Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
ließ – ägyptischen, babylonischen, phönikischen, westphönikischen Zeichen.«
Drakon schlug die Hände vors Gesicht. »Der Plan eines Toten, ausgeheckt vor Jahrzehnten, unter einem toten König, in einem fernen Land ... Alle aus der Ferne gelenkt von Iran? Aber wenn, wie du sagst, Kurush verschwunden oder gestorben ist – bist du sicher, daß dieser Plan noch verfolgt wird? Oder hat sich da etwas selbständig entwickelt, nachdem der Erfinder und der Förderer nicht mehr waren?«
Sisygambis schwieg.
»Wie steht es – sagt es mir!«
Barsine lächelte immer noch. »Der Plan? Es gibt ihn, armer sterblicher Makedone. Ich weiß nicht, was sein Ziel ist, aber es muß etwas sein, das Asien stärkt und Europa schwächt; was auch immer es sein mag, wann auch immer es erreicht wird.«
»Aber ... wie kannst du sicher sein, daß es den Plan noch gibt?«
»Weil es einen Mann gibt, der ihn verfolgen kann. Einen, der weiß. Einen, der lenkt.«
Drakon hauchte den Namen nur. »Bagoas der Heile?«
»Bagoas der Heile, Herr der Aufklärung, Lenker der geheimen Dienste Irans.«
Drakon holte tief Luft; dann lachte er lang und laut. »Wenn es das Ziel des Bagoas ist ... Dann arbeiten seine Dienste nicht gut. Oder Dareios hört nicht auf sie.«
»Mein Sohn hört auf viele, und auf viele nicht.« Sisygambis redete die Wand an.
»Es gibt zwei Dinge, die du nicht weißt, Mutter«, sagte Barsine leise. »Von einer Sache habe ich nur zufällig erfahren... Das heißt, ich habe, als Memnon noch lebte und den Krieg in Asien führen sollte, ein Flüstern gehört, und ich habe es Memnon gesagt, und er hat getobt.«
»Was war dies Flüstern?«
»Es sagte, Bagoas der Heile habe Bagoas den Huldreichen, den Fetten, absichtlich mit Schätzen von den Makedonen aufgreifen lassen, weil sie ohne dieses Geld nicht dorthin gelangen würden, wo Bagoas der Heile sie haben wollte.«
Drakon war sprachlos; mit offenem Mund starrte er Barsine an. Sisygambis hatte die Hände flehend erhoben.
Barsine zog die Decke ans Kinn, als ob sie fröstelte.
Endlich brachte Drakon wieder etwas heraus. »Das ... wir werden es bedenken müssen. Alexander muß es erfahren!«
Barsine schüttelte den Kopf; sanft sagte sie: »Er weiß es schon. Ich habe es ihm gesagt.«
»Immerhin ... Es könnte doch sein ... Bist du denn sicher, daß dies etwas mit dem Plan zu tun hat? Mit dem Auge des Erwählers? Mit Kurush?«
»Bagoas ist der Sohn von Kurush.«
Drakon schwieg, erschüttert.
Sisygambis sagte, mit kaum hörbarer Stimme: »Und das darf Alexander niemals erfahren. Daß er eine Puppe ist, zu welchem Zweck auch immer, deren Fäden vor fünfzig Jahren oder mehr gesponnen wurden.«
Drakon stöhnte.
Barsine lächelte immer noch. »Er weiß es schon. Ich habe es ihm gesagt.«
Als er am nächsten Abend, nach Untersuchung und weiterer Rede, Barsine verließ, loderte ein Feuer in der Mitte des größten Palasthofs. Einen wahnsinnigen Moment lang war Drakon überzeugt, man röste dort Gefangene, oder Priester, oder eine Götterstatue. Wahrscheinlich hätte ihn nichts überrascht. Er taumelte nicht, er war Herr seiner Sinne, aber seine Gedanken tanzten und kreiselten; die Räderwerke des Inneren und des Äußeren griffen nicht ineinander. Sobald er dies begriff, blieb er stehen, zwischen zwei Säulen, die im Flackerlicht gelbschwarz anliefen und zu tanzen schienen. Am Fuß der einen hob sich aus einer Bildplatte der Umriß eines Streitwagens, mit schäumenden Pferden, peitschendem Fahrer und einem Bogenschützen, der auf den Makedonen zielte. Drakon schloß die Augen, atmete mehrmals tief durch, ging in die Knie, stemmte sich hoch, klatschte in die Hände. Vom Feuer stank es nach angesengtem Fleisch, erbrochenem Wein, dem Schweiß vieler Männer in Lederpanzern und Metall.
Schwere Schritte. Drakon öffnete die Augen; die Welt war wieder zusammengekommen, die Räder griffen ineinander. Ein Offizier und drei Hopliten gingen unter den Bögen; sie schienen zu den Gemächern der Frauen unterwegs. Drakon rief sie an.
»Ho, Freunde, die Nacht ist voller Braten, und ihr schleicht hungrig durchs Zwielicht? Was gibt es?«
Der Offizier erkannte ihn; etwas wie Erleichterung breitete sich auf dem kantigen Gesicht aus. Er schob den Helm in den Nacken und entließ die drei Kämpfer.
»Drakon. Gut dich zu sehen. Krateros sucht dich. Das war die Ehrenwache – falls wir dich bei den Frauen hätten holen müssen.«
»Ich will baden, mich kneten lassen, in Wein ertränken und kluge
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