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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Alexander, König der Makedonen«, sagte er.
    Wieder das unbeschreibliche Röhren und Raunen und Grunzen und Gurgeln der übrigen: »HEIL ALEXANDER!«
    »O meine Brüder und Väter, was hat man euch angetan?« Alexanders Gesicht war weiß, in den Augen nistete Entsetzen.
    »Laß uns sie töten, wie sie es begehren.« Perdikkas’ Stimme war belegt, auch er bleich; seine Hand umklammerte den Schwertgriff.
    Alexander blickte sich um, sah die Offiziere und Berater, sah Parmenions graue Züge, wandte sich den Verstümmelten wieder zu.
    Und dann geschah etwas, wieder einmal, eine von Alexanders unbegreiflichen Regungen, die Kallisthenes nicht ausloten konnte, die an Athen und an Aristoteles zu melden viele Biegungen, Beugungen und Einschübe von ihm verlangen würde. Er selbst sah Fleisch, geschnitzt und geschunden: zweckdienlich gemacht eigentlich im gleichen Sinn, in dem die Muskeln eines Schmieds für dessen Beruf zweckdienlicher sind als die eines Töpfers oder Schneiders, und in dem der Körperbau eines Ruderers der untersten Sitzreihe einer Triere sich unterscheiden muß von dem eines Läufers oder eines Lastträgers. Hatten denn nicht alle Menschen einen Zweck zu erfüllen, sei es zum eigenen Broterwerb oder zur Förderung des Gemeinwesens, dem sie angehörten? Ob sie auf Geheiß gewählter Führer im attischen Silberbergbau als Sklaven geschunden oder auf Befehl des Großkönigs zu Werkzeugen verstümmelt wurden? Hatten nicht die makedonischen Könige Bauern zu Kriegern gemacht, aus den einzelnen Kriegern eine Gesamtwaffe geschmiedet, die sie als Werkzeug benutzten? Fleisch, nur Fleisch, unterschieden lediglich durch die Menge des in ihm wohnenden Geistes, mit den hellenischen Philosophen als Krönung. Würde? Ein Denker, ein Fürst, ein wegen seiner Verdienste und Größe gewählter Führer konnte von Würde sprechen; aber was tat es denn, ob diese da in einer Schlacht, in einer Grube, in einem Gewölbe oder in einem Bett starben?
    Alexander jedoch, der Verräter hinrichten und Dieben die Hände abhacken ließ – Alexander ging mit kleinen, fast ängstlichen Schritten die Reihe entlang. Er brach in Tränen aus, schluchzte, umarmte Xanthippos, berührte das, was einmal Männer gewesen waren, Fleischfetzen und Geschwüre und Dreck, er weinte, bückte sich, umarmte noch die Beinlosen.
    »Töten? Euch töten?« rief er. »Nein, ihr werdet leben – wenn ihr das Leben wählt statt des Todes. Wir werden euch ein Dorf erbauen, eine Stadt am Meer, mit persischen Sklaven, die euch waschen und nähren und umsorgen. Dann, wenn ihr dieses neue Leben geschmeckt habt, sollt ihr mir sagen, ob ihr leben oder sterben wollt.«

    Kallisthenes wanderte zum hundertsten Mal durch den unermeßlichen Irrgarten des Palasts, durch die weitläufigen Hallen und Tempel und Gewölbe, die Gänge und Säulensäle. Überall sah er Makedonen und Hellenen, Krieger; die wenigsten waren mit Packarbeiten oder Bewachung befaßt, die meisten liefen einfach umher und staunten. Kallisthenes kicherte leise; erst in diesen unglaublichen Gebäuden war ihm Alexanders Klugheit in einer anderen Sache aufgegangen. In Susa hatte der König befohlen, junge Perser anzuwerben oder zu verpflichten; sie sollten ähnlich den Hetairen oder den Thessaliern eine neue Kampfgruppe schwerer Reiter bilden. Es waren bereits drei- oder viertausend, ehe das Heer Susa verließ, um Persepolis zu nehmen. Die Makedonen murrten über Barbaren im Heer und Verwässerung des Geistes und ähnliche Dinge, gaben aber zu, daß die Kampfkraft der Asiaten – mit makedonischer Ausbildung, Ausrüstung und Härte – eine große Verstärkung wäre. Die halb ausgebildeten Ilen – Alexander schien hier neue Einteilungen zu planen; statt der herkömmlichen Ilen begrübelte er offenbar Tausendschaften, die er Hipparchien nannte – hätten auf dem Zug geschliffen und ins Heer eingefügt werden können; Alexander ließ sie mit den Besatzungstruppen in und um Susa zurück.
    Erst hier begriff Kallisthenes den Grund. Den Palast der Achaimeniden zu plündern, wenn auch wohlgeordnet, war eine Aufgabe, die frischen persischen Truppen nicht zugemutet werden mußte.
    In einer der Hallen, in denen die Funde aus den Kammern und Gewölben und Speichern und Nebenhäusern und Geheimgemächern gestapelt und gesichtet wurden, traf er auf Alexander und Krateros. Beaufsichtigt von makedonischen Wachen arbeiteten Sklaven und Gefangene mit Dingen, die auch den Besitzer einer schnellen scharfen Zunge sprachlos

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