Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
»Ach, der alte Aristoteles liebt derlei kleine Rätsel. Schafft sie zu Eumenes.«
Der fette Hellene, schweißgebadet, überwachte Sklaven und Schreiber, die Bündel von Papyrosrollen in Wachstuchbeutel einnähten. Als Philippos, Ptolemaios und der Sklave mit den Kräutersäcken erschienen, rang er die Hände.
»Wozu soll das nun wieder gut sein?«
»Zu nichts, wahrscheinlich.« Philippos bleckte die Zähne. »Alexander findet aber, Aristoteles sollte sie trotzdem kriegen. Das sind Kräuter.«
Eumenes knirschte mit den Zähnen. »Also noch was nach Athen. Was bin ich eigentlich – Briefzusteller? He, mach den Sack da noch mal auf.«
Einer seiner Schreiber ächzte, nahm ein Messer und öffnete die Verschnürung eines großen Ballens.
»Noch was nach Athen?« sagte Eumenes.
Auf einem Karren, nicht weit entfernt, hockte Kallisthenes; er hob den Arm. »Hier. Wartet noch einen Augenblick. Ich beende gerade einen langen Brief an Aristoteles.«
Eumenes schnitt eine Fratze. »Marschiert eigentlich dieser ganze Haufen durch Asien, bloß um Aristoteles zu unterhalten?«
Am nächsten Morgen brach das übliche Chaos des Aufbruchs aus. Zusammen mit Leonnatos und Perdikkas – dessen Taxis einen Tag später folgen sollte, als Nachhut zu Fuß – und einigen anderen Offizieren übernahm Ptolemaios den immer beliebten Sondereinsatz des Zusammentreibens streunender Kämpfer und des Verjagens der Huren und Händler. Dort, wo die Karren der Händler in Reihen und Kreisen standen, zwischen eilig aufgebauten Hütten und bunten Zelten, sah noch nichts nach Aufbruch aus.
Leonnatos blieb vor einem Zelt stehen, lauschte kurz und brüllte dann in den Eingang.
»Los, rauskommen, Abmarsch!«
Eine Stimme, die Ptolemaios bekannt erschien, klang von innen.
»Grad bin ich gekommen, dann kann ich auch gehen. Scheiße.«
Im Eingang tauchte der lange Emes auf, gekleidet in ein überlappendes Grinsen, die Gewänder in der Hand. Hinter ihm spähte eine Frau heraus, ebenso reich an Nacktheit wie an Jahren und Gewicht.
»Feine Herren!« Sie entblößte ein schadhaftes Gebiß. »Wollt ihr ein wenig Erleichterung suchen?«
»Erleichterung?« Perdikkas spuckte aus. »Dies, und Behaglichkeit, könnte ich schon brauchen – aber hier? Gah.«
Leonnatos lachte. »Sei nicht grob zu ihr, Freund. Du könntest in Verlegenheit kommen ...«
Perdikkas deutete auf einen großen Käfig voller Rebhühner und sonstiger eßbarer Vögel, der eben auf einen Karren gestemmt wurde. »Ich könnte auch mein Horn mit dem Messer zuspitzen und Enten ficken. Los, Männer, Beeilung.«
Weitere Krieger tauchten aus Zelten auf, darunter eine Dreiergruppe, die Abschied nahm von einem wahrhaft ungeheuren Berg an Weiblichkeit. Leonnatos bekam Stielaugen.
»Drei auf einmal? O ihr Götter!«
Ptolemaios kicherte. »Götter? Die drei da? Na ja ...«
Die Händler – die vor allem Fleisch, Getreide, Gemüse, Obst, Brot feilboten, aber auch Messer, billigen Schmuck, Süßigkeiten oder Amulette – ließen sich Zeit. Einer, der mit verschränkten Armen an seinem Karren lehnte und den Maultieren beim Fressen zusah, sagte laut:
»Wir haben keine Eile. Wir folgen – langsam. Ohne uns kommt ihr nicht weit.«
Perdikkas hob die Schultern. »Wir sind ohne euch bis hierhin gekommen, oder?«
»Ah, jetzt ist es aber anders. Ihr habt euch mit den Persern und ihrem Heer vergnügt. Kein Heer mehr übrig, also, was haben die Krieger jetzt, wenn sie Vergnügen suchen? Was brauchen sie? Frauen und Händler – keine Offiziere.« Er lachte.
Drei Tage später, außerhalb von Antandros, lagerten sie oberhalb der Küste; es war dunstig, und das ferne Lesbos ließ sich nicht einmal ahnen. Alexander empfing Abgesandte der Stadt; als sie wieder gegangen waren, nicht ohne Geschenke und frische Vorräte zu hinterlassen, brachte einer der Königsknaben Ptolemaios die Aufforderung, ins Zelt des Königs zu kommen.
Dort gab es gebratene Vögel, Lamm, Rinderteile, ausreichend Wein, um eine ganze Ile zu ertränken. In Ständern loderten Fackeln, auf allen Tischen zwischen den Klinen standen jeweils zwei Öllampen. Ptolemaios begrüßte Alexander, ließ sich auf der ihm gewiesenen Liege nieder und schaute sich um. Es war nicht ganz die übliche Versammlung; Parmenion und Philotas waren da, nicht jedoch Hektor und Nikanor. Alexanders Halbbruder Arridaios fehlte ebenso wie Proteas und etliche der hohen Offiziere. Ptolemaios nickte den Freunden, Gefährten und Beratern langsam zu: Hephaistion,
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