Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
elysisch, ohne paradeisos zu sein, mit Baumgruppen und tausend blühenden Büschen und Blumen, einem kleinen See, der von zwei klaren Bächen gespeist wurde und zum Talende abfloß, wo abends in wenigen Augenblicken Koppeln und Latrinen angelegt wurden, während allenthalben Zelte aus dem Boden schossen und Kochfeuer aufflammten und die Dirnen in den Troßkarren Luft zum späteren Quieken und Kreischen holten, wie dann morgens, unter rotglühenden Wolkenstreifen, die weißen und fleckigbraunen Zelte und auflodernden Feuer und Tausende von Pferden aller Farben sich vom satten Grün abhoben und Alexander von einem Hügel das Tal überblickte, lächelte und sagte, dies sei die gefährlichste Stunde, falls ein Angreifer in der Nähe sei, denn es war jener Moment, da vierzigtausend Männer ausschwärmten, um zu scheißen.
Ptolemaios schrieb es mit einem Grinsen nieder; er wußte, Aristoteles würde es mit einem Grinsen lesen. Es hatte andere Momente gegeben, die sich der Beschreibung entzogen, weil sie unbeschreiblich waren, oder weil sie im Inneren tobten, ohne äußerlich sichtbar zu sein. Wie der Abend am Meer bei Pelusion, als Demaratos, Kleitos der Schwarze und Drakon der Arzt ihn zum Strand schleppten, um die Sonne vom Himmel zu trinken und ihm die Geschichte des Amuletts zu erzählen, von Kurush und Bagoas und der Brücke des Erwählers, und auch die Geschichte von der Unterredung des Demaratos, der zu diesem Zweck eilig nach Pelusion gereist war, mit seinem karchedonischen Gegenspieler Hamilkar, der behauptet hatte, Karchedon habe die Mutterstadt Tyros absichtlich im Stich gelassen, weil man sich von Alexanders weiterem Zug ins Innere Asien mehr verspräche als von Empfindsamkeiten und wehmütiger Erinnerung; und überdies habe Bagoas der Feiste vor seinem eiligen Ende zugegeben, daß Bagoas der Heile ihn zur Unterstützung der Makedonen ausgeschickt habe. Offenbarungen, Erschütterungen, aber nichts, was sinnlich wahrnehmbar oder gar zu beschreiben gewesen wäre.
Kaum zu beschreiben, da der Vorgang sich über lange Zeit erstreckte und aus hundert Einzelschritten bestand, war auch die Genesung des Heers von einer beginnenden Spaltung. Der König selbst hatte die Heilung bewirkt; auf dem Weg ins nördliche Phönikien, wo alle Marschgruppen zusammentrafen, war er jeden Tag mit einer anderen Einheit seines Heeresteils beisammen gewesen, reitend, marschierend, mit guten Worten für jeden, Aufmunterungen und Scherzen; auf dem Weg zum Tigris hatte Alexander dies mit den übrigen Einheiten wiederholt. Ptolemaios konnte viele Namen nennen, von Kämpfern, vor allem aber von erfahrenen Offizieren, die sich innerlich immer weiter von Alexander entfernten, aber sofort seiner Magie erlagen, wenn sie ihm gegenüberstanden. Je näher die Schlacht – vielleicht die Schlacht aller Schlachten – rückte, desto unwichtiger wurden die Risse, desto geringer die Unterschiede zwischen Makedonen und xenoi – und diese »Fremden« waren alle anderen, Hellenen ebenso wie Odrysen und Paionen oder Kreter.
Wichtiger als dieser Unterschied zwischen Makedonen und anderen war jene Spaltung, die Alexander so ausdauernd zu heilen oder zumindest für den Augenblick zu überkleben versucht hatte, die Spaltung innerhalb der makedonischen Verbände. Ptolemaios, Sohn des Fürsten Lagos, aus uraltem Adel, wußte, um was es ging; er hatte sich bedingungslos auf die Seite Alexanders gestellt, der König war, Kampfgefährte und Freund. Andere, nicht nur ältere, folgten dem Gefährten und gehorchten dem König, schienen aber insgeheim auf den Tag zu warten, an dem Alexander etwas tat, was mit dem makedonischen Königsamt nicht mehr vereinbar war.
Da war die Frage des Kriegsziels, dem die Strategie untergeordnet war als Mittel zum Zweck, wie die Taktik ein Werkzeug der Strategie sein mußte. Männer, die Xenophon und Thukydides gelesen, Epameinondas und Philipp begrübelt (und teils noch mit eigenen Augen gesehen) hatten, priesen Alexanders Kriegskunst und Männerführung als einzigartig und den großen Vorbildern zumindest ebenbürtig, wenn nicht gar heute schon überlegen. Was er tat, begeisterte sie; wie er es tat, riß sie hin; sie fragten allein, warum er es tat. Der große Epameinondas hatte Theben zur Großmacht vor Athen und Sparta machen wollen, und für ein paar flüchtige Jahre war ihm dies gelungen. Philipp wollte zunächst den Trümmerhaufen Makedonien zu einem starken Staat, dann diesen zu einer hellenischen Großmacht machen,
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