Antworten, die ihr vorgegeben habt?«
    Drakon nickte. »Bis auf den ›Gott‹ – das war ein Keulenschlag – und die Sache mit Erde und Gewässern; das kam von Ammon. Den Priestern. Ich weiß nicht so recht, was er bedeuten soll.«
    »Wahrscheinlich hat ihm der Oberpriester noch etwas dazu gesagt. Ich kann dir etwas dazu sagen – wenn du willst.«
    Drakon biß die Zähne zusammen; kaum vernehmbar knurrte er: »Kein Handel, Fürstin.«
    Barsine lachte; es war kein fröhliches Geräusch. »Ich sage dir noch etwas anderes. Du magst nicht fragen, weil du fürchtest, auch das würde Teil des Handels. Wieso ich gesagt habe, Alexander hätte gegenüber Demaratos aufgegeben oder wüßte mehr.«
    Drakon machte ein undeutbares Geräusch in der Kehle.
    »Demaratos und seine Mitarbeiter haben ihm etwas verschwiegen, was er längst weiß, nicht wahr? Weil Olympias es ihm gesagt hat. Deshalb mißtraut er ihm – euch, Drakon. Zumindest ein wenig. Und er hat sich verändert. Das Spiel der geheimen Dienste hält sich an Verstand und Gegenverstand, List und Gegenlist. Was Alexander, aus dem Feuerzungen und Schwärze in die Welt gehen, als Gott beschließt, entzieht sich euch. Er muß geahnt haben, daß im Ammoneion etwas geschehen würde, was jenseits des Spiels von Demaratos, Bagoas und Hamilkar ist.

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