Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
die persische Flotte ist?«
»Im Süden, weit, weit im Süden.« Demaratos gähnte, ohne die Augen zu öffnen. »Phöniker und Kyprer haben Sonderwünsche, man hat es nicht eilig, man ist ohnehin so hoch überlegen, daß ein wenig Zuspätkommen eher den Reiz erhöht. Weiter.«
»Vielleicht kommen wir bis Milet, ehe die phönikische Flotte eintrifft. Dann wird es ... schwierig.«
»Was würdest du tun? Kreter sind ja nicht nur feine Lügner, sondern auch gute Schiffer.«
Nearchos zögerte. »Sie haben die besseren Seeleute, ihre Flotte ist fast dreimal so groß, und unsere besteht vor allem aus unzuverlässigen Hellenen. Ich weiß es nicht.«
Demaratos öffnete die Augen. »Das ehrt dich. Zuzugeben, daß man etwas nicht weiß, ist der wichtigste Hinweis darauf, daß man bereit ist zu lernen.«
»Also, jetzt haben wir Ende Daisios«, knurrte Antigonos.
»Thargelion«, sagte Nearchos; er grinste. »Ich habe mich nie mit euren Monatsnamen anfreunden können.«
»Bah. Sagen wir, bis Ende Gorpiaion – das ist Metageitnion, für euch? Oder meint ihr, wir brauchen länger, bis Milet?«
Nearchos hob die Brauen und deutete zum Nordrand des Lagers, wo Alexander und seine Begleiter sich eben aufhielten, um mit den Thessaliern zu reden. »Frag den Häuptling.«
»Schreib.« Demaratos rümpfte die Nase. »Auf alle Briefe, Kreter: ›Apelles malt die Karyatide aus Shkudra, wie sie der Artemis den Kater opfert.‹ Klar?«
»Überhaupt nicht.« Antigonos bleckte die Zähne. »Was soll das? Was ist mit Apelles, welche Karyatide, was für ein Kater?«
»Du mußt noch viel lernen, Freund.« Demaratos schüttelte den Kopf und machte ein Gesicht, als wäre ein naher Verwandter gestorben, ohne ihm etwas zu hinterlassen. »Shkudra ist die ehemalige Satrapie Thrakien und Makedonien, nicht wahr? Die Karyatide ist im Zweifelsfall eine Frau – ein Mädchen – koré, das Sternbild, das dem Löwen folgt; also dem Kater. In Ephesos gibt es den zerstörten Tempel der Artemis, wie sogar makedonische Barbaren wissen sollten. Und der berühmte Apelles hält sich zur Zeit in Ephesos auf. Wie ich Alexander kenne, wird er sich von ihm malen lassen. Also Ephesos – das ist nicht weit von Milet. Man wird uns finden. Ich frage mich nur, ob das nicht für Leute, die eines der Schreiben abfangen, zu durchsichtig ist.«
»Wenn ich es schon nicht verstehe ...«
»Eben.« Demaratos kicherte. »Da du, werter Antigonos, es nicht begreifst, besteht die Gefahr, daß jeder Perser es mühelos versteht.«
Die Sonne war bereits untergegangen, als der lange Zug das Lager erreichte. Die hohen Offiziere und Berater, vor dem Zelt des Königs versammelt, tranken Wein, aßen Brot und warteten darauf, daß die halben Ochsen, die Hühner und Lämmer – reiche Vorräte schienen den Satrapen ebenso wichtig gewesen zu sein wie Ruhm, Ehre und Tod – über den Feuern endlich gar wurden. Alexander beriet mit Parmenion im Zelt; Nearchos hörte hin und wieder ein paar Wortfetzen.
Philotas und Ptolemaios ritten mitten in die Versammlung; ihnen folgte ein langer schwerer Wagen, gezogen von allzu vielen Pferden.
Parmenion und Alexander kamen aus dem Zelt, als der Lärm anschwoll. Philotas und Ptolemaios glitten von den Reittieren und bauten sich grinsend vor dem König auf.
»Na, habt ihr was gefunden?«
»Dies und das«, sagte Philotas.
»So, wie ihr beide grinst, muß es etwas Größeres sein.«
Ptolemaios lachte laut. »Ziemlich groß, Alexander. Und fett dazu. Ich glaube, wir haben einen guten Fang gemacht. Berge von Münzen, Sklaven, Teppiche, feine Tücher, Duftwässer, überhaupt alles.«
»Können wir gut gebrauchen. Aber warum grinst ihr so?«
Ptolemaios streckte die Hand aus. »Komm, herrlicher Fürst, schau selbst.«
Alexander folgte ihm zum Wagen. »Was ist da drin? Eine alte Frau?«
Ptolemaios kicherte schrill. »Nicht ganz.« Er öffnete den schweren Ziervorhang. Bagoas blinzelte ins Licht der Feuer und Fackeln, lächelte und neigte den Kopf, ohne von seinen Teppichen aufzustehen.
»Der König der Makedonen. Nicht der Mangel an Sonnenlicht oder der Überfluß an Feuer blendet meine trüben alten Augen, o Herr, sondern die Pracht deiner Schönheit und deines Ruhms.«
Alexanders Gesicht gefror zur Maske, während rings um ihn die Offiziere johlten. »Dann schließ die Augen und sag mir, wer du bist.«
Bagoas lächelte immer noch. »Wie ich bereits deinem werten Gefährten Ptolemaios sagte, ist mein Name kaum der Erwähnung würdig. Bagoas –
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