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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Brandwunden übersät. Man hatte ihm das Körperhaar abgesengt, ohne zu löschen; zwischen den Schenkeln baumelte aus einer gräßlichen roten Narbenfläche eine Art Schlauch aus Tiergedärm. Verknotet. Mit seiner einen Hand löste Xanthippos den Knoten; der Schlauch bebte, füllte sich, schien zu steigen, gerade, wie ein Phallos, und in einem dampfenden Strahl leerte Xanthippos seine Blase. Er schüttelte den Schlauch und verknotete ihn wieder.
    Thais, das Gesicht verzerrt von Wut und Mitleid, legte die Hand in Ptolemaios’ Schoß. »Armer Mann«, sagte sie. Dann sprang sie auf, riß einen brennenden Zweig aus dem Feuer. »Beendet die Arbeit«, schrie sie; ihre Stimme gellte über die Feuer, hallte wider von den Mauern. »Vollendet die Rache! Brennt Persepolis nieder!«
    Die Männer zögerten keinen Moment; überall wurden Äste und Zweige aus Feuern gerissen, Fackeln entzündet; tausend Füße und Stimmen, Geschrei und Hasten.
    »Brennt alles nieder! Die Paläste! Die Tempel! Feuer! Rache!«
    Ein wahnsinniges Heer hüpfender Flammen verteilte sich, ein Meer getrennter Glut, die sich bald vereinigen würde. Kreischend rannte Thais in den Palast; die anderen folgten, oder suchten größere, bessere, fernere Ziele.
    Ptolemaios saß immer noch am Feuer; er schüttelte langsam den Kopf, ein wenig stolz, ein wenig verwundert. »Was für eine Frau!«
    Parmenion schaute zu Alexander, aber der König rührte sich nicht. Hephaistion stand auf, als ob er alle aufhalten oder zurückholen wollte, dann hob er die Hände. Xanthippos starrte in die Nacht, die immer heller wurde; in seinem einen Auge tanzten Flammen. Kleitos kauerte an seinem Platz, immer noch die Hände vor dem Gesicht. Drakon nickte, ging hinüber zu seiner Perserin, die fassungslos ins Feuer sah, legte den Kopf auf ihre Schulter und begann zu schluchzen.
    Kallisthenes murmelte, ohne jemanden anzusehen: »Wahnsinn, makedonischer Wahnsinn!«
    Überall zerfetzten Schreie, gellendes Gelächter, dumpfes Knirschen, erstickte Hilferufe und das beginnende Grauen die Nacht. Männer rannten hin und her. Eines nach dem anderen begannen die großartigen, innen mit wunderbaren geschnitzten Hölzern verkleideten Gebäude zu brennen.
    Parmenion, Hephaistion und Alexander starrten einander an. Plötzlich setzte sich Eumenes auf; er rülpste.
    »Is das schon Morgen?« sagte er; dann übergab er sich.
    Parmenions Gesicht war voll von Bedauern, Ekel und Ehrfurcht ob der Unermeßlichkeit der Zerstörung, die nicht mehr aufzuhalten war. Die Nacht wurde heller und heller; die ersten Dächer brachen ein, erschlugen die Umherlaufenden.
    »Sie brennen nieder die Mauern der Nacht, Bollwerk des Dunkels.« Es klang wie ein ruhiges Gebet des alten Strategen; Kallisthenes sah Tränen in Kleitos’ Gesicht, als der Schwarze zu Parmenion aufblickte. »Sie füllen den Wehrgraben des Morgens mit Schande. Kein Schatten wird bleiben, unsere Schuld zu verbergen.« Er ging zu Alexander, streckte die Hand aus, zog den König hoch. »Du wirst es bedauern, Junge. Du hättest sie aufhalten müssen. Ich auch.« Er pfiff; ein paar Männer, die ihre Posten nicht verlassen hatten, kamen angerannt. Parmenion deutete auf Eumenes, einen feisten betrunkenen Kadaver.
    »Bringt ihn raus, vor die Stadt, zu den Karren. Ihr auch, alle raus. Gleich brennt hier alles.«
    Erst jetzt wurde den anderen klar, in welcher Gefahr sie sich befanden. Der milde Nachtwind reichte vollkommen aus, die Flammen zu einem alles verschlingenden Meer anzufachen. Der Palast, zahllose Gebäude neben- und ineinandergebaut, lag in einem weiten Rund anderer Häuser; das Feuer würde von Dach zu Dach springen und die ganze Stadt verheeren – die Stadt, durch die sie gehen, laufen, rennen mußten, um die Ebene und die Zelte und die Wasservorräte zu erreichen.
    Kallisthenes sah Alexander neben dem riesigen Xerxes stehen, hinaufschauen; er hörte den König sagen:
    »Khshayarshā, König der Könige, Licht des ...«
    Teile eines nahen Gebäudes krachten nieder und verschluckten die weiteren Worte; Kallisthenes duckte sich, als Mörtelbrocken und Steinsplitter durch die heiße, rauchige, überhelle Luft sausten. Er krümmte sich, von Husten geschüttelt. Dann war nur noch Feuer da, Lärm, Geschrei, sengende Hitze, Rauch Rauch Rauch, die eigenen Füße; und der unsterbliche Glanz.

11. DER SPIELER IM WESTEN
    Elf Jahre, oder waren es zwölf? Kanopos hatte sich nicht sehr verändert; Dymas fand sich in den Gassen sofort wieder zurecht. Ein paar

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