Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
spielte um seine Mundwinkel. »Haltet seinen Kopf.« Er trat zu Bagoas, der sich im Griff der Kämpfer nicht mehr rühren konnte. »Nun mach den Mund auf. Ich habe bei Aristoteles einiges über Kräuter und Gifte gelernt. Oh, was für hübsche Fangzähne.« Die beiden oberen Eckzähne von Bagoas waren zu Spitzen geschliffen und verfärbt. »Irgendein Gift, gegen das du dich gestählt hast, nehme ich an. Bringt ihn weg. Aber zerbrecht ihn nicht.«
Drakon grinste. »Darf ich?« Er bewegte die rechte Hand, als ob er etwas ausreißen müßte.
Alexander lächelte sanft. »Ach ja, deine Sammlung bester Zähne. Natürlich. Er hat zuviel davon im Mund. Aber sieh dich vor.«
Demaratos nickte Nearchos zu und legte eine Hand auf Alexanders Arm.
»Wenn du gestattest, wollen wir ihm dabei zusehen und einige Fragen stellen.«
Alexander faßte sich ans rechte Ohrläppchen. »Ist er der Bagoas?«
Demaratos wiegte den Kopf. »Ich glaube nicht, aber ...«
»Gut. Fragt ihn viele Fragen. Und erzählt mir die witzigsten seiner Antworten.«
Einer der Männer auf dem großen Wagen stieß einen leisen Schrei aus, Überraschung und Freude. Unter dem Teppichlager, das etwa drei Schritt lang und zwei breit gewesen war, befanden sich vier Holzkisten mit Eisenbeschlägen. Jemand reichte eine Axt hinauf.
Die Kisten waren bis an den Rand gefüllt mit goldenen Dareiken; Nearchos schätzte, daß jede der Kisten etwa vier Talente fassen konnte, vielleicht auch fünf. 20 Talente in Gold, entsprechend 400 Talenten Silber. Er rechnete, 400 mal 6000 Drachmen – fast sechsmal soviel, wie Alexanders Schatz zu Beginn des Zuges in Asien betragen hatte; mehr als 40 Tage Sold für das gesamte Heer. Und doch, wie wenig angesichts des Benötigten. Er dachte an die übrige Beute, die sie nach der Schlacht gemacht hatten. Insgesamt mochte es nun viel besser aussehen, aber selbst wenn die Münzvorräte für 60 oder vielleicht 70 Tage ausreichten: Der Weg bis Milet allein wäre länger, es gab kein zweites persisches Heer zu schlagen, kein zweites Lager zu plündern, wohl aber die Flotte mit 160 Schiffen und fast 30 000 Mann zu bezahlen, wie das Heer. Er streifte Bagoas, der alles betrachtete, mit einem Seitenblick; der Perser schien weder überrascht noch besonders betrübt.
Alexander dehnte sich; er faltete die Hände hinter dem Kopf. »Ich hatte mich schon gewundert, daß er so gar nicht aufstehen mochte.«
Ptolemaios hustete. »Es tut mir leid, Freund. Ich glaube, ich war ein bißchen unaufmerksam, angesichts des feisten Leibs.«
Alexander legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Wir alle lernen unaufhörlich, Ptolemaios. Ich bin froh, daß du unaufmerksam warst, denn gerade das hat mich mißtrauisch gemacht. Wenn er in Ketten gestanden hätte, könnte ich ihm vielleicht die Hand zum Kuß gereicht haben.«
Einer der Krieger auf dem Wagen klatschte in die Hände. Er und zwei oder drei andere hatten mit Äxten und Schwertern im Boden gestochert; sie hoben einige Bretter. Darunter, die ganze Länge und Breite des großen Wagens, war eine unterarmhohe Schicht Goldmünzen auf Goldbarren, darunter erst der eigentliche Boden, verstärkt durch Eisenstangen.
»Jetzt verstehe ich die vier Achsen und all die Pferde«, sagte Philotas heiser.
Alexander lächelte. »Ein guter Fang, Freunde. Genug für etliche Tage.« Er wandte sich um, nickte Drakon zu und wies auf Bagoas. »Behandle ihn nur halb so unsanft. Immerhin hat er uns ein feines Geschenk gemacht.«
Kurz vor Mitternacht betrat Nearchos das große Königszelt. Er wußte, daß er im Licht der Öllampen und Fackeln bleich war, und vermutlich sah man seinem Gang die weichen Knie an, aber er riß sich zusammen.
»Mit Empfehlungen von Drakon, Demaratos und Bagoas dem Huldreichen.« Er legte ein Tuch auf den Tisch neben Alexanders Kline.
Der König öffnete es mit spitzen Fingern. »Nett. Hat er es genossen?« Er betrachtete vier verfärbte Zähne und zehn zugeschliffene, verfärbte Fingernägel.
Parmenion stand auf, schob Seleukos und Erigytos beiseite, die ihm den Weg versperrten, sah die vierzehn kleinen, blutigen Gegenstände und schnitt eine Grimasse.
»Er dürfte herzlich gelacht haben. Mit deiner Erlaubnis ...« Er neigte den Kopf.
Alexander sprang auf und berührte Parmenions Schulter. »Gute Tage, Parmenion mein Vater – und komm schnell nach!«
Er blieb stehen, bis der alte Stratege das Zelt verlassen hatte, zusammen mit einigen Offizieren, die vor Morgengrauen die ausgewählten
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