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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Göttern Samothrake aufsuchte, wo er Olympias sah, begehrte und zur Frau nahm; daß – dies wußte Drakon nicht – vor elf oder zwölf Jahren, als Rtakhshassa – Artaxerxes – Ägypten zurückholte ins Persische Reich, die Priester von blutigem Widerstand abgeraten hatten, weil das neue Gefäß des Ammon bereits lebe und bald kommen werde; daß dieses ägyptische Zeichen seit etlichen Jahren zunächst in Mesopotamien und Phönikien, erst später, nach der erneuten Eroberung, in Ägypten als Zeichen jener verwendet wurde, die insgeheim Widerstand gegen Iran zu leisten versuchten. Und daß Bagoas der Heile, Lenker und Planer der geheimen Aufklärungsdienste des Großkönigs, das Zeichen ebenso kannte wie Hamilkar, sein Gegenspieler in Karchedon, wo das Zeichen, auf die letzten einfachen Formen beschränkt, Symbol der Stadtgöttin Tanit sein konnte.
    »Wir haben lange gesprochen, seit Parmenion mich in Alexanders Zelt brachte. Ich liebe deinen König, Drakon; ich teile sein Lager, sooft es möglich ist, und gern würde ich ihm Kinder gebären. Kinder der Liebe, die keinen Anspruch auf seine Macht und sein Erbe haben.« Ihre dunklen Augen schwammen; einen Moment tastete sie mit der Rechten nach ihrem Leib, den Verbänden. Sie schluckte mehrmals, ehe sie fortfuhr. »Er war ein Gefäß voll Feuer und Schwärze. Nach der Rückkehr aus der Oase habe ich ihn nur kurz gesehen, und ich hatte Schmerzen und Fieber. Aber – was ich gesehen habe, war kein Fieberwahn, sondern eine furchtbare Wahrheit. Das Gefäß ist undicht geworden, Drakon; Feuerzungen schlagen heraus, und Schwärze sickert in die Welt. Es ist ... Er hat mir die Worte des Aristoteles berichtet, von dem System aus Waagen und Balken und Schalen im Inneren eines Menschen. Es ist, als ob dieses System in ihm, in Alexander, jetzt nicht mehr ausgewogen wäre.« Sie zögerte. »Als ob ...«Ihre Hände wollten Wörter, Begriffe aus der Luft pflücken.
    »Als ob«, sagte Sisygambis, hart, »die Trennwand im Gefäß, die Feuer und Schwärze auseinandergehalten hat, ebenso rissig geworden wäre wie die Gefäßwand nach außen. Er hat sich geändert. Verändert. Verwandelt. Ich habe es auch gesehen; ich, ohne Fieber.«
    »Was weiß er?« Drakons Stimme war belegt, die Kehle wie rissiger Uferschlamm ohne Aussicht auf eine Nilschwelle. Er hustete, schluckte, leerte seinen Becher und füllte ihn neu aus dem Krug, dessen Griff zwei kleine zusammengebogene Widderhörner waren. Hörner des Ammon, aus zerbrechlichem Ton.
    »Alles.«
    »Alles? Bist du sicher?«
    Barsine nickte. »Alles, was ihr ihm verheimlichen wolltet. Seine Mutter hat es ihm gesagt, kurz vor dem Aufbruch.«
    »O ihr Götter!« Drakons Hand zitterte; aus dem übervollen Becher flossen ein paar Tropfen auf seinen hellen Chiton und färbten ihn wie Blut. Er trank wieder, tief, wischte sich den Mund und blickte die beiden Frauen an.
    »Drei Enkelkinder habe ich«, sagte Sisygambis; plötzlich klang sie müde. »Stateira, Drypetis, Ochos. Ihre Mutter war meine Tochter und Schwiegertochter Stateira, gestorben im Lager vor Tyros, der Vater ist mein Sohn und Schwiegersohn Dareios. Nun habe ich eine weitere liebe Tochter, Barsine; und einen sehr teuren Sohn, Alexander. Ich wünschte, nie einen Mann gekannt und nie Kinder geboren zu haben. Was ich liebe, taumelt in einen schwarzen Abgrund; was ich hasse, kann ich nicht benennen.«
    Barsine preßte die Lippen zu einem Strich. »Stateira starb bei einer Fehlgeburt, ich habe eine überlebt, Mutter. Dein Sohn, der Großkönig, ist in Susa und hält meine Kinder als Geiseln gefangen; deine Enkel wenigstens sind bei dir. Mäßige deine Klage.«
    Drakon blinzelte; plötzlich schien Sisygambis uralt und zerbrechlich, die geschwächte Barsine die stärkere von beiden. Er holte tief Luft und schüttelte den Kopf.
    »Laßt uns nicht um Kinder und Enkel klagen. Wir haben noch zwei oder drei Dinge zu bereden. Ein rissiges Gefäß. Feuer und Schwärze ... Vielleicht seht ihr mehr als ich, oder ihr seht anders. Vielleicht sollten Frauen und Männer nicht die gleiche Welt und nicht die gleiche Sprache verwenden. Es ist mir zu – mystisch. Aber: Hat er etwas gesagt, als ihr darüber gesprochen habt, Barsine?«
    Sie hob die Brauen. »Natürlich; wie hätten wir sonst gesprochen?«
    Drakon ächzte. »Nimm bitte meine Rede über die Sprache nicht so wörtlich, daß du mir nun meine Rede zerpflücken müßtest.«
    »Er hat nicht geklagt. Er klagt nie. Er war sehr ruhig, gelassen, als ob

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