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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Truppen in die Berge. Sie erklommen Steilhänge; sie rutschten felsige Flächen hinab; sie wanderten über Pfade, die es nicht gab, und über Grate, von denen eine Bergziege schwindelnd in die Tiefe gestürzt wäre. Vor den Toren, den Pässen, warteten die übrigen auf das Zeichen, drei Brandpfeile im Nachthimmel.
    Ein Bild, eingeprägt wie mit Flammenschrift: Alexander steht neben einem kleinen Feuer, trinkt Wein aus einem versilberten Horn, starrt in die Flammen. Er hat Anweisungen erteilt und wartet. Aristandros der Seher, ein Ägypter, ein Chaldäer, ein Perser verlassen die Nacht und treten zum König. Aristandros’ Gesicht ist eine Maske der finsteren Feierlichkeit.
    »Die Persischen Tore«, sagt der Telmessier.
    Alexander blickt auf. »Was ist mit ihnen?«
    »Hier endet Ammons Reich. Selbst der persische Priester sagt das.«
    Alexander nickt, mustert die Gesichter. »Und?«
    Aristandros richtet sich auf, der Rücken ist steif; er blickt hinab auf den kleineren König. Er versucht, seiner Stimme jene Festigkeit zu geben, die einem obersten Strategen der Seelen zukommt.
    »Ammons Gefäß darf diese Berge nicht überschreiten. Der Versuch wäre tödlich.«
    Alexander nickt wieder, sehr kühl. »Dann sterbe ich eben beim Versuch. Ein Tod ist so gut wie der andere.«
    Aristandros hebt beschwörend die Hände. »Aber der Gott, der in dir ist, wird nicht dorthin gehen!«
    Alexander zuckt mit den Schultern, gießt Wein aus dem Horn auf den Boden, für die Götter, legt das Trinkhorn auf den kleinen Tisch und pfeift durch die Zähne. Aus dem Dunkel taucht Perdikkas auf, mit gerüsteten Hopliten. Sie tragen Stücke einer Sturmleiter.
    »Fertig?« Alexander berührt sein Schwert.
    Perdikkas nickt nur und betrachtet die Priester, mit einer Miene der Abscheu.
    »Wir gehen dann«, sagt Alexander, beinahe freundlich.
    Aristandros packt ihn an den Schultern, hält ihn, schüttelt ihn. »Geh nicht, Alexander! Ammon will es nicht!«
    Alexander schiebt ihn von sich. »Was ist ein Gott, dessen Reich da endet, wo ich weitergehe?«
    Im Morgengrauen brennt der Berg; der Paß ist voller Geschrei und Gemetzel. Hephaistions Männer fallen den Uxiern in den Rücken, Alexander stürmt an der Spitze der Belagerer. Im Paß umarmen einander Leben und Tod.
    Zwischendurch Nachrichten aus der Ferne – Sparta ist dem Korinthischen Bund beigetreten, Antipatros nach Pella zurückgekehrt, des Königs Schwager und Onkel Alexandros von Epeiros wurde in Bruttium, im Süden Italiens, auf seinem Feldzug erschlagen. Mazaios, dem Alexander das Münzrecht gab, schickte neue Silberstücke, groß und schwer wie Tretradrachmen, aber mit aramäischen Schriftzeichen.
    Alexander sandte ein Schreiben an Antipatros, in dem er den Strategen Europas anwies, des Königs Schwester Kleopatra, nunmehr Witwe und Beherrscherin von Epeiros, in Pella alle Ehre zu erweisen und sie zu schützen. Als einer der Berater verblüfft fragte, was Kleopatra, Königin von Epeiros, in Pella zu suchen habe, antwortete Alexander, da er seine und Kleopatras Mutter Olympias kenne, die sich in Epeiros aufhalte, zweifle er nicht daran, daß Mutter und Tochter in Streit geraten würden, und dieser Streit werde vermutlich damit enden, daß Olympias die Herrschaft an sich ziehe und Kleopatra irgendwo Zuflucht nehmen müsse. Das Gelächter, das der Antwort folgte, war dünn; zu viele im Lager kannten und fürchteten die Molosserin.
    Kallisthenes trank den Becher leer und füllte ihn wieder. Behutsam, des Schädels eingedenk, nickte er; dieser Weg war der richtige gewesen. Er fühlte sich nun der Schilderung gewachsen, in einem Ton, der nicht zu Aristotelischem Hohn Anlaß geben würde. Abermals glättete er den Papyros; dann nahm er das Ried, tunkte es ins Tintentöpfchen und schrieb.

    Persepolis wurde nicht verteidigt; als erstes Zeichen guten Willens schickte der Herr der Stadt alle hellenischen und makedonischen Gefangenen dem König entgegen.
    In der Ebene wuchsen, wie Wüstenpflanzen nach heftigem Regen, die Zelte des makedonischen Heeres. Vortrupps näherten sich der Stadt, um die Tore und Mauern zu besetzen und die Übergabe der Burgbesatzung zu überwachen. Aber die Burg, ein Ungetüm aus schwarzen Quadersteinen, nahm sich von fern winzig aus, ein schwarzer Fleck im helleren Meer der Häuser und Gärten – winzig im Vergleich zum Palast der achaimenidischen Herrscher: heller Stein, bunte Kacheln, verzierte Friese, ragende Säulen, Stufendächer, windungsreiche Götter- und

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