Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
Truppenteile – ein Belagerungszug war bereits aufgebrochen – nach Daskyleion führen sollten.
»Was sagt er denn?«
Nearchos wartete, bis Alexander sich wieder hingelegt hatte; dann zog er einen Schemel heran, setzte sich und griff nach einem Becher mit Wein. Sein Hände zitterten ein wenig; der Blick des Königs war beinahe mitleidig.
»Neben vielen ...« Die Stimme versagte; Nearchos räusperte sich und hustete mehrmals. Ptolemaios sprang auf und klopfte ihm den Rücken; von Hephaistion kam ein verächtliches Schnauben. Antigonos zwinkerte, als wolle er sagen: Mach dir nichts draus.
»Neben vielen anderen Männern und Verschnittenen namens Bagoas gab es vor allem drei, die erwähnenswert sind. Bagoas der Hurtige, Bagoas der Heile und Bagoas der Huldreiche.«
Einige Offiziere lachten; Perdikkas und Krateros schlugen einander kichernd auf die Schultern.
»Wie wär’s mit Perdikkas der Schnüffelnde und Krateros der Schnarchende?« sagte Laomedon, der hinter ihnen saß. Alexander winkte ab; seine Hand war schlaff. »Weiter.« »Bagoas der Hurtige stieg unter Großkönig Artaxerxes auf, vor etwa zwanzig Jahren. Der Verschnittene lenkte die Dinge in der Hauptstadt, wenn Artaxerxes unterwegs war. Also: oft. In dieser Zeit diente Bagoas der Huldreiche dem König bereits als Schatzmeister des Heers, und Bagoas der Heile lenkte die Kundschafter – die Spitzel überall in den Ländern am Meer, soweit sie für Persepolis wichtig waren. Demaratos kennt ihn natürlich seit langem, ist ihm aber nie begegnet.«
Alexander bewegte die Finger der Rechten; er wechselte einen Blick mit Hephaistion. »Weiter, Nearchos.«
»Offenbar hat es nie Zweifel daran gegeben, daß Bagoas der Heile ein treuer Diener des Großkönigs ist; jedenfalls hat er alle Veränderungen unvermindert überstanden. Der große Eunuch und der Huldreiche dagegen haben zuviel Einfluß, Macht und Vermögen angehäuft; Artaxerxes wurde mißtrauisch und wollte möglicherweise beide beseitigen lassen. Sie haben davon erfahren.«
»Von wem?« Alexander setzte sich auf und runzelte die Stirn. »Hat er das gesagt?«
»Er behauptet, es nicht zu wissen.«
»Unwahrscheinlich.«
»Demaratos hat da auch seine Zweifel, aber ... Nun ja. Wer, außer Bagoas dem Heilen, der immer alles wissen muß, hätte es wissen können? Vielleicht war er dem Großkönig doch nicht so treu ergeben. Jedenfalls – die beiden erfuhren, daß sie ausgeschieden werden sollten ...«
»Ausgeschieden!« Alexander lachte. »Ein hübsches Wort für einen derartigen Vorgang.«
»Stammt von Bagoas dem Huldreichen. Sie haben Geld und Einfluß aufgeboten und Artaxerxes beseitigt; wahrscheinlich hat Bagoas der Hurtige selbst zum Dolch gegriffen, aber das ist ungewiß; der Huldreiche war nicht in Persepolis, als es geschah. Der Hurtige hat dann Arses auf den Thron gebracht, für eine ... Übergangszeit. Arses ließ sich aber nicht so leicht lenken wie erhofft. Also haben der Huldreiche und der Hurtige auch diesen Großkönig gestürzt. Ermorden lassen, diesmal. So kam Dareios zur Macht, aber er war nicht die Wahl der beiden, sondern der Fürsten des Ostens – er hatte am Rand der Welt Krieg geführt und sich dabei ausgezeichnet, wie man sagt. Der Hurtige stützte ihn, weil ihm nichts anderes übrigblieb; der Huldreiche schloß sich dem Eunuchen an. Beide haben wohl erwartet, in ihren alten Stellungen zu bleiben, aber dann ließ Dareios den Hurtigen umbringen ...«
»Zustände wie in Makedonien«, sagte Kallisthenes laut. Niemand lachte; Alexander blickte einen Moment unwillig.
»Und der Huldreiche mußte enger als zuvor mit Bagoas dem Heilen zusammenarbeiten, der offenbar das Vertrauen des Großkönigs in sehr hohem Maße genießt. Von ihm, dem Herrn der persischen Kundschafter, hat er den Auftrag erhalten, die Gelder des westlichen Heeres zu verwalten; und den Auftrag, sich notfalls fangen zu lassen, um gewisse Dinge, die nicht durch das Schwert zu schaffen waren, durch Gift zu erledigen.«
Alexander preßte die Lippen zusammen und schüttelte mißmutig den Kopf. »So hilflos, wie du dreinsiehst, weißt du offenbar ebenso gut wie ich, daß diese Geschichte Lücken hat. Das ist ein Selbstmordunternehmen, selbst wenn alles gelingt. Zu so einer Aufgabe meldet man sich entweder freien Herzens, oder man wird dazu verurteilt; wer aber dazu verurteilt wird, bleibt nicht in einer Stellung, in der er über die Schätze der westlichen Satrapen und ihrer Kämpfer verfügt.«
Nearchos lächelte
Weitere Kostenlose Bücher